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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0568

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Monatshefte für Kunstwissenschaft

dem saßen wir noch bisweilen des Abends zu-
sammen, um uns über Literatur, Abbildungsma-
terial, Lichtbilder usw.zu besprechen. Wünschens-
wert wäre es gewesen, wenn öfter ein Tag
hätte ganz frei gelassen werden können; aber
meist drängte die Zeit.
Das Ministerium plant, in Zukunft Stipen-
diaten auf ein halbes Jahr in den Süden zu
beurlauben, mit den drei Zentren Athen, Rom
und Florenz. Gewiß werden die drei Institute
sich der Gäste nach Kräften annehmen. Die
Altphilologen werden natürlich zur antiken Welt
hindrängen. Hoffentlich kommt aber auch die Re-
naissance zu ihrem Recht. Ich habe einen starken
Eindruck davon empfangen, wie unmittelbar und
nachhaltig sie auch auf Unvorbereitete wirkt.
Es war ein Vergnügen, wie die Augen blitzten,
und ich grüße die Teilnehmer unserer Osterfahrt
mit dem herzlichen Dank, daß alle so willig die
Strapazen auf sich genommen und sich so ernst-
haft in die Sache hineingekniet haben.
Paul Schubring.

KLEINE NACHRICHTEN
Berlin, Das Märkische Museum ist nach zehn-
jähriger Bauzeit fertig gestellt und am 11. Juni offiziell
eröffnet worden. Ein wenig abseits des großen Verkehrs,
am Nordrande des Köllnischen Parkes gelegen, beherrscht
der schöne Bau von Hoffmann mit festem Turm und viel
gegliederten Baugerippen die Stadtgegend an der Ober-
spree; kein palastartiger Kasten, wie andere Museen,
sondern nach süddeutschem Beispiel eine freie Addition
harmonischer Gebäudeteile in den heimischen Formen.
Das Märkische Museum ist eine junge Schöpfung; Anfang
der siebziger Jahre legte Ernst Friedel den Grundstock zu
ihm, und doch hat es sich in den 30 Jahren seines Be-
stehens, bei kargen Mitteln, zu einer stattlichen und inte-
ressanten Sammlung ausgewachsen, die ein Bild der ge-
samten Kultur Berlins und seiner Mark gibt. Von den prä-
historischen Funden angefangen, gewährt es Einblick in die
Denkmale aller Kultur und Künste, bis zu Fontane hinauf,
die eigen wüchsig waren auf märkischem Boden; eine natur-
wissenschaftliche Sammlung gehört dabei ebenso zu seinem
Bestand wie die Bibliothek und die graphische Sammlung. S.
Eine neue Forschungsreise von Prof. Sarre im
Euphrat- und Tigrisgebiet. Der Kunsthistoriker Prof.
Dr. Friedrich Sarre ist, wie wir vernehmen, von einer
siebenmonatlichen Forschungsreise zurückgekehrt, die er
zum Studium orientalischer Kunst, spez. älterer islamischer
Baudenkmäler in Begleitung von Dr. Ernst Herzfeld im
Euphrat- und Tigrisgebiet unternommen hatte. Nach
kurzem Aufenthalt in Kleinasien, wo einige früher noch
nicht berührte seldschukische Bauwerke untersucht wurden,
traten die Reisenden Anfang November v. Js. von Aleppo
aus die Karawanenreise an, gingen im Euphrattal südlich
bis zur Einmündung des Chabur, dann diesen nördlichen
Nebenfluß aufwärts und über das Sindjargebirge nach
Mossul. Hier hielten sie sich längere Zeit auf und fuhren
dann auf einem Floß den Tigris hinab nach Bagdad, um
von dort aus verschiedene Ruinenstätten in Babylonien
zu besuchen. Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Reise
sind sehr reichhaltig und ergänzen die Resultate der
früheren Reisen von Prof. Sarre in Vorderasien und
Persien. Eine große Anzahl von wenig oder gar nicht be-
kannten Denkmälern der sassanidischen, byzantinischen
und islamischen Epoche wurden eingehend untersucht und
aufgenomm^n, so im Euphratgebiet Rusafa und Raqqa, am
Tigris Samarra und Ktesiphon. In Mossul erregten, abge-
sehen von den islamischen Bauten, die christlichen Kirchen
mittelalterlicher Zeit das besondere Interesse des Forschers.
Magdeburg. Im Domgymnasium, der ehemaligen
Klosterbibliothek, wurde von Prof. Thormählen der er-

staunliche Fund von über 2000 alten Druckwerken und
Handschriften gemacht, die zum großen Teil einen äußerst
seltenen und kostbaren Besitz darstellen; darunter vor-
zügliche Miniaturen aus dem 14. Jahrhundert.
Mühlheim a. Donau. In der St. Galluskirche sind
Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert aufgedeckt worden,
die in Stil an die Fresken des Dominikanerklosters zu
Konstanz erinnern. Im Chor ist das Leben Christi in
einem Cyklus dargestellt, im Chorbogen die klugen und
törichten Jungfrauen (im Zeitkostüm), auf dem Triumph-
bogen St. Georg mit dem Drachen kämpfend und St. Martin.
Hinter dem Seitenaltar der Evangelienseite wurde noch
St. Gallus mit seinen Bären, der Apostel des schwäbischen
Meeres, dargestellt gefunden.
Mailand. Die kleine, jedoch äußerst gewählte Samm-
lung des so apart eingerichteten Museum Poldi Pezzoli hat
sich durch Ankauf eines Bildchen (für 6000 Lire) von Cima
da Conegliano bereichert. Die Tafel stellt den Triumph von
Bacchus und Arianne dar, also ein sehr rares Stück, denn
von Profanmalereien kennen wir von Cima nur noch eine
in der Berliner Galerie: ein entzückendes Bildchen aus
der dritten Periode, uns zwei Fechtende mit Flötenbläsern
vorführend. Nebenbei gesagt, besitzt das Berliner Kupfer-
stichkabinet zwei Federzeichnungen des Meisters: Meer-
weib mitzwei Kindern; Meerweib mitzwei Meercentauren,
bei welchen Morellis Aussage: „Cima war unter allen
seinen Zeitgenossen der beste und sorgfältigste Zeichner
der Bellinischen Malerschule" zutrifft. Der junge Bacchus,
in dem neuerworbenen Bild, ist als Krieger gekleidet, das
Haupt mit Weinlaub bekränzt. Er ist sitzend auf einem
Karren dargestellt, vor welchen zwei Tiger gespannt sind.
Bacchus ist im Begriffe, seine geliebte Arianne, die knieend
sich vor ihm aufhält, zu bekränzen. Ihnen folgt eine Frau
mit einer Bütte voll Trauben, während vorn zwei Satyrn
abgebildet sind. Hintergrund, Landschaft mit Ausblick auf
Meer und Berge. — Auch die Brera-Galerie hat eine Tafel
des Lionardesken Cesare da Sesto (0,66x0,55) erworben.
Eine ziemlich hohe Summe von 12000 Lire wurde dafür
verwendet. Kniestück, in dreiviertel Ansicht ein hl.
Hieronymus, der halb nackt ein Kruzifix anbetet und beide
Hände an die Brust hält. Das Bildnis ist noch gut
erhalten. B,
Charkow. Im Alter von 45 Jahren starb Jegor Rje-
din, ein Schüler Kondakoff's, der seit mehreren Jahren
die Professur für Kunstgeschichte an der Universität Char-
kow inne hatte. Seine kunstwissenschaftlichen Arbeiten
befaßten sich in erster Reihe mit den Fresken und Mosa-
iken in der Sophienkirche zu Kiew, den byzantinischen
Miniaturen in italienischen Bibliotheken, syrischen Hand-
schriften in Bristish Museum und der Pariser Bibliotheque
Nationale, altrussischer Kirchenkunst usw. P. E.
St. Petersburg. Die Kaiserl. Akademie der Wissen-
schaften hat beschlossen, alles nötige bei den betreffenden
Behörden zu veranlassen, um die zum Verkauf gelangen-
den, reichen ägyptologischen Sammlungen von
W. S. Golinischtschew Rußland zu erhalten. Der Be-
sitzer schätzt dieselben auf circa 400 000 Rubel, und für
Rußland bietet sich hiermit eine nicht so bald wieder-
kehrende Gelegenheit, in den Besitz einer systematisch
angelegten ägyptischen Sammlung zu gelangen. Am reich-
haltigsten ist in der Golinischtsdiew'schen Sammlung das
Ägypten der Pharaonen vertreten. Aus der griechisch-rö-
mischen Epoche lenken hauptsächlich circa 20 wohlerhaltene
Porträts in Wachsfarben aus Fayum, sowie ebensolche in
Aquarell auf Leinwand die Aufmerksamkeit auf sich. Sehr
zahlreich ist die Kollektion an kunstgewerblichen Gegen-
ständen aus allen Epochen und ganz unvergleichlich die
Sammlung von Papyri, ebenfalls aus allen Epochen, und
von koptischen Handschriften. P. E.
St. Petersburg. Die Redaktion der Petersburger
Kunstzeitschrift „Staryje Gody" bereitet für November und
Dezember laufenden Jahres in den Sälen der „Gesellschaft
zur Förderung der Kunst" eine Ausstellung alter
Malerei vor, welche den Zeitraum vom Quattrocento
bis zu den letzten Ausläufen der Davidschule umfassen
soll. Zur Ausstellung sollen in erster Reihe die Schätze
der privaten, recht zahlreichen Petersburger Sammlungen
sowie der schwer zugänglichen Gemäldegalerien in ver-
schiedenen Palästen der Mitglieder des kaiserlichen Hauses
gelangen. Von speziell russischer Malerei wird nur die
Periode von Peter dem Großen bis zu Nikolaus L in Be-
tracht gezogen, wobei jedoch Bilder, welche auf der letzten
großen Portraitausstellung in Petersburg figurierten, aus-
geschlossen sind. Hauptleiter der Ausstellung ist der
Kunsthistoriker Baron Nicolai Wrangel. P. E.
 
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