Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

DOI issue:
Heft 5
DOI article:
Der Kunstsammler
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0505

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Der Kunstsammler

497

Sehr reichhaltig (drei Kataloge mit insgesamt
1535 Nummern) war die Kollektion von Stichen
und Handzeichnungen aus den Sammlungen H.
L. Rompel (Haarlem), A. L. Nijland (Utrecht)
u. A., die bei R. W. P. de Vries an den gleichen
Tagen (13.—15.) wie die eben besprochene Auk-
tion unter den Hammer kam. Die Hauptattrak-
tionen bildeten zwei Zeichnungen von Rem-
brandt. Erstens Nr.272, ein Studienblatt eines nach
links gewandten alten Orientalen in Feder mit
Lasuren. Die Zeichnung macht zunächst einen
sehr guten Eindruck. Die Figur ist hübsch be-
leuchtet und das Ganze von gewisser bildmäßiger
Wirkung. Gerade hieran nimmt aber vielleicht
ein etwas skeptischer Betrachter Anstoß, und
über die unsicher gezeichneten Hände wird
er gewiß nicht ohne weiteres hinwegsehen.
Ich selber halte mich hier zu den Zweiflern.
Indessen möge jeder sich sein eigenes Urteil an
der Hand der guten Abbildung im Kataloge
bilden. Die zweite, kühn und flott mit kräf-
tigen Federstrichen hingeworfene Zeichnung, die
die Entdeckung des Fehltrittes der Kallisto dar-
stellt, blendet auf den ersten Blick ganz außer-
ordentlich. Sicherlich wird das Blatt von vielen
als trefflicher Rembrandt angesprochen werden.
(Es kam erst nachträglich hinzu und ist im Ka-
talog nicht verzeichnet). Außer den zahlreichen
Handzeichnungen von holländischen Meistern,
wie Asselijn, Backhuysen, N. Berchem,
Bramer, J.Buys, A.Cuyp, C.Dusart, J.Es-
selens, van Goyen, Ph. Koninck, Paulus
Potter (?), A.Pynacker, P. Quast, R. Rogh-
man, J. Ruisdael, R.Savery, A.Waterloo,
Ph. Wouwermans u. v. a. waren auch zwei
Skizzenblätter von A. v. Dyck da. Und ferner
unter all den Arbeiten nordländischer Künstler
zwei Zeichnungen, die unter dem ihnen ge-
gebenen Namen Raffael, keine besonders gute
Figur machten.
Das Hauptereignis des Monats April bil-
dete, wie vorauszusehen war, die große Auk-
tion bei Fred. Müller & Co. (Sammlung
Hoogendijk, II. Teil u. A.) am 28. und 29.
Die schönen Ausstellungsräume dieser Firma,
die besonders in den oberen Sälen durchaus
nicht das Aussehen einer eilig und nur für ganz
kurze Zeit zusammengehängten Kunstsammlung
hatten, waren während der vier Besichtigungs-
tage ein Sammelpunkt für nicht nur Amster-
damer Liebhaber und Händler. Ich habe im
vorigen Bericht schon die wiclitigsten Werke
nach dem vom Katalog gebotenen Material kurz
besprochen und kann mich heute auf die An-
gabe der interessantesten Preise beschränken.
Nur ein Wort sei mir vorher noch gestattet.
Die meisten der reproduzierten Gemälde über-

trafen die danach gehegten Erwartungen, was
nicht immer der Fall zu sein pflegt. So ge-
winnt auch das ziemlich große und schon durch
die flotte Zeichnung sehr reizvolle Bild von
Judith Leyster noch ungemein durch sein
Kolorit. Der rechte, so graziös dastehende
junge Zecher trägt ein Kostüm von warm leuch-
tender zinnoberroter Farbe, während der andere,
sitzende, in ziemlich hellblaue Hosen und einen
mehr neutralen, violettbraunen Rock gekleidet
ist. Auf dem Krug, den die rechte Figur hält,
befinden sich übrigens noch Spuren einer Sig-
natur, worauf der Katalog nicht hinweist. Das
Gemälde brachte 6000 fl. (Es gibt dazu in hol-
ländischem Privatbesitz noch ein Pendant, das
die gleichen Modelle in anderer Stellung, aber
auch in Rot und Blau gekleidet, darstellt. Beide
Bilder waren 1903 in der Guildhall in London
ausgestellt). Der große, prächtige van Goyen,
unruhiges Wetter auf der Zuiderzee (Nr. 41)
ging für 21100 fl. ins Ausland. Dann sind zu
erwähnen: Nr. 3, Venus und Amor und Nr. 4,
Minerva von J. Az. Backer, zusammen 500 fl.;
Nr. 11, N. Berchem, die Furt, 1375 fl.; Nr. 13,
A. v. Beyeren, die Auslage des Fischhändlers,
3000 fl., Nr. 18, F. Bol, Venus und Adonis,
1900 fl., Nr. 500, J. v. Craesbeek, die Klari-
nettespielerin, 500 fl., Nr. 32, J. Gz. Cuyp,
Porträts eines Herrn und einer Dame, zusammen
1050 fl.; Nr. 38, C. Dusart, Dorffest, 4500 fl.;
J. van Goyen, Nr. 43, die Fregatte, 2350 fl.;
Nr. 45 und 46 zusammen 1800 fl.; Nr. 51. J. v.
d. Hagen, Landschaft, 910 fl.; Dirck Hals,
Nr. 53, 430 fl. und Nr. 54, 400 fl.; Nr. 56, Ger-
ret Heda, der Schinken, 700 fl.; Nr. 68, Th.
de Keyser, Porträt, 3025 fl.; Nr. 75, Deut-
scher Meister gegen 1500, der Tod der Maria,
1100 fl.; Nr. 83, Holländischer Meister der
zweiten Hälfte des XVII. Jhrhdts, der Friedens-
kongreß in Nymwegen (1676—79), 6000 fl.;
Nr. 96, A. v. d. Neer, Kanal bei Sonnenunter-
gang, 1100 fl.; Nr. 98, von demselben, Mond-
scheinlandschaft, 2550 fl.; Nr. 111, Th. Rom-
bouts, lustige Gesellschaft, 700 fl.; Nr. 113 ein
sehr importantes Gemälde von S. van Ruys-
dael, Landschaft mit Schloß, 11 500 fl.; Nr. 117,
Janvan Scorel, das heilige Abendmahl, 1600fl.;
Nr. 132, D. van Tol, Interieur, 2100 fl.; Nr. 134,
E. van de Velde, Winterlandschaft, 800 fl.;
Nr. 139, Simon de Vlieger, das alte Tauben-
haus, 1150 fl.; Nr. 144, Jacobus Vrel, Straßen-
ansicht, 2700 fl. (!). Am zweiten Auktionstage
kam zunächst der Rest der Gemälde unter den
Hammer, wo noch zu notieren sind: Nr. 171,
Q. Brekelenkam, Tischgebet, 310 fl.; Nr. 172,
von demselben, Interieur, 370 fl.; van Goyen,
Nr. 197, Flußlandschaft, 1575 fl.; Nr. 198, die
 
Annotationen