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Er wandte sich nach dem Garten. Panske sah ihm starr nach, bis
seine hohe Gestalt in der Nacht verschwunden war. Dann kroch er in Fünftes Capitel.
die Hundehütte zurück. "So! Die Strickleiter ist fest!" sagte Leo mit vom Winde zerzausten
* •* und regentriefenden Haaren in die Mansarde zurückkehrend, die ihr und
Mia als Schlafzimmer diente und durch ein winziges Stückchen einer
Stearinkerze spärlich erhellt wurde. ,,Allons, Mia, steh' auf und mach'
/- / Dich fertig. Es ist Zeit!"
/ Mia's blasses Gesichtchen tauchte unter der Decke ihres Bettes her-
„ä / vor auf.
"j j ( / r-'~ { „Oh Leo, wie es donnert und blitzt! Und der Sturm und der Regen!
[/ / ' /',/ /, Und der Acker, über den wir müssen! Er ist vorgestern erst frisch gepflügt!"
. \ 4"*"'r'^f Äfft ' /■ ' „Bah! Als wenn man von dem Bischen Nasswerden gleich stürbe,
w %r j » , Ä.i&i Wegen des Ackers habe ich wohlweislich Papa's ausrangirte,
grosse Reiterstiefel beiseite gebracht. Sie stecken im Garten
■ in der hohlen Eiche. Du sollst sie anziehen, während ich —"
.' Mia faltete verlegen die Hände auf der Bettdecke.
„Oh Leo, ich . . ich bin so schwach. Ich glaube, ich
werde unterwegs liegen bleiben. Und dann — es ist wirklich
schlecht von uns, Betrug! Onkel war heute so gut zu mir,
so besorgt, er will extra meinetwegen in der Stadt zum Arzt
gehen! Und nun . . sei nicht böse, Leo, aber ich . . . ."
Leo fuhr mit empört blitzenden Augen zu ihr hin.
„Wie? Du willst nicht mit? Bildest Du Dir etwa ein,
dass ich an Deine Krankheit glaube? Gewiss, Du
wurdest ohnmächtig. Aber warum? Weil Du
Angst hattest, dass Papa die Geschichte mit dem
Phildoctor entdecken würde. Und mit Deinen
sogenannten Gewissensbissen ist's genau ebenso.
Weisst Du, was Du bist? Feige bist Du, Mia,
gotterbärmlich feige! — Na ja, nun heult sie.
Oh Weiber, Weiber!"
„Nicht feige, Leo, wahrhaftig nicht!" stam-
melte sie dann gequält.
„Es . . es ist etwas Anderes, weshalb ich nicht
mitgehen kann. Etwas, das . . . wenn
ich es Dir sagen würde . . . Du
müsstest selbst zugeben, dass ich ..."
Sie verstummte, wie erschreckt
über das, was ihr über die Lippen
wollte. Leo war aufhorchend stehen
geblieben und über ihre eben noch
finster gefaltete Stirne war ein feines
Lächeln geflogen. Nun setzte sie
sich plötzlich auf den Rand von
Mia's Bett, zog der Widerstrebenden
sanft aber mit unwiderstehlicher Kraft
die Decke zwischen den Händen
hinweg und hob das zarte Köpfchen
vor ihr ein wenig zu sich empor.
,,Mia, kleine, dumme Mia!" flüsterte sie zärtlich, während
sie tief in die grossen, ängstlichen Augen sah. „Was
würdest Du mir sagen?"
Mia wurde blutroth und schluchzte noch mehr.
„Oh, wenn Du es wüsstest! Nein, ich kann es Dir nicht sagen.
Es ist so schrecklich! Du würdest mich nicht mehr lieb haben; Du
würdest mich hassen; ewig; bis in den Tod!"
Leo lachte. Dann legte sie ihren Arm um Mia's Nacken und
ihren Kopf neben Mia's Kopf auf das Kissen.
„Wenn Du es nicht kannst", flüsterte sie ihr ins Ohr, „soll ich
es Dir denn sagen, Mia?"
„Also Du . . ."
Mia richtete sich auf und hob abwehrend beide Hände.
4
„Oh Leo, noch nicht! Sag's noch nicht! Wenn Du es wirklich
Heimkehr von der Redoute. '(!|f,, W hB ' wüsstest, . . . ich würde es Dir nicht ableugnen können. Und nach-
siehe Seite 87. 1 ^|jJP§ her . . versprich mir . . ."
Sie hielt zögernd inne. Leo richtete sich ebenfalls auf. Und
sie sassen nebeneinander im Bette und sahen sich an.
Er wandte sich nach dem Garten. Panske sah ihm starr nach, bis
seine hohe Gestalt in der Nacht verschwunden war. Dann kroch er in Fünftes Capitel.
die Hundehütte zurück. "So! Die Strickleiter ist fest!" sagte Leo mit vom Winde zerzausten
* •* und regentriefenden Haaren in die Mansarde zurückkehrend, die ihr und
Mia als Schlafzimmer diente und durch ein winziges Stückchen einer
Stearinkerze spärlich erhellt wurde. ,,Allons, Mia, steh' auf und mach'
/- / Dich fertig. Es ist Zeit!"
/ Mia's blasses Gesichtchen tauchte unter der Decke ihres Bettes her-
„ä / vor auf.
"j j ( / r-'~ { „Oh Leo, wie es donnert und blitzt! Und der Sturm und der Regen!
[/ / ' /',/ /, Und der Acker, über den wir müssen! Er ist vorgestern erst frisch gepflügt!"
. \ 4"*"'r'^f Äfft ' /■ ' „Bah! Als wenn man von dem Bischen Nasswerden gleich stürbe,
w %r j » , Ä.i&i Wegen des Ackers habe ich wohlweislich Papa's ausrangirte,
grosse Reiterstiefel beiseite gebracht. Sie stecken im Garten
■ in der hohlen Eiche. Du sollst sie anziehen, während ich —"
.' Mia faltete verlegen die Hände auf der Bettdecke.
„Oh Leo, ich . . ich bin so schwach. Ich glaube, ich
werde unterwegs liegen bleiben. Und dann — es ist wirklich
schlecht von uns, Betrug! Onkel war heute so gut zu mir,
so besorgt, er will extra meinetwegen in der Stadt zum Arzt
gehen! Und nun . . sei nicht böse, Leo, aber ich . . . ."
Leo fuhr mit empört blitzenden Augen zu ihr hin.
„Wie? Du willst nicht mit? Bildest Du Dir etwa ein,
dass ich an Deine Krankheit glaube? Gewiss, Du
wurdest ohnmächtig. Aber warum? Weil Du
Angst hattest, dass Papa die Geschichte mit dem
Phildoctor entdecken würde. Und mit Deinen
sogenannten Gewissensbissen ist's genau ebenso.
Weisst Du, was Du bist? Feige bist Du, Mia,
gotterbärmlich feige! — Na ja, nun heult sie.
Oh Weiber, Weiber!"
„Nicht feige, Leo, wahrhaftig nicht!" stam-
melte sie dann gequält.
„Es . . es ist etwas Anderes, weshalb ich nicht
mitgehen kann. Etwas, das . . . wenn
ich es Dir sagen würde . . . Du
müsstest selbst zugeben, dass ich ..."
Sie verstummte, wie erschreckt
über das, was ihr über die Lippen
wollte. Leo war aufhorchend stehen
geblieben und über ihre eben noch
finster gefaltete Stirne war ein feines
Lächeln geflogen. Nun setzte sie
sich plötzlich auf den Rand von
Mia's Bett, zog der Widerstrebenden
sanft aber mit unwiderstehlicher Kraft
die Decke zwischen den Händen
hinweg und hob das zarte Köpfchen
vor ihr ein wenig zu sich empor.
,,Mia, kleine, dumme Mia!" flüsterte sie zärtlich, während
sie tief in die grossen, ängstlichen Augen sah. „Was
würdest Du mir sagen?"
Mia wurde blutroth und schluchzte noch mehr.
„Oh, wenn Du es wüsstest! Nein, ich kann es Dir nicht sagen.
Es ist so schrecklich! Du würdest mich nicht mehr lieb haben; Du
würdest mich hassen; ewig; bis in den Tod!"
Leo lachte. Dann legte sie ihren Arm um Mia's Nacken und
ihren Kopf neben Mia's Kopf auf das Kissen.
„Wenn Du es nicht kannst", flüsterte sie ihr ins Ohr, „soll ich
es Dir denn sagen, Mia?"
„Also Du . . ."
Mia richtete sich auf und hob abwehrend beide Hände.
4
„Oh Leo, noch nicht! Sag's noch nicht! Wenn Du es wirklich
Heimkehr von der Redoute. '(!|f,, W hB ' wüsstest, . . . ich würde es Dir nicht ableugnen können. Und nach-
siehe Seite 87. 1 ^|jJP§ her . . versprich mir . . ."
Sie hielt zögernd inne. Leo richtete sich ebenfalls auf. Und
sie sassen nebeneinander im Bette und sahen sich an.