Rundschau
69
Ubisch, des Direktors des königl. Zeughauses
in Berlin, eine Würdigung des Projektes eines
sächsischen „Fürstenmuseums", wie es von
Woldemar von Seidlitz, dem vortragenden
Rat der Generaldirektion in Dresden als einer
Art Auslese des künstlerisch Besten aus allen
Sammlungen geplant wird. Seit einem Jahrzehnt
wird die Überfüllung der Dresdner Sammlungen
als ein alle Stimmung, alle gute Wirkung aufheben-
der Mangel beklagt, mehr und mehr ist auch
von wohlwollenden Schätzern der Dresdner
Sammlungen beobachtet worden, daß man den
mählich steigenden Ansprüchen an eine bessere
Vorführung der Schätze alter Kunst ent-
gegenkommen müsse. Daß die Kulturmission
Dresdens für den Osten und Norden Europas
nachzulassen beginnen soll, das sagt uns Ubisch,
und er wird in dieser Beobachtung wohl Recht
haben. Ein Grund mehr also zur Errichtung
neuer Museumsbauten und Beseitigung der
mannigfachen Übelstände. Eine glänzende Lö-
sung der Museumskalamität wäre es, wenn in
absehbarer Zeit die Idee eines den höchsten
Anforderungen entsprechenden Museums ver-
wirklicht werden könnte, wie es von Seidlitz in
seiner Broschüre „Kunstmuseen, ein Vor-
schlag zur Begründung eines Fürstenmuseums
in Dresden", 1907 angedeutet hat. Das Projekt
verdient, wenn es auch nicht gleich verwirklicht
werden kann, in der Tat alle Berücksichtigung,
es zeugt von einer hochgerichteten Kunstauf-
fassung. Dem Kenner der überreichen Dres-
dener Sammlungen braucht nicht erst nachge-
wiesen zu werden, daß eine solche repräsen-
tative Auslese, die die spezifisch sächsische
Kunstkultur in ihren höchsten Spitzen von der
ausgehenden Gotik bis an das Ende des XVIII.
Jahrhunderts vorführen will, so getroffen werden
kann, daß die bestehenden großen Sammlungen
kaum in ihrem Bestände und in der ent-
scheidenden Gesamtwirkung beeinträchtigt wer-
den. Und wenn man sich dazu entschließen
könnte, auch nur eine beschränkte Auswahl der
unendlich vielen, sehr unnötigen und platzrau-
benden Dubletten der Porzellansammlung zu-
gunsten der Museen zu veräußern, dann würde der
Erlös die Kosten des neuen Fürstenmuseums wohl
decken können, und der Ausfall des Überflusses
im Johanneum würde endlich dazu führen, aus
der Porzellangalerie eine wirklich mustergiltige
keramische Fachsammlung zu entwickeln, wie wir
sie dringend in Deutschland brauchen könnten.
Eine keramische Galerie ist da zu schaffen,
die, wie sie dem historischen Studium dienen soll,
ebenso den wechselnden Erfordernissen der
Praxis auf allen Gebieten der Keramik nützlich
werden müßte.
Ein zweiter Aufsatz der „Museumskunde"
knüpft an den Artikel von Ubisch an und behandelt
die Frage der Spaltung der Generaldirektion der
Königlich sächsischen Sammlungen. Geschrieben
ist er von Karl Kötschau, der ja lang genug
als Leiter des Historischen Museums in Dresden
gewesen ist, um einen guten Einblick in die
dortigen Verhältnisse gewonnen zu haben. Wie
jedem, der im sächsischen Staatshaushaltplan
für 1908 auf das Kuckucksei des Regierungsvor-
schlags gestoßen war, das Unzulängliche der
Begründung auffiel, so lehnt ihn auch Kötschau
als unannehmbar ab. Mit Recht führt er aus
— und damit trifft er sich mit Ausführungen,
die bereits in der Tagespresse zu lesen waren
— daß man die Einheit in der Verwaltung des
Kunstbesitzes aufrecht erhalten müsse und daß
es gerade in unserer Zeit not tue, die Zu-
sammengehörigkeit von Kunst und Ge-
werbe zu betonen. Wollte man hier teilen,
zerreißen, es könnte den Kunstsammlungen zum
Verhängnis werden.
Aber Kötschau geht in seinen Vorschlägen
sehr viel weiter, er entwickelt ein organi-
satorisches Zukunftsprogramm. Er empfiehlt,
nicht nur die Kunstsammlungen des könig-
lichen Hauses, sondern auch die Kunstge-
werbeschule mit ihrem Kunstgewerbemuseum,
kurz, alle staatlichen Kunstbildungsanstalten
unter ein einheitliches Ressort des Kultus-
ministeriums zu gruppieren, und dann zu teilen
zwischen einem vortragenden Rat für alle
Kunstsammlungen und einem anderen für
die Unterrichtsanstalten. Über beiden schwebt
dann einigend der Generaldirektor. Die natur-
wissenschaftlichen Sammlungen aber, die bisher
mit den Kunstsammlungen verbunden sind,
möchte er ganz abstoßen und der technischen
Hochschule zuweisen. Mit Recht fordert Köt-
schau, daß sowohl der vortragende Rat für die
Kunstsammlungen, wie derjenige für die Unter-
richtsanstalten, Fachleute sein möchten. Alles
sehr plausibel, dann aber meint er weiter, daß
eine zentralistische Generaldirektion imstande
sein werde, auch dem gegenwärtigen Gewerbe
Ziel und Richtung zu geben — und da können
wir nicht recht mit.
Es heißt in dem Aufsatz: „Werden die
Unterrichtsanstalten künstlerischen Charakters der
neuen Generaldirektion mit unterstellt, so kommt
ein großer einheitlicher Zug in die Ausübung
der Kunstpflichten des Staates, Sammlungen und
Unterrichtsanstalten können Hand in Hand ar-
beiten, die Gegenwart wird endlich die Schätze
der Vergangenheit voll für sich ausnützen können,
es wird eine fruchtbringende Durchdringung von
Altem und Neuem vor sich gehen und eine
69
Ubisch, des Direktors des königl. Zeughauses
in Berlin, eine Würdigung des Projektes eines
sächsischen „Fürstenmuseums", wie es von
Woldemar von Seidlitz, dem vortragenden
Rat der Generaldirektion in Dresden als einer
Art Auslese des künstlerisch Besten aus allen
Sammlungen geplant wird. Seit einem Jahrzehnt
wird die Überfüllung der Dresdner Sammlungen
als ein alle Stimmung, alle gute Wirkung aufheben-
der Mangel beklagt, mehr und mehr ist auch
von wohlwollenden Schätzern der Dresdner
Sammlungen beobachtet worden, daß man den
mählich steigenden Ansprüchen an eine bessere
Vorführung der Schätze alter Kunst ent-
gegenkommen müsse. Daß die Kulturmission
Dresdens für den Osten und Norden Europas
nachzulassen beginnen soll, das sagt uns Ubisch,
und er wird in dieser Beobachtung wohl Recht
haben. Ein Grund mehr also zur Errichtung
neuer Museumsbauten und Beseitigung der
mannigfachen Übelstände. Eine glänzende Lö-
sung der Museumskalamität wäre es, wenn in
absehbarer Zeit die Idee eines den höchsten
Anforderungen entsprechenden Museums ver-
wirklicht werden könnte, wie es von Seidlitz in
seiner Broschüre „Kunstmuseen, ein Vor-
schlag zur Begründung eines Fürstenmuseums
in Dresden", 1907 angedeutet hat. Das Projekt
verdient, wenn es auch nicht gleich verwirklicht
werden kann, in der Tat alle Berücksichtigung,
es zeugt von einer hochgerichteten Kunstauf-
fassung. Dem Kenner der überreichen Dres-
dener Sammlungen braucht nicht erst nachge-
wiesen zu werden, daß eine solche repräsen-
tative Auslese, die die spezifisch sächsische
Kunstkultur in ihren höchsten Spitzen von der
ausgehenden Gotik bis an das Ende des XVIII.
Jahrhunderts vorführen will, so getroffen werden
kann, daß die bestehenden großen Sammlungen
kaum in ihrem Bestände und in der ent-
scheidenden Gesamtwirkung beeinträchtigt wer-
den. Und wenn man sich dazu entschließen
könnte, auch nur eine beschränkte Auswahl der
unendlich vielen, sehr unnötigen und platzrau-
benden Dubletten der Porzellansammlung zu-
gunsten der Museen zu veräußern, dann würde der
Erlös die Kosten des neuen Fürstenmuseums wohl
decken können, und der Ausfall des Überflusses
im Johanneum würde endlich dazu führen, aus
der Porzellangalerie eine wirklich mustergiltige
keramische Fachsammlung zu entwickeln, wie wir
sie dringend in Deutschland brauchen könnten.
Eine keramische Galerie ist da zu schaffen,
die, wie sie dem historischen Studium dienen soll,
ebenso den wechselnden Erfordernissen der
Praxis auf allen Gebieten der Keramik nützlich
werden müßte.
Ein zweiter Aufsatz der „Museumskunde"
knüpft an den Artikel von Ubisch an und behandelt
die Frage der Spaltung der Generaldirektion der
Königlich sächsischen Sammlungen. Geschrieben
ist er von Karl Kötschau, der ja lang genug
als Leiter des Historischen Museums in Dresden
gewesen ist, um einen guten Einblick in die
dortigen Verhältnisse gewonnen zu haben. Wie
jedem, der im sächsischen Staatshaushaltplan
für 1908 auf das Kuckucksei des Regierungsvor-
schlags gestoßen war, das Unzulängliche der
Begründung auffiel, so lehnt ihn auch Kötschau
als unannehmbar ab. Mit Recht führt er aus
— und damit trifft er sich mit Ausführungen,
die bereits in der Tagespresse zu lesen waren
— daß man die Einheit in der Verwaltung des
Kunstbesitzes aufrecht erhalten müsse und daß
es gerade in unserer Zeit not tue, die Zu-
sammengehörigkeit von Kunst und Ge-
werbe zu betonen. Wollte man hier teilen,
zerreißen, es könnte den Kunstsammlungen zum
Verhängnis werden.
Aber Kötschau geht in seinen Vorschlägen
sehr viel weiter, er entwickelt ein organi-
satorisches Zukunftsprogramm. Er empfiehlt,
nicht nur die Kunstsammlungen des könig-
lichen Hauses, sondern auch die Kunstge-
werbeschule mit ihrem Kunstgewerbemuseum,
kurz, alle staatlichen Kunstbildungsanstalten
unter ein einheitliches Ressort des Kultus-
ministeriums zu gruppieren, und dann zu teilen
zwischen einem vortragenden Rat für alle
Kunstsammlungen und einem anderen für
die Unterrichtsanstalten. Über beiden schwebt
dann einigend der Generaldirektor. Die natur-
wissenschaftlichen Sammlungen aber, die bisher
mit den Kunstsammlungen verbunden sind,
möchte er ganz abstoßen und der technischen
Hochschule zuweisen. Mit Recht fordert Köt-
schau, daß sowohl der vortragende Rat für die
Kunstsammlungen, wie derjenige für die Unter-
richtsanstalten, Fachleute sein möchten. Alles
sehr plausibel, dann aber meint er weiter, daß
eine zentralistische Generaldirektion imstande
sein werde, auch dem gegenwärtigen Gewerbe
Ziel und Richtung zu geben — und da können
wir nicht recht mit.
Es heißt in dem Aufsatz: „Werden die
Unterrichtsanstalten künstlerischen Charakters der
neuen Generaldirektion mit unterstellt, so kommt
ein großer einheitlicher Zug in die Ausübung
der Kunstpflichten des Staates, Sammlungen und
Unterrichtsanstalten können Hand in Hand ar-
beiten, die Gegenwart wird endlich die Schätze
der Vergangenheit voll für sich ausnützen können,
es wird eine fruchtbringende Durchdringung von
Altem und Neuem vor sich gehen und eine