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uf der (Ranzel.
Zu dem Bilde von J. Falat.
' [Nachdruck verboten.]
^er Hirsch schreit! — Mehr und mehr sinkt der Abend. weit vorgestreckt, die Stangen zurück gelegt — fast an den breiten Hals heran —
Raschen Schrittes und dennoch jeden dürren Zweig vermeidend, beginnt er von Neuem sein Liebeslied,
schreitet ein Jäger durch den Wald — fast unhörbar eilt er über den weichen Und in den Büschen beginnt es, sich zu regen ■— leisen Schrittes nahen die
Moorboden. Er trägt den einfachen braunen Lodenrock und den steierischen Hut Schönen. Zuerst ein Altthier — dann schüchtern — zaghaft — ein Schmalthier —
mit dem Gemsbart geschmückt — ein älterer Forstmann in graugrünem Wald- auch ein Wildkalb tritt neugierig sich umschauend, auf die Blosse,
anzuge folgt ihm — Doppelbüchsen und Doppelglas über die Schulter gehängt. In stolzer Haltung mustert der Hirsch die Bewerberinnen um seine Gunst.
Jetzt hemmt der Jäger seine Schritte und lauscht! Noch scheint er unentschlossen. — Da — dringt ein Ruf an seine Gehöre, der
Da plötzlich klingts wie Orgelton herab vom Hange, dröhnend schallt er ihn herausfordert und erschreckt zugleich — ein Schrei von enormer Tiefe, von
über die Bergeshalde — langgezogen — klagend — rein — sehnend! ungeheuerer, mächtiger Fülle — die Contraoctave im vielstimmigen Waldorchester.
Ein freudiger Glanz gleitet über des Jägers männlich schöne Züge. Fragend Das Kahlwild — ein ganzes Rudel hat sich eingefunden — äugt neugierig
wendet sich sein Blick auf den Forstmann. hinüber nach dem Ankömmling, — der jetzt aus den Stangen hervortritt — den
„Ist er das?" Beherrscher des Platzes.
Der aber legt die Hand an den Hut und schüttelt stumm den Kopf. „Der Jetzt schreitet der Capitalhirsch langsam vor, das Geäse vorgestreckt,
orgelt noch mächtiger!" sagt er dann leise. Der Zehner erscheint unentschlossen. Dann neigt auch er den Waffen-
Nur ein paar Mal ertönt noch der mächtige Schrei — dann ist es still durch schmuck und durch den stillen Abendwald hallt das harte Aneinanderschlagen
eine ganze Weile. der Geweihe. Still, fast theilnahmlos schauen die Thiere dem Kampfe zu —
Der Wald wird lichter — eine Blosse, rings von hohen Buchenstämmen als ob es sich von selbst verstände, dass der rothe Schweiss den Boden färben
umgeben, breitet sich aus, — nicht zu gross, — fast berühren sich noch die müsste — um ihretwillen.
Baumkronen in den Wipfeln. Der Capitalhirsch hat gesiegt — der Zehner wurde abgeforkelt.
Sie haben eine Kanzel erreicht, im Unterholze verborgen, mit natürlichem Das Abenddunkel hat sich über den Wald gelegt — feine Nebel steigen
Laubschutz umkleidet. Eine Treppe führt hinauf und oben bietet sich die Aus- vom feuchten Boden auf — Stille überall. Der Mond glänzt silbern durch das
sieht auf die Lichtung. Geäst und Gezweig.
Die letzten Strahlen der Abendsonne fallen auf des Jägers braungebranntes Ein Strahl beleuchtet des Jagdherren Antlitz. Er giebt dem Begleiter ein
Gesicht. Er schiebt den Lodenhut etwas weiter zurück, um bequemer durch stummes Zeichen und erhebt sich vorsichtig. Waldesgewohnt schreitet er, fast
das Doppelglas sehen zu können, das ihm der Andere dienstfertig reicht. unhörbar, zwischen den Buchen entlang, einem Gestell zu.
Der Jäger setzt sich dicht an die von Laub umgebene Brüstung der Kanzel — Dort wartet seiner der leichte Jagdwagen. —
richtet das Glas nach der Richtung, aus der der Schrei kam. Nicht lange — „Ist's nicht herrlich im Walde, wenn der Hirsch schreit?" fragt der Jagd-
dann bewegt es sich im Unterholze und mit finsterem Ernste, den Windfang tief herr im Tone innerster Ueberzeugung den Andern, während dieser ihm den
zum Boden gesenkt, tritt der Hirsch auf die Lichtung. Mantel über die Schultern legt.
Er bleibt stehen, äugt ringsum, als suche er nach der Geliebten, die ihn „Herrlich, Euere Majestät!" antwortet der, „was wäre das Leben ohne den
hier erwarte. Dann schlägt er wie im Zorne, mit den Schaalen mächtig nieder Wald, ohne die Jagd!"
auf den Boden, dass die feuchte schwarze Erde hoch empor fliegt. — Den Hals Der Kaiser lächelt. F. von Dincklage-Campe.
Unsere Bilder.
—— [Nachdruck verboten.]
I!as moderne Genre ist arm in der Erfindung im Gegensatz zu der ent- gepflegt, aber der Sonnenschein zieht erst mit der Kameradin ein, die von ihrer
sprechenden Malerei der fünfziger Jahre. Es legt grösseres Gewicht auf Mutter begleitet an das Schmerzenslager tritt, von dem Arm der Pflegerin um-
die naturgetreue Wiedergabe einer Situation, als auf die versprechende Lebendig- schlungen. Leibliche Stärkung trägt sie im Körbchen und bringt ihre Wünsche
keit der Handlung. A. Ferraguti's „Ermüdet" in den weiten Grasflächen der dar für eine baldige Genesung.
Campagna ausruhende italienische Mädchen sind in Erfindung und Ausführung gleich Modern und ausschliesslich christlich ist auch der Begriff der Liebe zu
realistisch gehalten. Mit dunklen Augen, die Lippen über den blitzenden Zähnen Gott. Mag der Gottesbegriff ursprünglich aus dem Gefühl der Furcht und
geöffnet, blickt das eine halbwüchsige Kind zu der matt zusammengekauerten Ge- Hülflosigkeit hervorgegangen sein, über die Dankbarkeit für gewährtes Flehen,
fährtin empor. Ueber der Gruppe ruht die schwere, sonnendurchglühte Campagna- über das Vertrauen auf ferneren Schutz hinaus gelangt er zu der reinen Gottes-
luft. Sonnige Licht-und Luftstimmung liegt auch auf P. Simm's „Froher Botschaft". liebe unabhängig von äusseren Cultusformen. Wahre Gebetsinbrunst, wie sie
Ein Pärchen aus der Zeit des Directoire hat sich soeben vom Kaffeetisch erhoben, Dammeier in seinen „Betenden Tirolern" zur Anschauung bringt, erhält sich
um gemeinschaftlich einen wichtigen, offenbar angenehme Nachrichten enthalten- am stärksten da, wo die Abhängigkeit von unberechenbaren elementaren Kräften
den Brief zu lesen. Ein alter Diener entfernt sich mit einem Tablett, während ein am augenfälligsten wirkt. Der Landmann und der Bergbewohner bedarf am
treuer Hund mit aufmerksam gehobenem Kopf an den Empfindungen seiner Herr- meisten jener göttlichen Kraft, die er als Beherrscherin der Naturgewalten anruft,
schaft Theil zu nehmen scheint. Und doch heisst es in Gefährnissen sich selbst helfen — und seinen Mit-
Die Idealmalerei Herrn. Hendrich's sucht ihre stärksten Mittel im Gebiete der menschen. A. Brütt's wetterharter Seemann, der ein junges lebensmüdes
phantastischen Romantik, in das sie sich mit düsterem Farbenreiz vertieft. Schatten- Menschenkind „aus der Brandung des Lebens" gerettet, ist eine Verkörperung
haft wird die Leiche des erschlagenen Siegfried auf einen gewaltigen Schild an jener selbstlosen Liebe, die das Beispringen in Gefahr wie ein täglich zu übendes
einem Flusse vorübergetragen, aus dessen, von Felsen eingeengten Ufern klagende Handwerk betreibt. Er hält den schönen jungfräulichen Körper wie ein lebloses
Nixen emportauchen. Mit gesenktem Haupte schreitet Gunther hinter der Leiche Strandgut in den kräftigen Armen und trägt es aus der Brandung, unbekümmert
des um seinetwillen Ermordeten einher, während der grimme Hagen halb seit- um Dank und Lohn. Was er gethan, geschieht aus dem Pflichtgefühl heraus,
wärts gewendet gleichmüthig der Klage der schönen Stromweiber lauscht. das sein Beruf ihm anerzogen.
Das Symbol der lockenden, verderbenden, trügenden Liebe waren in der Die Pflicht ist es auch, die in unserem Kriegsbilde die treuen Branden-
griechischen Mythe die „Sirenen", die Vorbilder der Loreley. Wehe dem Schiffe, burger dem Kugelregen entgegentreibt. Der Schlachtenmaler G.Koch hat zum
das sich durch den Gesang der schönen Weiber angelockt, den Felsenriffen ihrer Gegenstande seines Gemäldes einen Moment des Entscheidungskampfes bei
Insel näherte! In A. Frenz' Darstellung hat die Mythe greifbarere Gestalt ge- Vionville gewählt. Es galt die Franzosen vom Abmärsche nach Westen hin
wonnen. Dem Künstler schwebten jene Liebesinseln vor, von deren Gestade zurückzuhalten und auf Metz zu drängen. Gegen eine vierfache Uebermacht
aus die Priesterinnen der Aphrodite die vorübersegelnden Schiffer einluden zu musste gestritten werden. Die Brandenburger zeichneten sich neben der glor-
kurzer Rast von gefahrvoller Meerfahrt. reichen Reiterbrigade v. Bredow besonders aus. Das 52. Regiment verlor fast
Losgelöst von aller Selbstsucht, sich verallgemeinernd und auf die Mensch- seine sämmtlichen Officiere, die Fahne des ersten Bataillons wechselte elf mal
heit ausdehnend, erscheint die Liebe in ihrer Verklärung zur Barmherzigkeit. ihren Träger. Die Reihen geriethen in's Schwanken. Da ergriff Major Graf
„Besuch bei der Kranken" nennt Paternina seine ergreifende Darstellung dieser Schlippenbach die Fahne und stürmte hoch zu Ross seinen Füsilieren voran,
christlichen Tugend. Schweres Siechthum hat die lockige Spielgefährtin auf das Von einer Kugel getroffen, brach auch er zusammen, aber der Zweck war er-
Krankenlager geworfen. Da liegt sie im Spital, sorgsam von den „Schwestern" reicht, die Franzosen waren gezwungen bei Metz Stand zu halten.
uf der (Ranzel.
Zu dem Bilde von J. Falat.
' [Nachdruck verboten.]
^er Hirsch schreit! — Mehr und mehr sinkt der Abend. weit vorgestreckt, die Stangen zurück gelegt — fast an den breiten Hals heran —
Raschen Schrittes und dennoch jeden dürren Zweig vermeidend, beginnt er von Neuem sein Liebeslied,
schreitet ein Jäger durch den Wald — fast unhörbar eilt er über den weichen Und in den Büschen beginnt es, sich zu regen ■— leisen Schrittes nahen die
Moorboden. Er trägt den einfachen braunen Lodenrock und den steierischen Hut Schönen. Zuerst ein Altthier — dann schüchtern — zaghaft — ein Schmalthier —
mit dem Gemsbart geschmückt — ein älterer Forstmann in graugrünem Wald- auch ein Wildkalb tritt neugierig sich umschauend, auf die Blosse,
anzuge folgt ihm — Doppelbüchsen und Doppelglas über die Schulter gehängt. In stolzer Haltung mustert der Hirsch die Bewerberinnen um seine Gunst.
Jetzt hemmt der Jäger seine Schritte und lauscht! Noch scheint er unentschlossen. — Da — dringt ein Ruf an seine Gehöre, der
Da plötzlich klingts wie Orgelton herab vom Hange, dröhnend schallt er ihn herausfordert und erschreckt zugleich — ein Schrei von enormer Tiefe, von
über die Bergeshalde — langgezogen — klagend — rein — sehnend! ungeheuerer, mächtiger Fülle — die Contraoctave im vielstimmigen Waldorchester.
Ein freudiger Glanz gleitet über des Jägers männlich schöne Züge. Fragend Das Kahlwild — ein ganzes Rudel hat sich eingefunden — äugt neugierig
wendet sich sein Blick auf den Forstmann. hinüber nach dem Ankömmling, — der jetzt aus den Stangen hervortritt — den
„Ist er das?" Beherrscher des Platzes.
Der aber legt die Hand an den Hut und schüttelt stumm den Kopf. „Der Jetzt schreitet der Capitalhirsch langsam vor, das Geäse vorgestreckt,
orgelt noch mächtiger!" sagt er dann leise. Der Zehner erscheint unentschlossen. Dann neigt auch er den Waffen-
Nur ein paar Mal ertönt noch der mächtige Schrei — dann ist es still durch schmuck und durch den stillen Abendwald hallt das harte Aneinanderschlagen
eine ganze Weile. der Geweihe. Still, fast theilnahmlos schauen die Thiere dem Kampfe zu —
Der Wald wird lichter — eine Blosse, rings von hohen Buchenstämmen als ob es sich von selbst verstände, dass der rothe Schweiss den Boden färben
umgeben, breitet sich aus, — nicht zu gross, — fast berühren sich noch die müsste — um ihretwillen.
Baumkronen in den Wipfeln. Der Capitalhirsch hat gesiegt — der Zehner wurde abgeforkelt.
Sie haben eine Kanzel erreicht, im Unterholze verborgen, mit natürlichem Das Abenddunkel hat sich über den Wald gelegt — feine Nebel steigen
Laubschutz umkleidet. Eine Treppe führt hinauf und oben bietet sich die Aus- vom feuchten Boden auf — Stille überall. Der Mond glänzt silbern durch das
sieht auf die Lichtung. Geäst und Gezweig.
Die letzten Strahlen der Abendsonne fallen auf des Jägers braungebranntes Ein Strahl beleuchtet des Jagdherren Antlitz. Er giebt dem Begleiter ein
Gesicht. Er schiebt den Lodenhut etwas weiter zurück, um bequemer durch stummes Zeichen und erhebt sich vorsichtig. Waldesgewohnt schreitet er, fast
das Doppelglas sehen zu können, das ihm der Andere dienstfertig reicht. unhörbar, zwischen den Buchen entlang, einem Gestell zu.
Der Jäger setzt sich dicht an die von Laub umgebene Brüstung der Kanzel — Dort wartet seiner der leichte Jagdwagen. —
richtet das Glas nach der Richtung, aus der der Schrei kam. Nicht lange — „Ist's nicht herrlich im Walde, wenn der Hirsch schreit?" fragt der Jagd-
dann bewegt es sich im Unterholze und mit finsterem Ernste, den Windfang tief herr im Tone innerster Ueberzeugung den Andern, während dieser ihm den
zum Boden gesenkt, tritt der Hirsch auf die Lichtung. Mantel über die Schultern legt.
Er bleibt stehen, äugt ringsum, als suche er nach der Geliebten, die ihn „Herrlich, Euere Majestät!" antwortet der, „was wäre das Leben ohne den
hier erwarte. Dann schlägt er wie im Zorne, mit den Schaalen mächtig nieder Wald, ohne die Jagd!"
auf den Boden, dass die feuchte schwarze Erde hoch empor fliegt. — Den Hals Der Kaiser lächelt. F. von Dincklage-Campe.
Unsere Bilder.
—— [Nachdruck verboten.]
I!as moderne Genre ist arm in der Erfindung im Gegensatz zu der ent- gepflegt, aber der Sonnenschein zieht erst mit der Kameradin ein, die von ihrer
sprechenden Malerei der fünfziger Jahre. Es legt grösseres Gewicht auf Mutter begleitet an das Schmerzenslager tritt, von dem Arm der Pflegerin um-
die naturgetreue Wiedergabe einer Situation, als auf die versprechende Lebendig- schlungen. Leibliche Stärkung trägt sie im Körbchen und bringt ihre Wünsche
keit der Handlung. A. Ferraguti's „Ermüdet" in den weiten Grasflächen der dar für eine baldige Genesung.
Campagna ausruhende italienische Mädchen sind in Erfindung und Ausführung gleich Modern und ausschliesslich christlich ist auch der Begriff der Liebe zu
realistisch gehalten. Mit dunklen Augen, die Lippen über den blitzenden Zähnen Gott. Mag der Gottesbegriff ursprünglich aus dem Gefühl der Furcht und
geöffnet, blickt das eine halbwüchsige Kind zu der matt zusammengekauerten Ge- Hülflosigkeit hervorgegangen sein, über die Dankbarkeit für gewährtes Flehen,
fährtin empor. Ueber der Gruppe ruht die schwere, sonnendurchglühte Campagna- über das Vertrauen auf ferneren Schutz hinaus gelangt er zu der reinen Gottes-
luft. Sonnige Licht-und Luftstimmung liegt auch auf P. Simm's „Froher Botschaft". liebe unabhängig von äusseren Cultusformen. Wahre Gebetsinbrunst, wie sie
Ein Pärchen aus der Zeit des Directoire hat sich soeben vom Kaffeetisch erhoben, Dammeier in seinen „Betenden Tirolern" zur Anschauung bringt, erhält sich
um gemeinschaftlich einen wichtigen, offenbar angenehme Nachrichten enthalten- am stärksten da, wo die Abhängigkeit von unberechenbaren elementaren Kräften
den Brief zu lesen. Ein alter Diener entfernt sich mit einem Tablett, während ein am augenfälligsten wirkt. Der Landmann und der Bergbewohner bedarf am
treuer Hund mit aufmerksam gehobenem Kopf an den Empfindungen seiner Herr- meisten jener göttlichen Kraft, die er als Beherrscherin der Naturgewalten anruft,
schaft Theil zu nehmen scheint. Und doch heisst es in Gefährnissen sich selbst helfen — und seinen Mit-
Die Idealmalerei Herrn. Hendrich's sucht ihre stärksten Mittel im Gebiete der menschen. A. Brütt's wetterharter Seemann, der ein junges lebensmüdes
phantastischen Romantik, in das sie sich mit düsterem Farbenreiz vertieft. Schatten- Menschenkind „aus der Brandung des Lebens" gerettet, ist eine Verkörperung
haft wird die Leiche des erschlagenen Siegfried auf einen gewaltigen Schild an jener selbstlosen Liebe, die das Beispringen in Gefahr wie ein täglich zu übendes
einem Flusse vorübergetragen, aus dessen, von Felsen eingeengten Ufern klagende Handwerk betreibt. Er hält den schönen jungfräulichen Körper wie ein lebloses
Nixen emportauchen. Mit gesenktem Haupte schreitet Gunther hinter der Leiche Strandgut in den kräftigen Armen und trägt es aus der Brandung, unbekümmert
des um seinetwillen Ermordeten einher, während der grimme Hagen halb seit- um Dank und Lohn. Was er gethan, geschieht aus dem Pflichtgefühl heraus,
wärts gewendet gleichmüthig der Klage der schönen Stromweiber lauscht. das sein Beruf ihm anerzogen.
Das Symbol der lockenden, verderbenden, trügenden Liebe waren in der Die Pflicht ist es auch, die in unserem Kriegsbilde die treuen Branden-
griechischen Mythe die „Sirenen", die Vorbilder der Loreley. Wehe dem Schiffe, burger dem Kugelregen entgegentreibt. Der Schlachtenmaler G.Koch hat zum
das sich durch den Gesang der schönen Weiber angelockt, den Felsenriffen ihrer Gegenstande seines Gemäldes einen Moment des Entscheidungskampfes bei
Insel näherte! In A. Frenz' Darstellung hat die Mythe greifbarere Gestalt ge- Vionville gewählt. Es galt die Franzosen vom Abmärsche nach Westen hin
wonnen. Dem Künstler schwebten jene Liebesinseln vor, von deren Gestade zurückzuhalten und auf Metz zu drängen. Gegen eine vierfache Uebermacht
aus die Priesterinnen der Aphrodite die vorübersegelnden Schiffer einluden zu musste gestritten werden. Die Brandenburger zeichneten sich neben der glor-
kurzer Rast von gefahrvoller Meerfahrt. reichen Reiterbrigade v. Bredow besonders aus. Das 52. Regiment verlor fast
Losgelöst von aller Selbstsucht, sich verallgemeinernd und auf die Mensch- seine sämmtlichen Officiere, die Fahne des ersten Bataillons wechselte elf mal
heit ausdehnend, erscheint die Liebe in ihrer Verklärung zur Barmherzigkeit. ihren Träger. Die Reihen geriethen in's Schwanken. Da ergriff Major Graf
„Besuch bei der Kranken" nennt Paternina seine ergreifende Darstellung dieser Schlippenbach die Fahne und stürmte hoch zu Ross seinen Füsilieren voran,
christlichen Tugend. Schweres Siechthum hat die lockige Spielgefährtin auf das Von einer Kugel getroffen, brach auch er zusammen, aber der Zweck war er-
Krankenlager geworfen. Da liegt sie im Spital, sorgsam von den „Schwestern" reicht, die Franzosen waren gezwungen bei Metz Stand zu halten.