so
MODERNE KUNST.
Ballvqrbereitungen im Boudoir. Originalzeichnung von Henry Tcnre.
Das moderne Bleib.
Von Georg Malkowsky.
Mit einer Originalzeichnung von Fritz GehrUc.
\er alte Mathematiker Archimedes soll einmal gesagt haben: „Gebt mir leicht nirgends merklicher zu Tage, als im „Paradiese der Frauen", in Frank-
einen festen Punkt ausserhalb des Weltalls, und ich will die Erde reich, für den scharfsinnigen Beobachter ist es in der ganzen civilisirten Welt
aus ihren Angeln heben." Die Verbindung der trockensten aller im wesentlichen das gleiche. Der Mann bedarf der Gehülfin, so lange er um des
Wissenschaften mit der Krone der Schöpfung, dem Weibe, mag auf den ersten Lebens Nahrung und Nothdurft ringt. Hat er sich durch andauernde Arbeit das
Blick ein wenig gezwungen und aller Grazie bar erscheinen, und doch will uns Recht auf Müsse erworben, so wird ihm das Weib zum Luxus, und der Luxus
bedünken, als ob die exceptionelle Machtstellung des schöneren Geschlechts beherrscht den, der seiner bedarf.
innerhalb d er m o d ernen G e s ellsch aft nicht zum geringsten Theil auf seiner Das Einzelgeschick liefert die Probe auf das theoretische Rechenexempel.
viel bemängelten Position ausserhalb der socialen Rechtsordnung beruhte. Aus den niederen Schichten der Bevölkerung hatte er sich emporgearbeitet mit
Die Stärke des Weibes offenbart sich am augenfälligsten in dem Kleinkriege, Anspannung aller Kräfte, in rastlosem Mühen. Seine erste Frau hatte ihm treu-
in den Guerillascharmützeln, die es liefert, um sich seine rechtlich nicht an- lieh zur Seite gestanden, nur um ihn sich sorgend, sein Heim behaglich gestaltend
erkannte Machtsphäre zu erobern und zu sichern. Der Kampf der Geschlechter für die wenigen Stunden der Ruhe. Als er sich am Ziele seines Strebens sah,
gegen einander, der in der naturalistischen Literatur so verzweifelt ernsthaft als der Wohlstand sich zum Reichthum gestaltete, starb sie, frühzeitig gealtert
genommen wird, besteht, aber er wird noch immer am erfolgreichsten nicht mit in einem Leben voll Arbeit und Sorge. Mit ihr versank hinter ihm die Vergangen-
den schweren Waffen der socialen Agitation, sondern mit dem Galanteriedegen heit. Er blieb allein zurück in dem Milieu, das er sich mühsam geschaffen, neuen
der Koketterie, nicht mit volltönenden Reden, sondern mit leichtem Wort- Verhältnissen gegenüber als Fremdling. Allmählich und unmerklich gewinnt die
geplänkel geführt. Umgebung Macht über ihn. Er kann sich gesellschaftlichen Anforderungen, die er
Der Satz von der Abhängigkeit des Mannes von seinen Verhältnissen schliesst früher nicht gekannt, nicht entziehen. Sein Haus bedarf einer neuen Herrin, nicht
einen Doppelsinn in sich. Unter dem Wortspiel, das den Verhältnissen das einer Verwalterin mehr, sondern eines glanzvollen Mittelpunktes. Hat er seine
Verhältniss unterschiebt, birgt sich ein tieferer Sinn. Der Mann schafft sich zweite Ehe aus Liebe geschlossen? Vielleicht rechnete er auf eine weiche Hand,
durch ehrliche Arbeit seine Umgebung, den festen Boden, auf dem seine Existenz die ihm in den Ruhepausen über die heisse Stirn streicht und die Sorgenfalten
ruht, sein Milieu. Dann aber tritt die Reaction ein. Das Milieu gewinnt Macht glättet. Im Reitkleide tritt sie in sein Arbeitszimmer. „Ich mache einen Spazier-
über ihn, es umschliesst und engt ihn ein, es beherrscht ihn durch die Haupt- ritt, der Reitknecht begleitet mich". Der Blick des müden Mannes gleitet trübe
repräsentantin des Milieus, durch — das Weib. über die schlanke Gestalt der schönen Frau, die mit einem kurzen Grusse der
Hunger und Liebe regieren noch heute die Welt. Bis zur Hungergrenze ist Thür zuschreitet,
das Weib die Gefährtin des Mannes, im gelobten Lande der Liebe wird es Das selbstgeschaffene Milieu hat Gewalt über ihn gewonnen und mit ihm
seine Herrin. Dieses Doppelverhältniss der Geschlechter zu einander tritt viel- die Vertreterin dieses Milieu's — das Weib.
MODERNE KUNST.
Ballvqrbereitungen im Boudoir. Originalzeichnung von Henry Tcnre.
Das moderne Bleib.
Von Georg Malkowsky.
Mit einer Originalzeichnung von Fritz GehrUc.
\er alte Mathematiker Archimedes soll einmal gesagt haben: „Gebt mir leicht nirgends merklicher zu Tage, als im „Paradiese der Frauen", in Frank-
einen festen Punkt ausserhalb des Weltalls, und ich will die Erde reich, für den scharfsinnigen Beobachter ist es in der ganzen civilisirten Welt
aus ihren Angeln heben." Die Verbindung der trockensten aller im wesentlichen das gleiche. Der Mann bedarf der Gehülfin, so lange er um des
Wissenschaften mit der Krone der Schöpfung, dem Weibe, mag auf den ersten Lebens Nahrung und Nothdurft ringt. Hat er sich durch andauernde Arbeit das
Blick ein wenig gezwungen und aller Grazie bar erscheinen, und doch will uns Recht auf Müsse erworben, so wird ihm das Weib zum Luxus, und der Luxus
bedünken, als ob die exceptionelle Machtstellung des schöneren Geschlechts beherrscht den, der seiner bedarf.
innerhalb d er m o d ernen G e s ellsch aft nicht zum geringsten Theil auf seiner Das Einzelgeschick liefert die Probe auf das theoretische Rechenexempel.
viel bemängelten Position ausserhalb der socialen Rechtsordnung beruhte. Aus den niederen Schichten der Bevölkerung hatte er sich emporgearbeitet mit
Die Stärke des Weibes offenbart sich am augenfälligsten in dem Kleinkriege, Anspannung aller Kräfte, in rastlosem Mühen. Seine erste Frau hatte ihm treu-
in den Guerillascharmützeln, die es liefert, um sich seine rechtlich nicht an- lieh zur Seite gestanden, nur um ihn sich sorgend, sein Heim behaglich gestaltend
erkannte Machtsphäre zu erobern und zu sichern. Der Kampf der Geschlechter für die wenigen Stunden der Ruhe. Als er sich am Ziele seines Strebens sah,
gegen einander, der in der naturalistischen Literatur so verzweifelt ernsthaft als der Wohlstand sich zum Reichthum gestaltete, starb sie, frühzeitig gealtert
genommen wird, besteht, aber er wird noch immer am erfolgreichsten nicht mit in einem Leben voll Arbeit und Sorge. Mit ihr versank hinter ihm die Vergangen-
den schweren Waffen der socialen Agitation, sondern mit dem Galanteriedegen heit. Er blieb allein zurück in dem Milieu, das er sich mühsam geschaffen, neuen
der Koketterie, nicht mit volltönenden Reden, sondern mit leichtem Wort- Verhältnissen gegenüber als Fremdling. Allmählich und unmerklich gewinnt die
geplänkel geführt. Umgebung Macht über ihn. Er kann sich gesellschaftlichen Anforderungen, die er
Der Satz von der Abhängigkeit des Mannes von seinen Verhältnissen schliesst früher nicht gekannt, nicht entziehen. Sein Haus bedarf einer neuen Herrin, nicht
einen Doppelsinn in sich. Unter dem Wortspiel, das den Verhältnissen das einer Verwalterin mehr, sondern eines glanzvollen Mittelpunktes. Hat er seine
Verhältniss unterschiebt, birgt sich ein tieferer Sinn. Der Mann schafft sich zweite Ehe aus Liebe geschlossen? Vielleicht rechnete er auf eine weiche Hand,
durch ehrliche Arbeit seine Umgebung, den festen Boden, auf dem seine Existenz die ihm in den Ruhepausen über die heisse Stirn streicht und die Sorgenfalten
ruht, sein Milieu. Dann aber tritt die Reaction ein. Das Milieu gewinnt Macht glättet. Im Reitkleide tritt sie in sein Arbeitszimmer. „Ich mache einen Spazier-
über ihn, es umschliesst und engt ihn ein, es beherrscht ihn durch die Haupt- ritt, der Reitknecht begleitet mich". Der Blick des müden Mannes gleitet trübe
repräsentantin des Milieus, durch — das Weib. über die schlanke Gestalt der schönen Frau, die mit einem kurzen Grusse der
Hunger und Liebe regieren noch heute die Welt. Bis zur Hungergrenze ist Thür zuschreitet,
das Weib die Gefährtin des Mannes, im gelobten Lande der Liebe wird es Das selbstgeschaffene Milieu hat Gewalt über ihn gewonnen und mit ihm
seine Herrin. Dieses Doppelverhältniss der Geschlechter zu einander tritt viel- die Vertreterin dieses Milieu's — das Weib.