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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 9.1895

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Hanstein, Adalbert von: Der Weihnachtsengel
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Zobeltitz, Fedor von: Weihnachten bei den Pyramiden: Tagebuchblätter einer Zwanzigjährigen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19627#0130

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38

eihnachtsengel.

V_3

Von Adalbert von Hanstein.

Daraus auf ein Engel tauchend, Und den Leib den rosig schönen

Auf der Brust die ros'gen Hände. % 'n die Nacht zurück zu geben.

Glückdurchglühte Thränen glimmen,
Wie in wonnig schönem Leiden.

fNachdruck verboten.]

jedes guten Menschen Züge
Schienen sich in ihm zu spiegeln,
Jedes Falsch und jede Lüge

Sass ich sonst als kleiner Knabe,
Fromm und weihnachtsfroh, wie alle,
In der Nacht der Himmelsgabe

In der hohen Kirchenhalle, Schien sein Auge zu entsiegeln.

Wo sich Lieht und Schatten strecken Alles Schwere, alles Bange

Durch die dämmerweiten Räume — Schien er mit sich fortzutragen

Malten sieh an Wand und Decken Und auf seinem stillen Gange

Wunderliche Weihnachtsbäume! Jedem Herzen Glück zu sagen.

lattes Goldlicht, überhauchend j, *^^'t den ätzten Orgeltönen

Marmorkühlc Kirchenwände! — iß Schien er schwindend zu entschweben

Rings umrauscht von weichen Stimmen Bitten nicht noch Beten brächten

Und in seinen Augen beiden J Ihn zurück zu ird'sehen Bahnen

Nur in stillen Weihnachtsnächten
! Schaut ihn frommes Kinderahnen.

einnachten bei den, Pyramiden,.

Tagebuchblätter einer Zwanzigjährigen.
Von Fedor von Zobeltitz.

-----......— [{fachdruck verboten.]

3. December. — Gestern in Kairo angekommen. Ich bin mehr todt Araber, der so entsetzlich nach Knoblauch roch, dass ich fast ohnmächtig
als lebendig. Eine Vergnügungsreise nach Egypten hat auch ihre Schatten- wurde. Auf der Weiterfahrt sahen wir eine Carawane: eine Masse von
Seiten, aber ich bin die reine Sklavin meines geliebten Mannes. Weil wir Kameelen, arme, zerschundene Thiere und furchtbar bepackt, die von ihren
vor zwei Jahren keine Hochzeitsreise gemacht haben, hatte Max mir etwas Führern mit langen, unten spitzen Stäben in unbarmherziger Weise gemiss-
recht Schönes versprochen. Ich wünschte mir eine Perlenkette, aber Max handelt wurden. Bei uns würde der Thierschutzverein so etwas gar nicht
wollte lieber den Orient kennen lernen. So sind wir denn für den Werth dulden. Je mehr wir uns dem Nilthal näherten, desto schöner wurde die
der Perlenkette, die ich nicht bekommen habe, nach Egypten gereist. Die Gegend. Die arabischen und lybischen Bergketten begrenzten den Horizont.
Seekrankheit steckt mir noch in den Gliedern. Es ist ein so unästhetisches Plötzlich berührte Max meine Schulter und zeigte aus dem rechten Fenster.
Leiden. Der Mensch giebt sich dabei mehr aus, als schicklich ist. Der In weiter Ferne sah ich aus blauem Dufte zwei riesenhafte Spitzen auf-
Ruhetag in Alexandrien hat mich auch nicht sonderlich restaurirt. Ich tauchen — „die Pyramiden," sagte Max. Herrgott, wie mir das Herz
habe fast den ganzen Tag über im Hötel Khedivial auf der Chaise-longue klopfte! In der Schule ist einem so viel von den Pyramiden und Shynxen
gelegen und mit Migräne gekämpft. Max bummelte indessen in der Stadt erzählt worden, dass man sich unter ihnen etwas ganz Wunderbares, ge-
umher. Er will die „Almchs" sehen. Das seien Tänzerinnen, sagt er, die heimnissvoll Gigantisches vorstellt, und nun fuhren wir mit der Eisenbahn
es nur im Orient gebe. Er hat immer für Ballet geschwärmt. Recht an ihnen vorüber. Es kam mir recht komisch vor. Bald darauf rollte der
interessant war die Eisenbahnfahrt von Alexandrien nach Kairo, nur staubig, Zug in den Bahnhof von Kairo ein.

sehr staubig. Ich war nach zwei Stunden von oben bis unten mit einer 7. December. — Shepheard's Hötel ist gut, aber theuer. Max meinte
schmutzigen, grauschwarzen Schicht bedeckt; selbst das Schliesscn der freilieh, wir könnten 'was d'raufgehen lassen, denn eine Perlenkette wäre
Waggonfenster hall' wenig. Wir fuhren im Eilzug, aber er bummelte stark. noch theurer gewesen. Für nervöse Europäer, die liier in Massen herum-
Das schadete in diesem Falle indessen wenig, da die Landschaft die reiz- laufen, ist Kairo nichts. Der Spektakel ist furchtbar, besonders die Esel-
vollste Abwechslung bot. Zuerst ging es an einem sumpfigen Strandsee treiber machen einen Heidenlärm. Ich habe mich noch nicht auf einen
vorüber — Beheret Mariüt nennt ihn der Baedeker (das Arabische ist Esel getraut; die Thiere sehen einen immer so komisch von der Seite an.
eine entsetzliche Sprache), an dessen Ufern eine Masse Flamingos sassen. ■ Unser Hötel liegt in der Nähe der Esbekija, eines wunderschönen Garten-
Max machte dabei den geschmackvollen Witz, die Flamingo's brächten die platzes, wo wir Nachmittags Kaffee trinken und uns von einer egyptischen
kleinen Fellahkinder — er ist manigmal zu trivial. Dann begann das be- Regiments - Capelle ganz moderne Operettenmelodien vorspielen lassen,
baute Land, von vielen Canälen durchzogen, mit Baumwollfeldern und Gestern waren wir in der Hassan-Moschee und in der Citadelle. Bei der
hübschen Dörfern, die von Palmen und Sykomoren umbuscht sind. In Table d'höte sass ich neben einem Engländer, einem hübschen, jungen
der Ferne tauchten zuweilen auch grössere Ortschaften auf; aus dem Menschen von guten Manieren. Morgen ist Freitag, da wollen wir zuerst
dunklen Grün der Bäume ragten schneeweisse Kuppeln und die schlanken zu den tanzenden und dann zu den heulenden Derwischen. Ich muss mir
Thürme der Minarets in die Luft. In Tanta war längerer Aufenthalt; man Insektenpulver kaufen.

konnte hier zu Mittag essen. Wir thaten es auch, aber das Roastbeef 8. December. — Die tanzenden Derwische in der Akbar - Moschee

war härter, als es meiner Natur angenehm ist. Auch sass ich neben einem lasse ich mir noch gelallen, obschon man dabei auch schwindlig werden
 
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