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Professor Paul Griesser, Bielefeld
Herrenzimmer im Haus B. in Bielefeld. — Ausführung Werkstätten Bernard Stadler A.-G., Paderborn
des Menschen entsprechen, der sich zwischen den Möbeln bewegt,
Wo das Kantige und Eckige geradezu unsachlich wäre, daß der
Eindruck des Plumpen und Toten niemals auf kommen kann.
Ein Stuhl verlangt Kurven, denn der Mensch, der sich setzt und
aufsteht, bewegt sich ja nicht in scharfen Winkeln, sondern in ela-
stischem Schwung. Und auch an der harten Kante eines Schreib-
tisches will er sich nicht stoßen.
Aber auch die Stimmungsmomente fehlen hier nie. Griesser
löst das Rätsel, einem Eßtisch mit seinen Stühlen die Behaglich-
keit, einem Bücherschrank die Würde, einem Damenschreibtisch
die stille Vornehmheit und einem Toilettentisch sogar eine gewisse
Koketterie zu geben, ohne dabei je zum äußerlich angefügten
Ornament seine Zuflucht zu nehmen. Die liebevolle Durchbildung
Joder zweckvollen Einzelheit und die sorgsame Ausgewogenheit der
großen und kleinen Formen bringen allein dieseWirkungen hervor.
Die Möbel, die so entstehen, sind das Gegenteil von Gewaltsam-
keiten und Gesuchtheiten einer vorübergehenden Mode ; sie haben
durch die ruhige Schöne der reinen Form, die Reize des Materials,
das in allen Spielarten seines Charakters zur Geltung kommt und
durch die Gefühlsbeziehung zum jeweiligen Wohnzweck eben jene
Gediegenheit, die man den „lieben alten Möbeln“ nachrühmt, allzu
oft ohne daß sie wirklich Anspruch darauf haben.
Nicht indem man zu Stilformen der Vergangenheit seine Zu-
flucht nimmt, kann man heute wieder Möbel schaffen, die es ver-
dienen Generationen hindurch zu bestehen. Von den reinen Formen
auf neue Art lebendigen Inhalt geben, die Wohnbeziehung in
ihnen ausdrücken, die den Menschen unserer Zeit entspricht, das
allein führt uns zu einem neuen Stil, der mit Mode nichts mehr
zu tun hat.
Dr. Hans Havemann.
Professor Paul Griesser, Bielefeld
Herrenzimmer im Haus B. in Bielefeld. — Ausführung Werkstätten Bernard Stadler A.-G., Paderborn
des Menschen entsprechen, der sich zwischen den Möbeln bewegt,
Wo das Kantige und Eckige geradezu unsachlich wäre, daß der
Eindruck des Plumpen und Toten niemals auf kommen kann.
Ein Stuhl verlangt Kurven, denn der Mensch, der sich setzt und
aufsteht, bewegt sich ja nicht in scharfen Winkeln, sondern in ela-
stischem Schwung. Und auch an der harten Kante eines Schreib-
tisches will er sich nicht stoßen.
Aber auch die Stimmungsmomente fehlen hier nie. Griesser
löst das Rätsel, einem Eßtisch mit seinen Stühlen die Behaglich-
keit, einem Bücherschrank die Würde, einem Damenschreibtisch
die stille Vornehmheit und einem Toilettentisch sogar eine gewisse
Koketterie zu geben, ohne dabei je zum äußerlich angefügten
Ornament seine Zuflucht zu nehmen. Die liebevolle Durchbildung
Joder zweckvollen Einzelheit und die sorgsame Ausgewogenheit der
großen und kleinen Formen bringen allein dieseWirkungen hervor.
Die Möbel, die so entstehen, sind das Gegenteil von Gewaltsam-
keiten und Gesuchtheiten einer vorübergehenden Mode ; sie haben
durch die ruhige Schöne der reinen Form, die Reize des Materials,
das in allen Spielarten seines Charakters zur Geltung kommt und
durch die Gefühlsbeziehung zum jeweiligen Wohnzweck eben jene
Gediegenheit, die man den „lieben alten Möbeln“ nachrühmt, allzu
oft ohne daß sie wirklich Anspruch darauf haben.
Nicht indem man zu Stilformen der Vergangenheit seine Zu-
flucht nimmt, kann man heute wieder Möbel schaffen, die es ver-
dienen Generationen hindurch zu bestehen. Von den reinen Formen
auf neue Art lebendigen Inhalt geben, die Wohnbeziehung in
ihnen ausdrücken, die den Menschen unserer Zeit entspricht, das
allein führt uns zu einem neuen Stil, der mit Mode nichts mehr
zu tun hat.
Dr. Hans Havemann.