Der Kunstsammler
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verlegt worden sind, um den Auktionsbesuchern
das sogenannte „weekend" für Landpartien
freizulassen. Das kann auf die Dauer doch gar
nicht ohne und zwar günstige Folgen bleiben;
eine „Rückkehr zur Natur", d.h. zur Liebe für
eine natürlichere und kräftigere Kunst sollte
sich zeigen — ob das der Fall sein wird? —.
Eigentlich nur zwei Ölbildervon einiger Bedeutung
und einige interessante Aquarelle, alle englischer
Abkunft, bilden das Gesamtergebnis: ein Bild
des robusten, jetzt 70jährigen Schotten John
Pettie: „The Chieftain's Candiesticks" (261 % ^)
und G. Masons, F. Walkers Seelenbruders,
„Wind on the Wold" (241% ^)- Am gleichen
Tage (13. April) brachte ein Aquarell „Ver-
kündigung" von Burne Jones (^ 141.15.0), eine
kleine Federzeichnung desselben Meisters, „Going
to the Battle" (^ 110.5.0), recht gute Preise. Von
David Cox, dem Vielmaler der wie Wordsworth,
der Dichter, nur zeitweise inspiriert war, wurden
wiederum viele unterschiedliche Werke angebo-
ten. Einige ergaben ziemlich hohe Preise am
l.Mai, darunter „Crossing the Sands" (f 183.15.0),
„Blackberry Gathering" (^115.10.0) usw. Messrs.
Agnew, die „Aquarellfirma", kauften wieder
eine größere Zahl seiner Werke, und auch
solche anderer Meister; so „Snowdon from
Capel Curig" von Copley Fielding für 315f
und andere Stücke desselben Künstlers; ferner
„Stacking Hay" von P. de Wint für 210 £ Am
gleichen Tage ging ein kleines Bildchen Turners,
„Luzern," dem auch die Zeit schon etwas an-
gehabt hat, um 300 £ in den Besitz Mr. Vicars
über. Ein kleiner Millais, der aussah wie ein
Original zu seinen öfteren Buchillustrationen,
„A Girl at a Window", ein sympathisches Stück,
brachte es nur auf 16 gs. Eine ganze Reihe
von Auktionen bei Christies enthielten nicht ein
einziges der Erwähnung wertes Stück. Am
25. April standen unter einer Fülle nebensäch-
licher Bilder einige vorzügliche Tierstudien
A. Mauves zum Verkauf. Wie gern aber dessen
vollendete Bilder hier auch gewöhnlich genom-
men werden, diese ehrlichen, dabei so frischen
und sicheren Studien sagten nicht zu, sie waren
wohl „zu natürlich". Mit Posaunen und Pauken
war der Verkauf einer Privatgalerie des Mr.
Gooch im Westend Londons für 5. und 6. Mai
angezeigt worden. In allen Kunstzeitschriften,
sowie in anderen Journalen und Zeitungen stan-
den verlockende Anzeigen. Vielleicht hatte man
auch ausländische Käufer heranzulocken gesucht.
Es war schon auffallend, daß die Auktion nicht
bei Christies stattfand, sondern von Auktionären,
deren Spezialität sonst nicht die Kunst ist, in
den Galerieräumen selber vorgenommen wurde.
Als man aber dann „die Kollektion seltener
alter Meister, über 250 große Meisterwerke und
wahre Juwelen von Kabinettstücken" umfassend
(so der pro Stück um 1.50 verkaufte Katalog),
ansah, da begriff man, daß der Besitzer dieser
Galerie einen Privatverkauf vorgezogen hatte.
„Die Kollektion ist reich an brillianten Werken
Rembrandts" stand u. a. in den Anzeigen. Von
den Rembrandt zugeschriebenen Werken hat
dieser keines jemals gesehen, und das gleiche
ist der Fall mit den sog. Velasquez, Titian,
Hals, de Hoodi usw. Entweder liegt hier eine
fast unglaubliche Naivität und Selbsttäuschung,
oder wahrscheinlicher ein schlauer Versuch vor,
unwissenden Käufern minderwertige Bilder unter
lockenden Aushängeschildern anzuhängen. Es
war dafür bezeichnend, daß sich eine Fülle ganz
offenkundiger Grünhörner eingefunden hatte,
die wohl hofften, billig zu einem Meisterwerk
so bei Gelegenheit zu kommen. Vor solchen
Verkäufen kann nicht oft genug gewarnt wer-
den, immer wieder werden sie in London (und
wohl auch anderswo) versucht. Kenner werden
ja nicht getäuscht, vielleicht aber zu unnützen
Bemühungen veranlaßt, was schon peinlich ge-
nug ist. — Größere Ergebnisse sind auf dem
Schwarzweiß-Gebiete zu verzeichnen. Da gab
es vor allem am 1. Mai einen großen Rembrandt-
tag bei Sotheby. Nicht weniger als 44 Ra-
dierungen des Meisters, meist gut erhalten,
kamen unter den Hammer, und doch bilden sie
nur den Abfall sozusagen einer der großartigsten
Rembrandtsammlungen hierzulande, wie Ein-
geweihte versichern. Unter diesen 44 Stücken
befand sich eine Landschaft mit den drei Bäumen,
die zwar nicht dem vorjährigen frühen Abdruck
im Lawsonverkauf (620 £) sich vergleichen konnte,
doch aber ein ganz vorzügliches Exemplar war
und billig genug um 345 ^ von Messrs. Obach er-
standen wurde. Ein Exemplar des „Hundert-
guldenblattes", das einst dem Bürgermeister
Six gehört hatte, brachte 140 £ (Colnaghi);
Rembrandts Mutter 60 £ (Gutekunst); Dr.Faustus
65 £ (Keppel); Bürgermeister Six 140 ^ (Obach);
Landschaft mit Hütte und Heuschober 111 £
(Mathey); Rembrandt, sich an eine Steinschwelle
lehnend, 300 £ (Daulos); John Cornelius Sylvius
300^(Obach); Rembrandt zeichnend 225 £ (Obach);
Porträt des „großen Coppenol" 225 £ (Colnaghi)
usw. Diese Blätter zusammen mit einigen we-
nigen von Martin Schongauer (darunter „Engel
der Verkündigung", 120 £, Gutekunst); Lucas
van Leyden; dem seltenen Meister mit dem
caduceus („Heilige Catherina, Schwert und Palme
haltend", 95^ und „Judith mit dem Kopf des
Holofernes", 100 ^, beide Daulos); einer Reihe
Hogarths usw., und einer größeren Anzahl Ita-
liener (Antonio Pollajuolo: „Kampf der Gladia-
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verlegt worden sind, um den Auktionsbesuchern
das sogenannte „weekend" für Landpartien
freizulassen. Das kann auf die Dauer doch gar
nicht ohne und zwar günstige Folgen bleiben;
eine „Rückkehr zur Natur", d.h. zur Liebe für
eine natürlichere und kräftigere Kunst sollte
sich zeigen — ob das der Fall sein wird? —.
Eigentlich nur zwei Ölbildervon einiger Bedeutung
und einige interessante Aquarelle, alle englischer
Abkunft, bilden das Gesamtergebnis: ein Bild
des robusten, jetzt 70jährigen Schotten John
Pettie: „The Chieftain's Candiesticks" (261 % ^)
und G. Masons, F. Walkers Seelenbruders,
„Wind on the Wold" (241% ^)- Am gleichen
Tage (13. April) brachte ein Aquarell „Ver-
kündigung" von Burne Jones (^ 141.15.0), eine
kleine Federzeichnung desselben Meisters, „Going
to the Battle" (^ 110.5.0), recht gute Preise. Von
David Cox, dem Vielmaler der wie Wordsworth,
der Dichter, nur zeitweise inspiriert war, wurden
wiederum viele unterschiedliche Werke angebo-
ten. Einige ergaben ziemlich hohe Preise am
l.Mai, darunter „Crossing the Sands" (f 183.15.0),
„Blackberry Gathering" (^115.10.0) usw. Messrs.
Agnew, die „Aquarellfirma", kauften wieder
eine größere Zahl seiner Werke, und auch
solche anderer Meister; so „Snowdon from
Capel Curig" von Copley Fielding für 315f
und andere Stücke desselben Künstlers; ferner
„Stacking Hay" von P. de Wint für 210 £ Am
gleichen Tage ging ein kleines Bildchen Turners,
„Luzern," dem auch die Zeit schon etwas an-
gehabt hat, um 300 £ in den Besitz Mr. Vicars
über. Ein kleiner Millais, der aussah wie ein
Original zu seinen öfteren Buchillustrationen,
„A Girl at a Window", ein sympathisches Stück,
brachte es nur auf 16 gs. Eine ganze Reihe
von Auktionen bei Christies enthielten nicht ein
einziges der Erwähnung wertes Stück. Am
25. April standen unter einer Fülle nebensäch-
licher Bilder einige vorzügliche Tierstudien
A. Mauves zum Verkauf. Wie gern aber dessen
vollendete Bilder hier auch gewöhnlich genom-
men werden, diese ehrlichen, dabei so frischen
und sicheren Studien sagten nicht zu, sie waren
wohl „zu natürlich". Mit Posaunen und Pauken
war der Verkauf einer Privatgalerie des Mr.
Gooch im Westend Londons für 5. und 6. Mai
angezeigt worden. In allen Kunstzeitschriften,
sowie in anderen Journalen und Zeitungen stan-
den verlockende Anzeigen. Vielleicht hatte man
auch ausländische Käufer heranzulocken gesucht.
Es war schon auffallend, daß die Auktion nicht
bei Christies stattfand, sondern von Auktionären,
deren Spezialität sonst nicht die Kunst ist, in
den Galerieräumen selber vorgenommen wurde.
Als man aber dann „die Kollektion seltener
alter Meister, über 250 große Meisterwerke und
wahre Juwelen von Kabinettstücken" umfassend
(so der pro Stück um 1.50 verkaufte Katalog),
ansah, da begriff man, daß der Besitzer dieser
Galerie einen Privatverkauf vorgezogen hatte.
„Die Kollektion ist reich an brillianten Werken
Rembrandts" stand u. a. in den Anzeigen. Von
den Rembrandt zugeschriebenen Werken hat
dieser keines jemals gesehen, und das gleiche
ist der Fall mit den sog. Velasquez, Titian,
Hals, de Hoodi usw. Entweder liegt hier eine
fast unglaubliche Naivität und Selbsttäuschung,
oder wahrscheinlicher ein schlauer Versuch vor,
unwissenden Käufern minderwertige Bilder unter
lockenden Aushängeschildern anzuhängen. Es
war dafür bezeichnend, daß sich eine Fülle ganz
offenkundiger Grünhörner eingefunden hatte,
die wohl hofften, billig zu einem Meisterwerk
so bei Gelegenheit zu kommen. Vor solchen
Verkäufen kann nicht oft genug gewarnt wer-
den, immer wieder werden sie in London (und
wohl auch anderswo) versucht. Kenner werden
ja nicht getäuscht, vielleicht aber zu unnützen
Bemühungen veranlaßt, was schon peinlich ge-
nug ist. — Größere Ergebnisse sind auf dem
Schwarzweiß-Gebiete zu verzeichnen. Da gab
es vor allem am 1. Mai einen großen Rembrandt-
tag bei Sotheby. Nicht weniger als 44 Ra-
dierungen des Meisters, meist gut erhalten,
kamen unter den Hammer, und doch bilden sie
nur den Abfall sozusagen einer der großartigsten
Rembrandtsammlungen hierzulande, wie Ein-
geweihte versichern. Unter diesen 44 Stücken
befand sich eine Landschaft mit den drei Bäumen,
die zwar nicht dem vorjährigen frühen Abdruck
im Lawsonverkauf (620 £) sich vergleichen konnte,
doch aber ein ganz vorzügliches Exemplar war
und billig genug um 345 ^ von Messrs. Obach er-
standen wurde. Ein Exemplar des „Hundert-
guldenblattes", das einst dem Bürgermeister
Six gehört hatte, brachte 140 £ (Colnaghi);
Rembrandts Mutter 60 £ (Gutekunst); Dr.Faustus
65 £ (Keppel); Bürgermeister Six 140 ^ (Obach);
Landschaft mit Hütte und Heuschober 111 £
(Mathey); Rembrandt, sich an eine Steinschwelle
lehnend, 300 £ (Daulos); John Cornelius Sylvius
300^(Obach); Rembrandt zeichnend 225 £ (Obach);
Porträt des „großen Coppenol" 225 £ (Colnaghi)
usw. Diese Blätter zusammen mit einigen we-
nigen von Martin Schongauer (darunter „Engel
der Verkündigung", 120 £, Gutekunst); Lucas
van Leyden; dem seltenen Meister mit dem
caduceus („Heilige Catherina, Schwert und Palme
haltend", 95^ und „Judith mit dem Kopf des
Holofernes", 100 ^, beide Daulos); einer Reihe
Hogarths usw., und einer größeren Anzahl Ita-
liener (Antonio Pollajuolo: „Kampf der Gladia-