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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 5
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Studien und Forschungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0447

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Studien und Forschungen

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dessen alter Aufgang tatsächlich diese Richtung
nimmt.
Nach der Südseite zu bildete die „Puerta
Siele Suelos" (Bäb Algodor) vermutlich das äl-
teste Eingangstor zu der Alhambrastadt; die
Tradition, daß sie nach der Kapitulation auf
Boabdils Wunsch für alle Zeiten geschlossen
wurde, scheint nicht Sage zu sein, denn in den
„Civitates orbis terrarum" (von Braun undHogen-
berg, Köln 1582) wird sie von Hufnagel als
„Porta castri Granatensis semper clausa" abge-
bildet.
Zwischen ihr und der später errichteten
„Puerta de la Justicia" (Bäb esch-Scharä) könnte
an Stelle der modernen „Puerta del Carril" das
„Bäb Yaküb" gelegen haben, falls dieses — von
dem wir nur den Namen kennen — nicht etwa
bei der „Torre del Agua", als Ausgang zu dem
problematischen Palaste der „Alischaren", zu
suchen wäre.
Seit Yussuf I. bildete das Gesetzestor den
nächsten Aufgang von der Stadt her. Nachdem
man es durchschritten hatte, gelangte man vor
die nunmehr spurlos verschwundene „Puerta
Real", mit welcher die „Puerta del Vino" einen
Winkel bildete, dessen Schenkel als Mauern auf
der einen Seite nach der Kassbä, auf der an-
deren nach dem Palaste führten. Rafael Con-
treras glaubte, die „Puerta del Vino" zu der
Burg selbst ziehen zu müssen und setzte sie
deshalb entschieden etwas zu früh an; mit mehr
Wahrscheinlichkeit hat man vermutet, daß sie
das Westtor der Alhambrastadt bildete und
so die Bevölkerung gegen die Königliche Resi-
denz abschloß, zu der man offenbar durch ein
weiteres Tor von dem Platze von der Burg
aus eintrat. Leider fehlen gerade dort, wo
jetzt der Palast Karls V. steht, wichtige Teile
des alten Schloßes — man hat sie die Winter-
wohnung der maurischen Könige genannt — ,
und es wäre im höchsten Grade wünschens-
wert, daß endlich die vielen Alhambradoku-
mente, die in spanischen Archiven zerstreut
sind, publiziert würden, um uns über diese kom-
plizierte Baugeschichte einigermaßen zu orien-
tiere"' Ernst Kühnel.

ÜBER DIE BEHANDLUNG DER LOM-
BARDISCHEN KUNST IN B. BEREN-
SONS „NORTH ITALIAN PAINTERS
□ OF THE RENAISSANCE". □
Von Wilhelm Suida.
Mit Studien über lombardische Kunst seit
Jahren beschäftigt ging ich mit Neugierde an

dieLektüre des neu erschienenen BudiesB.Beren-
sons „North Italian painters of the Renaissance".
In diesem Bande sind Lombarden, Piemontesen,
Ferraresen und Bolognesen enthalten, dazu von
den Brescianern, Bergamasken, Veronesen,
Vicentinern diejenigen, welche Berenson nicht
schon den Venezianern beigezählt hatte. Ein
Konglomerat von Essays haben wir streng ge-
nommen vor uns.
Nur von den Lombarden und den Grundlagen
der lombardischen Kunst soll im folgenden die
Rede sein. Sowohl die Gesamtcharakteristik
derselben als die Abgrenzung des Wirkens der
einzelnen Persönlichkeiten scheint mir bei Beren-
son auf äußerst oberflächlicher Auffassung und
sehr flüchtiger Bekanntschaft mit dem Gegen-
stände zu beruhen.
Vor Altichiero findet B. in Oberitalien keine
Malereien von allgemeinem Interesse. Die von
mir in der Rassegna d'Arte publizierten Fresken
des Giovanni da Milano, sowie auch die von
Schlosser publizierten Werke des Tomaso da
Modena, deren beider Stil geradezu Voraus-
setzung für den der späteren Veronesen war,
wären zum mindesten zu erwähnen gewesen.
Die Kunst Pisanellos dient zum Ausgangspunkte
für eine Reihe von Erörterungen über den
Unterschied der norditalischen von der floren-
tinischen Kunst des Quattrocento. Es darf ja
nicht so sehr wundernehmen, wenn die von
Vasari bis Burkhardt vertretene Ansicht der
Superiorität der Toskaner auch hier verfochten
wird. Daß B. aber durch philosophische Floskeln
eine tiefere Begründung und eine absolute
Giltigkeit seiner Ansicht zu verschaffen strebt,
beweist, daß es sich bei ihm nicht um eine
naive, rein künstlerische und daher individuell
berechtigte Auffassung wie beispielsweise bei
Burckhardt handelt. Seitdem er dies schrieb,
ging das allgemeine Bestreben aber darauf,
die speziellen Gesetze der künstlerischen Ent-
wicklung in den übrigen Landschaften Italiens
zu erforschen. B. kommt mit seinen engen, nur
aus der florentinischen Kunst abstrahierten
Definitionen um ein Menschenalter zu spät.
Wie es mit Bs. Auffassung der Kunst Man-
tegnas bestellt sei, das überlasse ich dem Leser
zu beurteilen. B. findet bei ihm wenig christ-
liche Empfindung (! !), sagt, der Humanist habe
den Künstler ertötet und dergleichen mehr. Er
bedauert Mantegna, so sehr vom rechten Wege
abgeirrt zu sein. Gewiß wird es aber auch nach
Herrn Berensons scharfer Kritik noch Menschen
geben, die sich an Mantegnas Werken, so wie
sie sind, freuen und die der Ansicht sind,
daß bei der Geschichtsschreibung das Besser-
wissen, das müßige Korrigieren von historischen
 
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