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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 1/2
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0110

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Monatshefte für Kunstwissenschaft

weil nur durch ihn Begeisterung möglich, und
nicht dem Geschwätz des Laien in der bilden-
den Kunst, Leute, die nie imstande waren,
irgend etwas zu schaffen, sondern mit Frech-
heit das von anderen Geschaffene mit ihrer
albernen, in jeder Zeile sich widersprechenden
Kritik besudeln. Die französischen Künstler
sind nicht durch die Journalistik auf diesen
Höhepunkt gelangt, sondern allein durch ihr
Genie." —u—
AGORA.
In der übrigens durchaus unbefangenen und
meine sicheren Ergebnisse freundlich anerken-
nenden und hervorhebenden Besprechung,
welche P. M. Halm meiner Studie über die
Altartafel in Stams (erschienen in der Ferdi-
nandiums-Zeitschrift von 1906) in den „Monats-
heften" vorigen Jahres, p. 162, hat angedeihen
lassen, ist ihm verzeihlicherweise entgangen,
daß ich auf S. 391 das Freskobild der Krönung
Marias im Chor der Pfarrkirche von Terlan aus-
drücklich als der nordischen (französisch-deut- .
sehen) Ikonographie sich anschließend bezeichnet
habe, wie ich denn auch in meinem Vortrag am
Internationalen Kongreß zu Innsbruck 1902 (Offi-
zieller Bericht S. 61) in demselben Sinne mich
folgendermaßen geäußert habe:
„Noch mehr deutsche Auffassung zeigt sich,
soweit noch ersichtlich, an den von mehreren
anderen Händen im Chor derselben Kirche aus-
geführten Fresken."
Trotzdem bemerkt P. M. H. aus Anlaß
meiner ikonographischen Erörterungen über die
Darstellungen der Krönung Marias: „gerade
deshalb (weil ich in der Stamser Krönung ein
italienisches Vorbild nachgewiesen habe) wäre
es von großem Interesse gewesen, auch süd-
tirolische Darstellungen desselben Stoffes mit
deutschem Gepräge ohne italienische Anleihen,
z. B. die ungefähr gleichzeitige Krönung Marias
im Chor von Terlan, zum Vergleich heran-
zuziehen." Zugleich verweist P. M. H. auf
H. Braunes Schrift „Die kirchliche Wandmalerei
Bozens um 1400" S. 71, wo dieser ebenfalls
diese Krönung Marias bespricht und als deutsch
bezeichnet.
Da ich unabhängig von B. und auch vor ihm
dieselbe Ansicht vertreten habe, so hat sich
P. M. H. mit obiger Äußerung, wie ersichtlich,
geirrt. — Ebenso hat sich, beiläufig bemerkt,
auch Braune geirrt, wenn er die Kompositionen
im Chor von Terlan als „flächenhaft, ohne den
mindesten Versuch einer Raumgestaltung" be-
zeichnet, eine Behauptung, die am schlagendsten

durch die von ihm auf Tafel XIII veröffentlichte
Krönung Marias in Terlan widerlegt wird.
Hans Semper.

REVUE DER ZEITSCHRIFTEN
Albrecht Dürers Tafelgemälde „Barmherzigkeit"
1523. (Fr. Schneider. Mainzer Ztsdir. II.) Nachricht über ein
schon im 17.Jhrh. verschollenes Tafelbild Dürers, eines Ecce
homo von 1523, im Dom zu Mainz, von dem sich nur eine
Vorstudie Dürers in der Kunsthalle zu Bremen und ein großer
Kupferstich des Caspar Dooms von 1659 erhalten hat.
Über einige Werke der Salzburger Buchmalerei
des XI. Jahrhunderts. (P. Buberl. Jahrb. d.K.K. Zentral-
kommission 2. 1907). Swarzenskis Forschungen über die
süddeutschen Miniaturisten werden dahin ergänzt, daß
schon im Anfänge des 11. Jahrhunderts eine stark byzan-
tinisierende Buchmalerei in Salzburg einsetzte (Münchner
Perikopenbuch, Cim. 179), und daß dieser Stil in der
zweiten Hälfte des 11. Jahrh. seinen Meister in dem Kustos
Berthold fand. Diesen macht B. nämlich zum Vertreter
einer besonderen Salzburger Schule und teilt ihm selber
außer dem (von Swarzenski publizierten) Perikopenbudi
in S. Peter noch ein (bisher unbekanntes) Evangeliar in
Stift Admont, seiner Schule aber das Evangeliar kod. 805
in der Universitätsbibl.othek in Graz zu.
Un Raphael meconnu au Musee Poldi-Pezzoli
de Milan? (E. Durand-Greville. Rassegna d'arte 11).
Die bisher Perugino zugeschriebene kleine Madonna mit
2 Engeln im Museum Poldi-Pezzoli weist Durand-Greville
in der Ausführung (jedoch nach einer Zeichnung Peruginos)
dem 15jährigen Raffael zu; und er kommt, nadi eingehen-
den Untersuchungen der strittigen Werke von 1498—1502,
überhaupt zu dem, wie es scheint, überzeugenden Schlüsse:
da es in den Alterswerken Peruginos von 1498 an zwei scharf
geschiedene Gruppen gebe, sei die eine von ihnen auf den
jugendlichen Raffael zurückzuführen, nämlich die Bilder,
welche in der Behandlung der Landschaft und der Figuren
eine schärfere, weniger von Manier getrübte Natur-
beobachtung und eine klarere Technik aufwiesen. Raffael
habe diese Stücke offenbar nach Vorzeichnungen des
Meisters ausgeführt; Peruginos Madonna in der Glorie
von 1498, in Perugia, sei nach der des Poldi-Pezzoli der
erste bedeutsame Beweis seines Könnens.
Les origines populaires de l'art. (E. Pottier. Gaz.
d. beaux-arts 606.) Die Kunst ist nicht Lüge, nicht Luxus,
sondern der Niederschlag des intensivsten Lebens: von
der prähistorischen und der Kunst der Wilden ausgehend,
die immer dem Aberglauben dient (Tierzeichnungen für
gedeihliche Jagd, Tätowierung, um sich magische Kräfte
zu verschaffen, Amulette usw.), bis zur heutigen Mode,
die ein barbarisches Überbleibsel aus der Zeit der Kleider-
ordnungen nach Kasten ist, bewahrheitet sich der Nütz-
lichkeitscharakter der Kunst; er dringt kraftvoll
wieder hervor in der neuen angewandten Kunst.
Etudes sur le Greco. (P. Lafond. Gaz. d. b.-arts606.)
In der Kapelle des Hospitals de Afuera zu Toledo, einer
Schöpfung des Kardinals Don Juan Tavera: mehrere Bilder,
darunter ein Porträt des Kardinals und eine seltsame
Taufe Christi, sowie der Hochaltar, der ganz architek-
tonisch gehalten und mit Marmorstatuen besetzt ist, von
Theotokopolis Hand, der also auch plastisch und archi-
tektonisch tätig war.
Notes 01 1some italian medals. (M. Rosenheim
and G. F. Hill. Burl. Magazine 57.) 1. Der Medaillist
A. A. ist nicht Ant. Abbondio, der Schüler L. Leonis;
5 Medaillen dieses Unbekannten werden publiziert. 2. Me-
daillen Niccolo III. von Este geschnitten von Amadeo da
Milano. 3. Verschiedene Medaillenporträts und Medailleure
der Renaissance.
La collection de M. Gustave Dreyfus. (P. Vitry.
Les arts 72). Vitry bespricht eingehend und auf Grund
der neuesten Zuteilungen die glänzende Sammlung von
Quattrocentro-Plastiken im Besitze von Dreyfus; haupt-
sächlich aus der Florentiner Schule (Donatello, Verrocdiio
und ihre Nachfo'ger); Laurana; Mailänder, Venezianer u.a.
norditalienische Schulen; zuletzt die zwei (neuerdings durch
Vöge bekannter gewordenen) Büsten von Konrad Meit.
Ausgezeichnete Abbildungen.
 
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