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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 27.1928

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Havemann, Hans: Zweckform und Gemütswerte
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https://doi.org/10.11588/diglit.48540#0246

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196


Carl Roth Nachfolger, Baden-Oos
Öfen

ZWECKFORM UND GEMÜTSWERTE

Man kann zwischen diesen abstrakten Formen, diesen kahlen
Flächen, starren Linien und strengen Kuben nicht leben, sie
sind stimmungslos und ungemütlich, ja sie ertöten die Gemüts-
werte, die uns mit lieben alten Möbeln verbindet. Solche und ähn-
liche Einwendungen hört man häufig, wenn von den neuen Stil-
formen der Innenraumgestaltung die Rede ist, die Sachlichkeit und
Klarheit an die Stelle des Ornaments und der eklektischen Nach-
ahmung traditioneller Formen setzen. Und vielfach sind solche
Einwendungen auch nicht so ganz unberechtigt, zumal wenn es
sich um Experimente handelt, wie Fanatiker der Sachlichkeit sie
zuweilen unternehmen.

Daß aber solche Stimmungslosigkeit und Ertötung von Gemüts-
werten mit der ruhigen Wirkung klarer und gesetzmäßiger Formen
keineswegs notwendig verbunden ist, das beweisen schlagend die
Arbeiten von Professor Paul Griesser, Bielefeld. Sie entsprechen
völlig den Forderungen der Sachlichkeit, denn auch Griesser ver-
wendet vorwiegend strenge und klare Formen, rechtwinklige
Ebenen und Kuben und macht keine Anleihen beim Ornament.
Aber er gibt seinen Möbeln dennoch Leichtigkeit und Leben. Er
baut sie so auf, daß schon die Proportionen charaktervoll sind. Er
nützt so die Wirkungen des Materials, verknüpft das Leichte mit
dem Schweren, verwendet Rundungen, wo sie der Wohnbeziehung
 
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