Suida. Altsteirische Bilder im Landesmuseum „Johanneum" zu Graz 531
Trotzdem wir in dem oben genannten Altar (No. 892) schon eine Art Vorstufe
für diesen Künstler in Steiermark selbst nachweisen können, regt sich doch immer wieder
der Zweifel, ob wir es hier nicht mit den Arbeiten eines von auswärts stammenden
Künstlers zu tun haben. Seine Typen haben die nächsten
Analogien bei dem in Köln tätigen Meister des heiligen
Bartholomäus, seine Schergentypen und auch die Licht-
malerei unseres Anonymus gemahnen geradezu an Bosch.
Wollte man im Bereiche der kölnischen Kunst bleiben,
so muß man doch wohl auch an den Meister von St.
Severin erinnern. Daß irgendwelche Einflüsse vom
Niederrhein hier mit hineinspielen, ist mir sehr wahr-
scheinlich, wenn ich auch über die Art der Vermittlung
derselben einstweilen nichts Sicheres sagen kann. Übrigens
muß hier betont werden, daß in Österreich selbst An-
sätze zur Lichtmalerei auch in anderen Schulen nicht
fehlen. Man darf einerseits an die Tiroler erinnern,
anderseits an die Salzburger, aus deren Mitte zu Beginn
des XVI. Jahrhunderts jener Meister Rueland hervorragt,
welcher die von 1501 datierte Bilderfolge im Stift
Klosterneuburg malte. Bisher ist er nur aus diesem
einen Werke bekannt. Kurz möchte ich heute nur darauf
hinweisen, daß ich noch eine frühere und dann eine
spätere Arbeit seiner Hand kenne. Erstere ist eine
Folge von acht Einzelbildern stehender Heiliger, vier in
Landschaft, vier vor Goldgrund, die als Legat in die
Altertümersammlung nach Stuttgart gelangte (dort namen-
los über der Türe des linken Nebenraumes), dem Stil
nach bei aller Verwandtschaft mit den Klosterneuburger
Gemälden deutlich als noch primitiver, befangener zu er-
kennen. Das reifste und wohl reizvollste Werk Ruelands
aber besitzt die kleine Sammlung des Neuklosters in
Wiener-Neustadt. Es ist eine Madonna mit Heiligen in
einer geräumigen gotischen Halle, einem schmucklosen,
fast kahlen Raume, der aber auf reizvollste Weise von
kühlem Lichte, das auch die Gestalten umspielt, durch-
flutet wird. Also auch hier weist die steirische Malerei Abb. 7. Steirischer Maler um 1500. Die
wieder zur salzburgisch - niederösterreichischen Ana-
logien auf.1)
hl. Barbara □
Altarflügel auf Burg Kreutzen-
□ stein in Niederösterreich
9 Der salzburgischen Schule gehört auch ein Künstler an, der in Graz durch zwei sehr
feine Bilder, im Besitze des Herrn Hofrats Ritter von Karajan, vertreten ist. Diese stellen die
Erbauung des Stiftes Klosterneuburg und das Martyrium des hl. Bischofs Thiemo von Salzburg
dar. Derselben Folge gehört das in künstlerischem Charakter und Maßen gleiche Bild, das
Martyrium eines heiligen Bischofs in der Liechtensteingalerie zu Wien an, das als „elsässisch"
Trotzdem wir in dem oben genannten Altar (No. 892) schon eine Art Vorstufe
für diesen Künstler in Steiermark selbst nachweisen können, regt sich doch immer wieder
der Zweifel, ob wir es hier nicht mit den Arbeiten eines von auswärts stammenden
Künstlers zu tun haben. Seine Typen haben die nächsten
Analogien bei dem in Köln tätigen Meister des heiligen
Bartholomäus, seine Schergentypen und auch die Licht-
malerei unseres Anonymus gemahnen geradezu an Bosch.
Wollte man im Bereiche der kölnischen Kunst bleiben,
so muß man doch wohl auch an den Meister von St.
Severin erinnern. Daß irgendwelche Einflüsse vom
Niederrhein hier mit hineinspielen, ist mir sehr wahr-
scheinlich, wenn ich auch über die Art der Vermittlung
derselben einstweilen nichts Sicheres sagen kann. Übrigens
muß hier betont werden, daß in Österreich selbst An-
sätze zur Lichtmalerei auch in anderen Schulen nicht
fehlen. Man darf einerseits an die Tiroler erinnern,
anderseits an die Salzburger, aus deren Mitte zu Beginn
des XVI. Jahrhunderts jener Meister Rueland hervorragt,
welcher die von 1501 datierte Bilderfolge im Stift
Klosterneuburg malte. Bisher ist er nur aus diesem
einen Werke bekannt. Kurz möchte ich heute nur darauf
hinweisen, daß ich noch eine frühere und dann eine
spätere Arbeit seiner Hand kenne. Erstere ist eine
Folge von acht Einzelbildern stehender Heiliger, vier in
Landschaft, vier vor Goldgrund, die als Legat in die
Altertümersammlung nach Stuttgart gelangte (dort namen-
los über der Türe des linken Nebenraumes), dem Stil
nach bei aller Verwandtschaft mit den Klosterneuburger
Gemälden deutlich als noch primitiver, befangener zu er-
kennen. Das reifste und wohl reizvollste Werk Ruelands
aber besitzt die kleine Sammlung des Neuklosters in
Wiener-Neustadt. Es ist eine Madonna mit Heiligen in
einer geräumigen gotischen Halle, einem schmucklosen,
fast kahlen Raume, der aber auf reizvollste Weise von
kühlem Lichte, das auch die Gestalten umspielt, durch-
flutet wird. Also auch hier weist die steirische Malerei Abb. 7. Steirischer Maler um 1500. Die
wieder zur salzburgisch - niederösterreichischen Ana-
logien auf.1)
hl. Barbara □
Altarflügel auf Burg Kreutzen-
□ stein in Niederösterreich
9 Der salzburgischen Schule gehört auch ein Künstler an, der in Graz durch zwei sehr
feine Bilder, im Besitze des Herrn Hofrats Ritter von Karajan, vertreten ist. Diese stellen die
Erbauung des Stiftes Klosterneuburg und das Martyrium des hl. Bischofs Thiemo von Salzburg
dar. Derselben Folge gehört das in künstlerischem Charakter und Maßen gleiche Bild, das
Martyrium eines heiligen Bischofs in der Liechtensteingalerie zu Wien an, das als „elsässisch"