MODERNE KUNST.
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„Ich bin hier fremd in der Stadt — — erlauben Sie wohl, dass ich „Er hat gesagt — in einer Kritik, ich bitte Sie — ich hätte — eine —
mich an Sie wende in einer — sehr peinlichen Angelegenheit?" ich hätte eine — eine Giesskannenstimme —! ich bin nämlich Sängerin —
Gern zu Diensten; wenn Sie sich zu mir bemühen wollen; ich wohne — wie finden Sie das!?
„Nein, nein — ich möchte Ihre kostbare Zeit--vielleicht gönnen Schrecklich! Schrecklich! Und — vielleicht auch — strafbar.
sie mir gleich eine Minute —? „Mit Gefängniss, nicht wahr?"
Worum handelt es sich denn? Nein — das nun wohl nicht!
„Dr. Meyer, Sie wissen, der Kritiker des Morgenblatts, hat mich in „Wissen Sie das bestimmt?"
der empörendsten Weise beleidigt —: kann ich ihn dafür nicht in s Ge- Ja, das weiss ich ziemlich bestimmt.
fängniss bringen?" „So — also nicht? Schade! Das ist doch eigentlich ein Mangel im
O! o! wie denn beleidigt? womit? Gesetz." Sie zögert einen Augenblick; dann kommt ein sehr gelassenes
„Mein Herr, es ist mir sehr peinlich — ich weiss nicht--genügt beinah' strafendes „Adieu" über ihre Lippen, und mit leichter Neigung
denn nicht, wenn ich sage, dass er mich beleidigt — auf's tiefste be- des Kopfes verschwindet sie.
leidigt hat?" Kr sieht ihr verdutzt nach: Ilm! Eine Rathsertheilung — fünf Mark:
Ja, wenn Sie mir nicht sagen wollen wie — —! auf praktische Weise erspart! — man lernt immer noch etwas.--
jJas moderne
Von Georg Malkowsky.
Die Aerztin.
[Nachdruck verboten.]
llfir leben in einer agitatorischen Zeit, in einer Zeit der Schlagworte und Studium den Frauen schon 1863 erschlossen, 1868 zählte die Facultät 4, 1836
Schlachtrufe. Niemals ist das Bediirfniss nach dem Frieden der Häuslich- 119 Studentinnen. In der Schweiz, dem internationalen Sammelpunkt der an-
keit grösser gewesen als jetzt, und niemals hat man uns mit grösserem gehenden Doctorinnen, studiren augenblicklich etwa 200 Damen. Dagegen be-
Hohn Stein statt Brot geboten, statt der Gattin und der Mutter — das moderne finden sich merkwürdigerweise unter den 1200 prakticirenden Aerzten der
Weib. Es ist eine merkwürdige Erscheinung: In den unteren Ständen sucht Republik nur 10 weibliche.
man die Frauenarbeit einzuschränken, in den oberen reclamirt man das Recht In Deutschland? Nein, meine Damen, in Deutschland können Sie nicht
der Frau auf Zulassung zum Universitätsstudium. Werden die Damen es bleiben, wenn Sie Medicin studiren wollen. Es thut uns aufrichtig leid, aber seit-
übel nehmen, wenn man daraus den Schluss zieht, dass die Gattin und Mutter dem Leipzig und München ihre Erlaubniss zum Besuche der Vorlesungen zurück-
der Uepper Ten sich durch ihre Pflichten nicht genügend in Anspruch genom- gezogen haben, müssen Sie. ganz gleich, ob zur Befriedigung Ihrer Neugier oder
men fühlt, oder sollen wir wirklich annehmen, dass das Streben der Emanci- zur Bethätigung Ihres Mitleids, in's Ausland gehen. Sollten Sie aber selbst ein-
pationslustigen dahin geht, das Weib nicht für die Ehe zu erziehen, sondern mal krank werden, so wenden Sie sich ja, falls Sie kein Vertrauen zu Ihren
für einen Beruf? Gut, Sie sollen Ihren Willen haben, meine Damen, aber Schwestern in Aesculap haben sollten, — an einen tüchtigen Arzt. -
bitte, nicht umsatteln! Wenn
es Ihnen Ernst ist mit Ihrem
Streitruf nach einem Berufs-
studium, es sei Ihnen gewährt,
aber nur unter einer kleinen
Bedingung: „Kurz vor dem
Abiturienten-Examen haben Sie
in die Hände des Directors das
Gelübde der Ehelosigkeit ab-
zulegen und verzichten feier-
lich auf alle Vorrechte des
Weibes, deren Aufzählung uns
hier zu weit führen würde!"
Besonders das medicinische
Studium hat einen eigenen Reiz
für emaneipationsjustige Damen.
Der Boshafte nennt diese Vor-
liebe krankhafte Neugier, der
Höfliche Streben nach Bethäti-
gung angeborenen Mitgefühls
mit allem Leiden. Wir halten
es natürlich mit dem Höflichen
und betrachten es als unsere
Pflicht, den wissbegierigen Da-
men mit einigen Zahlen zu Hilfe
zu kommen und ihnen die Län-
der anzuführen, in denen sie
am ungestörtesten ihren Stu-
dien obliegen können: Amerika
ist jedenfalls das Eldorado der
heilkunstbeflissenen Frauen.
Alle Universitäten nehmen sie
mit offenen Armen auf, und j
die Vereinigten Staaten allein
zählen 2000 weibliche Aerzte.
Dasselbe gilt von England, Dä-
nemark, Norwegen, Schweden,
Holland, Belgien, Russland,
Rumänien. Italien. In Frank- , li'
reich wurde das medicinische
Auscultirende Aerztin
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„Ich bin hier fremd in der Stadt — — erlauben Sie wohl, dass ich „Er hat gesagt — in einer Kritik, ich bitte Sie — ich hätte — eine —
mich an Sie wende in einer — sehr peinlichen Angelegenheit?" ich hätte eine — eine Giesskannenstimme —! ich bin nämlich Sängerin —
Gern zu Diensten; wenn Sie sich zu mir bemühen wollen; ich wohne — wie finden Sie das!?
„Nein, nein — ich möchte Ihre kostbare Zeit--vielleicht gönnen Schrecklich! Schrecklich! Und — vielleicht auch — strafbar.
sie mir gleich eine Minute —? „Mit Gefängniss, nicht wahr?"
Worum handelt es sich denn? Nein — das nun wohl nicht!
„Dr. Meyer, Sie wissen, der Kritiker des Morgenblatts, hat mich in „Wissen Sie das bestimmt?"
der empörendsten Weise beleidigt —: kann ich ihn dafür nicht in s Ge- Ja, das weiss ich ziemlich bestimmt.
fängniss bringen?" „So — also nicht? Schade! Das ist doch eigentlich ein Mangel im
O! o! wie denn beleidigt? womit? Gesetz." Sie zögert einen Augenblick; dann kommt ein sehr gelassenes
„Mein Herr, es ist mir sehr peinlich — ich weiss nicht--genügt beinah' strafendes „Adieu" über ihre Lippen, und mit leichter Neigung
denn nicht, wenn ich sage, dass er mich beleidigt — auf's tiefste be- des Kopfes verschwindet sie.
leidigt hat?" Kr sieht ihr verdutzt nach: Ilm! Eine Rathsertheilung — fünf Mark:
Ja, wenn Sie mir nicht sagen wollen wie — —! auf praktische Weise erspart! — man lernt immer noch etwas.--
jJas moderne
Von Georg Malkowsky.
Die Aerztin.
[Nachdruck verboten.]
llfir leben in einer agitatorischen Zeit, in einer Zeit der Schlagworte und Studium den Frauen schon 1863 erschlossen, 1868 zählte die Facultät 4, 1836
Schlachtrufe. Niemals ist das Bediirfniss nach dem Frieden der Häuslich- 119 Studentinnen. In der Schweiz, dem internationalen Sammelpunkt der an-
keit grösser gewesen als jetzt, und niemals hat man uns mit grösserem gehenden Doctorinnen, studiren augenblicklich etwa 200 Damen. Dagegen be-
Hohn Stein statt Brot geboten, statt der Gattin und der Mutter — das moderne finden sich merkwürdigerweise unter den 1200 prakticirenden Aerzten der
Weib. Es ist eine merkwürdige Erscheinung: In den unteren Ständen sucht Republik nur 10 weibliche.
man die Frauenarbeit einzuschränken, in den oberen reclamirt man das Recht In Deutschland? Nein, meine Damen, in Deutschland können Sie nicht
der Frau auf Zulassung zum Universitätsstudium. Werden die Damen es bleiben, wenn Sie Medicin studiren wollen. Es thut uns aufrichtig leid, aber seit-
übel nehmen, wenn man daraus den Schluss zieht, dass die Gattin und Mutter dem Leipzig und München ihre Erlaubniss zum Besuche der Vorlesungen zurück-
der Uepper Ten sich durch ihre Pflichten nicht genügend in Anspruch genom- gezogen haben, müssen Sie. ganz gleich, ob zur Befriedigung Ihrer Neugier oder
men fühlt, oder sollen wir wirklich annehmen, dass das Streben der Emanci- zur Bethätigung Ihres Mitleids, in's Ausland gehen. Sollten Sie aber selbst ein-
pationslustigen dahin geht, das Weib nicht für die Ehe zu erziehen, sondern mal krank werden, so wenden Sie sich ja, falls Sie kein Vertrauen zu Ihren
für einen Beruf? Gut, Sie sollen Ihren Willen haben, meine Damen, aber Schwestern in Aesculap haben sollten, — an einen tüchtigen Arzt. -
bitte, nicht umsatteln! Wenn
es Ihnen Ernst ist mit Ihrem
Streitruf nach einem Berufs-
studium, es sei Ihnen gewährt,
aber nur unter einer kleinen
Bedingung: „Kurz vor dem
Abiturienten-Examen haben Sie
in die Hände des Directors das
Gelübde der Ehelosigkeit ab-
zulegen und verzichten feier-
lich auf alle Vorrechte des
Weibes, deren Aufzählung uns
hier zu weit führen würde!"
Besonders das medicinische
Studium hat einen eigenen Reiz
für emaneipationsjustige Damen.
Der Boshafte nennt diese Vor-
liebe krankhafte Neugier, der
Höfliche Streben nach Bethäti-
gung angeborenen Mitgefühls
mit allem Leiden. Wir halten
es natürlich mit dem Höflichen
und betrachten es als unsere
Pflicht, den wissbegierigen Da-
men mit einigen Zahlen zu Hilfe
zu kommen und ihnen die Län-
der anzuführen, in denen sie
am ungestörtesten ihren Stu-
dien obliegen können: Amerika
ist jedenfalls das Eldorado der
heilkunstbeflissenen Frauen.
Alle Universitäten nehmen sie
mit offenen Armen auf, und j
die Vereinigten Staaten allein
zählen 2000 weibliche Aerzte.
Dasselbe gilt von England, Dä-
nemark, Norwegen, Schweden,
Holland, Belgien, Russland,
Rumänien. Italien. In Frank- , li'
reich wurde das medicinische
Auscultirende Aerztin