MODERNE KUNST.
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Diana Cooman. Ein Fest in Pompeji. Nach einer Photographie von A. Braun & Co., Dornach.
ein Mensch, ein halbverhungerter Bauernknecht oder ein Landbriefträger. diese Zeit nicht aus dem Dorfe auf die Höhe hinaufklettern wird, gerades-
Oder — unversehens tauchte aus den trübsten Tiefen meines Gedächtnisses wegs dem Wolf in's Maul. Offenbar, der Mann war stickenduhn, wie man
der Abc-Vers auf, mit welchem man uns Kindern die reizvolle Gestalt des in Hamburg sagt, — so duhn, dass er den Weg auf die Höhe mit der
grossen W einzuprägen r.uchte: Strasse quer durch's Dorf nach seinen Penaten verwechselte. Vielleicht
Der tolle Wolf in Polen frass sah er den Wolf gar nicht, vielleicht hielt er ihn für seine Frau, getäuscht
Den Tischler mit dem Winkelmaass. durch das Beiden gemeinsame Funkeln der Augen. Jedenfalls war er ihm
Und da sah ich ihn auch schon von dem Dorfe heraufstapfen, diesen jetzt schon ganz nahe; das Unthier setzte bereits zum Sprunge an. In
unseligen Tischler; lang, dürr wie sein Winkelmaass, in dunklem Flaus diesem Augenblicke fuhr mir plötzlich ein neuer Gedanke durch den Kopt
sich scharf abzeichnend von der weissen Schneefläche, in welcher er und Hess die Gestalt der Todcscandidatcn bis zur Zwergenkleinheit zu-
wunderliche Zickzackspuren einzeichnete. Natürlich ging er im Zickzack; sammenschrumpfen; denn wie hätte der Wolf einen Mann fressen können,
denn er war ja betrunken. Das sah ich ohne Weiteres ein. Erstens, der zweimal so gross war wie das Thier selber? Und es stand doch ge-
weil wir überhaupt nicht geneigt sind, bei einem polnischen Dorftischler schrieben, dass er ihn frass. Aber während sich nun die Bestie über den
im Winter nach sechs Uhr Abends einen anderen Normalzustand anzu- verzwergten Tischler herstürzt, kommt mir blitzschnell ein schweres Be-
nehmen; und zweitens, weil ein halbwegs nüchterner Mensch doch um denken: das Winkelmaass! Meine lüderlichc Phantasie hatte vergessen, es
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Diana Cooman. Ein Fest in Pompeji. Nach einer Photographie von A. Braun & Co., Dornach.
ein Mensch, ein halbverhungerter Bauernknecht oder ein Landbriefträger. diese Zeit nicht aus dem Dorfe auf die Höhe hinaufklettern wird, gerades-
Oder — unversehens tauchte aus den trübsten Tiefen meines Gedächtnisses wegs dem Wolf in's Maul. Offenbar, der Mann war stickenduhn, wie man
der Abc-Vers auf, mit welchem man uns Kindern die reizvolle Gestalt des in Hamburg sagt, — so duhn, dass er den Weg auf die Höhe mit der
grossen W einzuprägen r.uchte: Strasse quer durch's Dorf nach seinen Penaten verwechselte. Vielleicht
Der tolle Wolf in Polen frass sah er den Wolf gar nicht, vielleicht hielt er ihn für seine Frau, getäuscht
Den Tischler mit dem Winkelmaass. durch das Beiden gemeinsame Funkeln der Augen. Jedenfalls war er ihm
Und da sah ich ihn auch schon von dem Dorfe heraufstapfen, diesen jetzt schon ganz nahe; das Unthier setzte bereits zum Sprunge an. In
unseligen Tischler; lang, dürr wie sein Winkelmaass, in dunklem Flaus diesem Augenblicke fuhr mir plötzlich ein neuer Gedanke durch den Kopt
sich scharf abzeichnend von der weissen Schneefläche, in welcher er und Hess die Gestalt der Todcscandidatcn bis zur Zwergenkleinheit zu-
wunderliche Zickzackspuren einzeichnete. Natürlich ging er im Zickzack; sammenschrumpfen; denn wie hätte der Wolf einen Mann fressen können,
denn er war ja betrunken. Das sah ich ohne Weiteres ein. Erstens, der zweimal so gross war wie das Thier selber? Und es stand doch ge-
weil wir überhaupt nicht geneigt sind, bei einem polnischen Dorftischler schrieben, dass er ihn frass. Aber während sich nun die Bestie über den
im Winter nach sechs Uhr Abends einen anderen Normalzustand anzu- verzwergten Tischler herstürzt, kommt mir blitzschnell ein schweres Be-
nehmen; und zweitens, weil ein halbwegs nüchterner Mensch doch um denken: das Winkelmaass! Meine lüderlichc Phantasie hatte vergessen, es