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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 9.1895

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Lenbach, Ernst: Der Klosteresel
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https://doi.org/10.11588/diglit.19627#0196

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MODERNE KUNST.

„Ja," meinte der junge Kutscher, „wenn ich das gewusst hätte! Aber im Hohlweg; — bis dann das Trinchen herauskam und ihm was zu fressen

so schon wie der Herr Pater hält' ich's doch nicht gekonnt. Es sieht gab. Und dann hatte der Esel eine Freude! und ich auch. Und dann

ordentlich aus, als wenn es ernst wür'." meinte ja die Frau Druckes selber, ob ich nicht auch 'mal was hercin-

„Hm, ja," murmelte der Pater Präses und nahm eine Prise, „ein kommen wollt? Und das that ich dann auch. Und da wurden wir so

tiefer Geist, unser Bruder Cölestin! Der Herr hat ihn mit mancherlei langsam bekannter mit einander, — die Frau Druckes hat ja auch den

Gaben gesegnet." ältesten Jungen von meiner Tant' ihrer Schwester ihrem Schwager selig

Bis zum Kloster kamen sie ja nun diesmal noch glücklich, aber es über dir raufe gehalten, so halb und halb sind wir ja dann noch verwandt,

verstand sich, dass der Braune jetzt bis auf Weiteres als ebenso dienst- Nu, und das ging dann so, ich kam auch schon mal vorbei, wann die

untauglich erachtet wurde wie sein früherer Treiber. Zum Glück traf sich Frau Druckes gerad' nicht zu Haus war, aber das Grauchen hielt allemal

auch für ihn sogleich ein Ersatz. Es wohnte da in einem der Dörfer still vor dem Haus, und was das Trinchen ist, die war auch da. Und ein-

unten eine Krämersfrau, die ai:sser einer hübschen pausbackigen Tochter mal, als es so von links an dem Esel stand und ich von rechts, da sah es

auch einen Esel besass, einen richtigen grauen; er diente ihr als Zugthier, mich so an, und da packte ich es um den Hals und gab ihm einen

wenn sie im Herbst und zu Weihnachten die Märkte beschickte, Kuss, weil doch gerad' Keiner zusah als der Esel, und von da

zur Zeit stand er als unnütz« r Fresser im Stalle, und die ^n^^S^^^BSM g'ng cs dann so weiter. Lieber Gott, wer kann für sein

Besitzerin willigte gern ein, dass ihr die Mönche für ein '^ilP^^ rmfcftv ' ••

billiges Entgell und Versprechen guter Fütterung HH^. Wähn ml dieser Erzählung nahm der Pater Präses

den Grauschimmel bis Ende des Sommers ab- -jj^^^B^^^^^K^B^^^^A Sra» mehrere Prisen, bot auch die Dose dem Pater

^^^^^

wörtchen wisse. Da erschrak si< . in in d , ^^^^^^^^^ wsrn und das Geschält übernimmt,

ihr ja auch bis vor Kurzem ergangen; aber gestern ^^^^^^j^i''. ist Zeit, dass'ich der Kirche

habe ihre Tochter gesagt, sie wol,le doch einmal einen ^^Sm^idm^s^ einen Dienst thu', und an die Esel bin ich auch von lang

Bittgang den Klosterberg hinauf machen, wie sie das in der E El,ke- Lotosblume. ^er geWöhnt. Lassen Sie den da nur einstweilen noch den

letzten Zeit öfter gethan habe: hernach sei ihr beigekommen, sie dürfe Esel führen, Hochwürden, ich werd' schon sorgen, dass das Trinchen ihn

sich doch von der Tochter nicht an Frömmigkeit so sehr übertreffen nicht zu lang' unterwegs aufhält, und wenn es Ihnen recht ist, nehm ich

lassen, sie habe auch denselben Weg genommen, und wie sie da unten dann später einstweilen den Braunen und geh' für Sie sammeln. Wir zwei

am Wäldchen vorbeigekommen sei, da habe der Klosterkarren mit ihrem werden schon immer früh genug zurück sein, dass ich noch zum Schlafen

Esel allein gestanden, abseits aber unter den Hagerosen hätten die Zwei hinunter in's Dorf komm', — ich bin eine alte Frau, unsereins hält sich

beieinander gesessen; und das Mädchen habe ihr nachher unter Anderem nicht so lang unterwegs auf wie die Mannsleut ."

auch gestanden, dass ihre Wallfahrten in der letzten Zeit immer nur bis „Ja, aber . . .," meinte der Pater Präses nach einigen wohlgesetzten

zu dem Wäldchen gegangen seien. Ueber diesen Punkt wurde der Pater Lobsprüchen, „werden Sie denn auch den Braunen zwingen können und

Präses mit Fug besonders böse, er Hess den jungen Duckmäuser herbei- ihn von seiner bösen Sucht befreien?"

rufen und auch den Pater Cölestin, und die beiden alten Herren hielten Aber da kam er nett an. „Hochwürden," sagte die Frau Drückes,

dem verliebten Eselstreiber nun eine sehr gründliche Rede, kräftig unter- „ich hab' einen Mann untergekriegt und vom Suft gewöhnt, ich werd' auch

stützt von der zukünftigen Schwiegermutter. Der gab sein unklösterliches noch mit Ihrem Esel fertig!" Und dabei blickten ihre Augen so kräftig,

Verfangen offen zu, erklärte aber, an der ganzen Geschichte sei eigentlich dass die beiden geistlichen Herren unwillkürlich einen Schritt zurücktraten

nur der Esel schuld. „Denn,"' so erläuterte er diesen Satz auf die er- und Pater Cölestin einen Blick theilnahmvoller Sorge auf seinen bisherigen

staunten Fragen der Patres, „ich hatte ja bei der Frau Drückes gar nichts Eselstreiber warf.

abzuholen; aber allemal, wenn ich da vorbei wollt', da hielt das Grauchen Seitdem führt die Frau Druckes den braunen Klosteresel; und bisher

still und war nicht voranzubringen, — accurat wie der andere dazumal hat weder das Kloster, noch der Esel sich gegen sie aufzuleimen gewagt.
 
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