Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

DOI issue:
Heft 3
DOI article:
Rundschau
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0214

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
206

Monatshefte für Kunstwissenschaft

aber eigenhändig von ihm gemacht wurden,
das geht hervor aus der Fassung des Zahlungs-
vermerks für eine Halbtags-Arbeit eines Hand-
langers, „der mir half, eine Figur aufzubauen,
um sie in Scheerwoll-Erde auszuführen." (20. Mai
1524). Ein solcher Zahlungsvermerk wiederholt
sich mehrfach.
Herr Dr. Hoeber beschäftigte sich mit den
„idealen Zentralbauten des späten Quattrocento
und dem Stilo Lionardesco." Schon Burckhardt
habe auf die in Gemälden, Miniaturen usw.
dargestellten Baulichkeiten, als Quelle der Kennt-
nis des Baugeistes der Renaissance hingewiesen:
in ihnen seien ungehemmt auch solche Gedanken
verwirklicht worden, welchen die Ausführung
versagt war. Die Frage nach der Gestaltung
des kirchlichen Zentralbaues, war das architek-
tonische Hauptproblem des späten Quattrocento.
Auf bildlichen Vorstellungen der Zeit erscheint
er als Achteck- oder Rundbau, auf die Form
des Baptisteriums zurückgehend. Durch nie-
drige Kreuzarme mit Sattel- oder Zeltdach als
Vorlagen wird diese einfachste Form kompli-
ziert. Pinturicchio, Perugino, Rafael verwenden
diesen Typus.
Durch Lionardo und Bramante erfährt, wie
Geymüller dargetan hat, der Zentralbaugedanke
namentlich in Mailand Förderung. Der durch
eine übermäßige Differenzierung charakterisierte
Stilo Lionardesco ist nun die gemeinsame
Erscheinung der am Ende des Quattrocento auf
Bildwerken vorkommenden Zentralbauten, wie
der Vortragende an der Hand einiger solcher
Darstellungen nadiweist. — Herr Dr. Hoeber
konstatierte des weiteren, daß von dem Stoffe,
aus welchem das Kleid der Eleonora von To-
ledo auf dem bekannten Bilde des Bronzino
(Uffizien) gemacht ist, noch ein Stück im Museo
Nazionale zu Florenz (Sammlung Carrand 2402)
vorhanden sei. Durch jenes Bild ist das Jahr
1555 als spätestes Datum für den Stoff fest-
gelegt. Sein Herkunftsort dürfte Mailand sein.
Ein anderer dem erwähnten stilverwandter Stoff
aus der Sammlung Carrand komme auf dem
Bilde Cigolis in der Akademie zu Florenz (Nr.
286) als Dalmatica des hl. Stefanus vor.
Die Handzeichnungssammlung der Uffi-
zien hat im letzten Jahre einen bedeutsamen
Zuwachs aus dem Besitz des Barons von Gey-
müller erhalten. Es sind drei Bände von Zeich-
nungen, herstammend aus der berühmten Samm-
lung des Hauses Gaddi in Florenz, welche von
Geymüller aus dem Besitze der Grafen Bernar-
dino di Campello erworben und im Jahre 1907
den Uffizien für den geringen Preis von 10000
Lire überlassen wurden. Es handelt sich da-
bei um Blätter, die in der Wissenschaft nament-

lich durch die Studien ihres letzten Besitzers
von Wichtigkeit geworden sind. Der erste Band
enthält meist architektonische Zeichnungen von
Antonio da Sangallo dem Älteren und seinem
Neffen Francesco da Sangallo. Der zweite Band
birgt eine Serie sorgfältig ausgeführter Feder-
zeichnungen Vignolas. Im dritten Bande größ-
ten Formats sind Zeichnungen verschiedener
Meister, der Sangallo, Vascier, Cigolis usw.,
vereinigt. Besondere Wichtigkeit hat darin ein
Blatt, welches auf beiden Seiten Skizzen Bra-
mantes für die Kuppel von S. Pietro aufweist
und über welches Geymüller in seinem Werke
„Les projects primitifs pour la basilique de
Saint-Pierre de Rome" gehandelt hat. Endlich
haben eine Reihe von Blättern dieses Bandes
die Erkenntnis der Zeichnungen Fra Giscondos
außerordentlich gefördert.
Unter Leitung von Lamberto Loria und unter
Mithilfe von Privatleuten ist in Florenz ein
Museum für italienische Volkskunde
(Museo di Etnografia Italiana) in der
Bildung begriffen und soll demnächst dem Pu-
blikum geöffnet werden. Es wird sicherlich auch
für den Forscher im Gebiete der alten Kunst
des Landes Anregungen enthalten, denn eine
Fülle von Formen aus der Vergangenheit des
Landes hat sich im ländlichen Kunstgewerbe
erhalten. Als z. B. der römische Goldschmied
Castellani vor einer Reihe von Jahren Bauern-
sdimuck in den Provinzen des Landes sammelte
und ordnete, stellte sich heraus, daß in den
Formen dieses scheinbar nur von der weib-
lichen Eitelkeit bestimmten Schmuckwerks die
ganze Geschichte mancher Landesteile zur Sprache
kam. In Mittelitalien fand man gotische, longo-
bardische, byzantinische, selbst griechische und
römische und sogar etruskische Formen, in Si-
zilien byzantinische, normannische, arabische,
griechische. Mit Recht wird von den Männern,
welche das neue Unternehmen begründen, be-
tont, daß man sich mit der Sammlung der volks-
tümlichen landständigen Hervorbringungen be-
eilen müsse, da die Welle des europäischen
Industrialismus immer mehr davon hinwegspült.
Adolf Gottschewski.

LONDON .-.- -
Auf der Kandidatenliste für die
Ehre auswärtiger Mitgliedschaft der Royal Aca-
demy standen diesmal keine geringeren als
Rodin und Claude Monet. Ob ein Witzbold
unter den ehrwürdigen Herren Akademikern,
 
Annotationen