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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 27.1928

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Eisler, Max: Die Ausstellung in Brünn
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https://doi.org/10.11588/diglit.48540#0578

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Ausstellung zeitgenössischer Kultur in der tschechoslowakischen Republik zu Brünn
Hauptstraße der Ausstellung

DIE AUSSTELLUNG IN BRUNN

Eine Zeitschrift, die sich die Aufgabe stellt, ihre Leser
über alle baulichen Vorkommnisse von gegenwärtiger
Bedeutung gewissenhaft zu unterrichten, wird bei Gelegen-
heit auch das Ausland in ihre Darstellungen miteinbeziehen
müssen. Denn sie will ja ihren Freunden, den schaffenden
sowohl wie den nur geistig beteiligten, einen tunlichst weiten
Horizont bereiten, worin alles Platz hat, was in irgend-
einem — nicht nur ästhetischen — Sinn lebendig ist. Von
einem solchen grundsätzlichen Standpunkt aus erscheint es
dann nur natürlich, wenn den Vorgängen in den Nachbar-
ländern besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Denn
wie scharf auch, wenigstens im Augenblick, die einzelnen
Staaten des mittleren Europa voneinander geschieden sein
mögen, sie bilden einen Verkehrs- und Wirtschaftskörper,
dessen Teile schon heute in vielfachen Beziehungen stehen
und über kurz oder lang noch mehr aufeinander angewiesen
sein könnten. Dieser Zusammenhang ist eine Realität, die
man einfach anerkennen, nach der man sich rechtzeitig ein-
richten muß. Von den Plänen und Werken entfernterer
Gegenden mag nur das interessieren, was entweder voll-
kommen oder geeignet ist, die allgemeine Bewegung der
Baukunst zu befördern. In jenem engeren Umkreis ist alles
wichtig, was wirklich ist. Hier tritt von selbst an Stelle der
ästhetischen Auswahl der allseitige Sachbericht.1,

Unter solchen Umständen verdient die Brünner Aus-
stellung, die nach zehn Jahren Rechenschaft geben wollte
von den Richtungen und Ergebnissen jedweder sozialer
Arbeit in der tschechoslowakischen Republik, ganz besondere
Beachtung. Zunächst in kulturpolitischer Hinsicht: denn
zum erstenmal sollten hier alle Volksstämme des Staats-
wesens das Schauspiel ihres produktiven Wettbewerbes
darbieten. Also auch die Deutschen. Nun hat man ja tat-
sächlich einen eigenen schlichten und gut disponierten
Pavillon des deutschen Werkbundes nach dem Entwurf von
Professor Vincenz Baier zu sehen bekommen und darin
viele treffliche Erzeugnisse des deutschen Handwerkes, be-
sonders der kraftvollen nordböhmischen Glasbereitung. Auch
sah man, was noch viel wichtiger ist, die deutschen Fach-
schulen bei besonnener und gediegener Arbeit. Aber — das
muß vorweg gesagt werden — der deutsche Anteil erschien,
am Ganzen gemessen, recht gering und — vielleicht des-
halb — nicht restlos erfreulich. Mit Ernst Wiesner fehlten
die besten deutschen Architekten, sie waren selbst in den
auch sonst äußerst lückenhaften Bilderreihen des Pavillons
der vereinigten Baumeister nicht zu finden. Und die tech-
nisch höchst achtenswerten Proben der deutschen Hand-
werke zeigten nach zehn Jahren, ja auch gegenüber der
Kölner Werkschau von 1914 keinen erheblichen Fortschritt.
 
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