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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 3
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Studien und Forschungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0202

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194

Monatshefte für Kunstwissenschaft

der „Apelles-Ver-
leumdung" (B. 10)
bekanntlich eine
im Gegensinn ge-
treue Abbildung
des Colleonidenk-
mals und der Kir-
che SS. Giovanni
e Paolo in Vene-
dig, in der ja
der Künstler ein
großesGlasfenster
schuf.1)
Von humanisti-
schen Neigungen
gibt dann dasBlatt
mit der ruhenden
Nymphe Kunde
(B. 11). Aber es
ist kein gläubiger,
begeisterter Klas-
sizismus, sondern
ein satirischer, mit
obszöner Fär-
bung. DieDeutung
des Blattes ist nicht
ganz gesichert. Am
nächsten wird der
Sache wohl die
Erklärung kom-
men, die Galichon
in der Gazette de


GIROLAMO MOCETTO: B. 10.
Die Verleumdung des Apelles

stimmtheit, denn
die Buchstaben,
die im wesent-
lichen die Charak-
tere griechischer
Dokumente inVer-
bindung mit
Schnörkelungen
karolingischer
Kaiserurkunden
reproduzieren,
sind willkürlich
und spielerisch or-
namental gestal-
tet. Aber das
merkwürdige Ge-
bilde, das Renou-
vier für ein t in
dem prädentierten
Worte sat nimmt,
hat — soviel kann
man sagen — mit
einem t gar keine
Ähnlichkeit, weder
mit einem lateini-
schen, noch grie-
chischen, auch
nicht in der Ver-
schnörkelung.Viel-
mehr ist es ein
griechisches Sig-
ma, nur im Gegen-

Beaux Arts (1859, p. 330) gab und die Passa-
vant (V, 137) zitiert — Amymone mit Poseidon,
der die schöne Danaide vor der unzüchtigen
Gier des Satyrs retten wird. Man hat aber
Ursache anzunehmen, daß die innere Anteil-
nahme des Künstlers auf Seiten des Satyrs
war. Die rätselvolle Inschrift, die nach Renouvier
zu lesen ist: „sepe eadem anas te jam sat parit"
scheint mir einen Hinweis für das Vorwiegen
des obszönen Gedankens zu enthalten. Paläo-
graphisch beweisen läßt sich das zwar nicht mit Be-

9 Die Zeichnung mit der Menschen-Gruppe dieser
Verleumdungsszene (reproduziert in „Dürer-Society 111,18,
mit Text von Campbell Dodgson) wird dem Mantegna
zugeschrieben, doch hat Kristeller sie nicht in die Liste
seiner Mantegnazeichnungen aufgenommen. Daß sie für
eine graphische Arbeit bestimmt war, geht vielleicht aus
dem Umstande hervor, das der Zug der Figuren in der
Schilderung bei Lukian, die als literarisches Vorbild ge-
dient hat, nach redits geht, während er sich auf der
Zeichnung nach links bewegt. Der Zeichner hat sie also
im Gegensinn zu Lukians Schilderung entworfen, sodaß
sie nachher, beim Druck, richtig erschienen wäre. Mocetto
hat diesen Umstand aber nicht bedacht und die Szene
seinerseits umgezeichnet. Die Zeichnung ist nicht nach
dem Stich entstanden; das beweisen abgesehen von allem
Anderen, schon die Beischriften, die von Mocetto falsch
gelesen wurden. (S. Förster. Jahrb. d. preuß. Kunst-
sammlg. VIII. S. 46/47.)

sinn erscheinend. Ich möchte vermutungs-
weise die Lesung vorschlagen: „sepe eadem anas
tettaras pascit". Dann steht allerdings ein griechi-
sches Wort zwischen lauter lateinischen, aber
bei dem spielerischen Charakter der ganzen In-
schrift, in der auch griechische und lateinische
Buchstaben durcheinandergehen, hat diese Ver-
mutung kaum etwas Ungeheuerliches, zumal da
ja doch die ganze Inschrift sichtlich mehr zur
Verwirrung als zur Erklärung angebracht ist,
wie der komische, prüfende Blick des lesenden
Frosches genugsam beweisen mag. Dann gibt
die Beischrift wenigstens einen plausiblen Sinn —
das „tettaras" bezieht sich auf die vier dar-
gestellten männlichen Wesen, before and after.
Es ist nicht nötig, die Situation der einzelnen
auszudeuten — die Geste des Satyrs z. B., dem
die Flöten gereicht werden, spricht deutlich. Die
Ente, „anas", hatte im Altertum eine aphrodisi-
sche Bedeutung; oft wird das Wort synonym
verwendet mit „Gans", und die Zusammenfügung
von wirklichen Enten mit einer ruhendenNymphe,
auf die sich die Inschrift bezieht, ist in diesem
Zusammenhänge gewiß bedeutungsvoll. Bis ins
Letzte geklärt sind die Beziehungen allerdings
 
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