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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 9.1895

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Wrangel, Carl Gustav: Die Kunst im Equipagen-Wesen: fahrsportliche Betrachtungen von Graf. C. G. Wrangel
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https://doi.org/10.11588/diglit.19627#0251

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MODERNE KUNST.

einziges, wirklich elegantes, .---^~i§b^-:---:-~___-=^=-=. galonirte Diener" auf die

nicht zur Kategorie der Bug- Scene zu bringen. Diese ge-

gies gehörendes Fuhrwerk ^p^^^^^Jf \ » i H hören zum Inventarium der-

neueste Equipagen-Mode ist ij^^BBBfa^jj^»^ ' das wallende Reitkleid der
ihre Tendenz, zum Empire- B|,-A : ^l^j- . "jf ) > i "| fi""!^"""" I— _____ ' ' '" meist auf einem Vollblut-
Stil zurückzukehren. Alle hengste (!) einhergaloppiren-
fashionablen Wagen, die im den Amazone, die dem Hel-

Jahre des Heils 1895 aus I j.......... . •'Miß i ) * " ^''wBSBm <-*«"a den c'es Romans so viel

den vornehmeren Werk- MHk 1 . , Herzeleid bereitet,
statten hervorgegangen sind, Nun, zum Glück sieht
erinnern in ihrer Bauart \ %"'■-}■< es auch bei uns in Deutsch-
und Ausstattung an den Ge- ; * -i ■ land in der wirklich vor-
schmack des ersten Kaiser- ; 5 I ™i«s|S| nehmen Welt nicht mehr
reiches. Sehr beliebt ist z. B. | > gar so vorsündfluthig aus.
gegenwärtig die tiefe, lange , | ; Geschmackvolle Einfachheit
und niedrige Victoria „genre j ; ist hier mit Bezug auf die
Josephine". Hohe Räder, j . ,K !• Meldung der <: :•. rsehnf
bauchiger Kasten, über- m.:' &| -\ vLiLj 1 , fe; ; Ii' ' !. .J.-' allmählig Regel geworden,
massig weite Eintritts-Oeff- ■■'> \r~ i ' j. ■HHpMVKL ' Tressen am Hut, Fang-
nung und riesige Laternen bp~ ^^^fe^OTm!^'fftmi'. " schnüre und Litzen am bun-
verleihen dieser Schöpfung ■JHBHp^*ä|iSS^:.. Ml* ^ |j§ ten Livreerock, Knieehosen,
der modernen Wagenbau- ^^^£^Bfeai|g "TyS^^km^^^^?*'^!f Gamaschen oder seidene
kunst ein höchst eigenartiges { ^rV k ~~ "" ~-~ H Strümpfe und mit Schnallen
Gepräge. Das genügt nicht HHBP' versehene Schuhe gehören,
nur im Lande des Dollars. I - . <•. „f " wie bereits erwähnt, nur

grossen Wassers. Denn 'iäBS^^^^BKK^^^iW^^A äHHlH liehen und kleinbürgerlichen

Originalität gilt als ein Pri- ''\b^bW^^Lk^^HwBk^^^V^Ä* Kreiden r scheint bei

vilegium der oberen Zehn- ^ "IIIpI 4. uns »och immer die An-

tausend, wohingegen Schön- ^^^^^^^^y^^^J^ •^^jy' ^^^^^^y^^^^^^yM^T^^ fB| sieht vorzuherrschen, dass

geworden^ ^ 1^

in einer Victoria, deren Gar- herrschaftliche Equipage
nirung aus Silberbrokat be- vorüberrollt! Ausserdem
steht. Wer sich das nicht - - c^Ji wKSm giebt der . martialische
lei-:e". kann . uloi- L. r.hmi'.v Schnauzbart des braven Jo-
schwarzen Atlas, falls ihm ; bann zu erkennen, dass
nicht purpurroth besser zu H dieser bei der Caval'.erie ge-
Gesicht stellt. Immer aber I dient und somit eine gründ-
muss die Toilette der In- liehe Ausbildung in allem,

schuhe zur Garnirung des ~ : - ■ —-—1 eines Kutschers gehört, ge-

j^.. Dog-Cart. Originalzeichnung von A. Ackermark. , ,

Wagens passen. i ur die 0 nossen haben muss. Kein

Lackirung des Kastens und der Räder werden mit Vorliebe dunkle Farben Wunder daher, dass unser Landjunker meint, berechtigte Ansprüche auf die

gewählt. Auch für die Pferde sind diese die beliebtesten. Möglichst viele, eben- Anerkennung jedes Fachmannes erheben zu dürfen.

falls mit genauer Berücksichtigung der Farben gewählte Blumen im rückwärtigen Es hat mir oft herzlich leid gethan solche Illusionen durch kritische Be-

Theil des Wagens vervollständigen das Bild einer allen Anforderungen der trachtungen in bange Zweifel verwandeln zu müssen. Ich dachte da immer an

Fashion entsprechenden Equipage. Manche der über die Boulevards von Paris das'Dichterwort:

und New-York rollenden Victorias gleichen einem auf Rädern gestellten Blumen- „Ein Wahn, der mich beglückt,

beete. Wer dann noch einUebriges thun will, versehe das Verdeck der Victoria Ist eine Wahrheit werth, die mich zu Boden drückt."

mit seinem in Gold oder Silber ausgeführten Monogramm. Andererseits aber heisst es auch: „Es ist unmöglich die Fackel der Wahr-

Die Franzosen sagen bekanntlich von sich selbst, dass sie von Ja rage des heit durch ein Gedränge zu tragen, ohne Jemand den Bart zu sengen." - Will

galons" besessen sind und Niemand wird bestreiten, dass dieser Ausspruch auf ich bei meiner Schilderung des modernen Equipagenwesens der Wahrheit die

Selbsterkenntniss beruht. Merkwürdigerweise sieht man jedoch in Paris weit Ehre geben, werde ich somit kaum umhin können, Manches vorzubringen, was

weniger betresste Hüte und mit Litzen geschmückte Livreeröcke wie bei dem Johann und seinem Brodherrn nicht in den Kram passt. Der soll mich

uns in Deutschland. Diese befremdende Thatsache tritt uns sogar in der Litteratur aber nicht sonderlich schmerzen, wenn es mir nur gelingt, dem Leser der

entgegen. Ein ehrlicher deutscher Romanschriftsteller wird bei der Schilderung „Modernen Kunst" einiges Interesse für die Hebung des arg darniederliegenden

einer eleganten Equipage oder eines vornehmen Hauses nie unterlassen, „reich deutschen Fahrsports abzugewinnen.
 
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