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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. 1. Halbband, Heft 1-6.1908

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Heft 1/2
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0075

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Rundschau

67

Oberaufsicht über alle Ausgrabungen in Preußen
erhalten.
Die Anstellung von jüngeren deutschen
Museumsbeamten im Auslande hat mit der Be-
rufung Wilh. Valentiners an das Metropo-
litan-Museum in New York begonnen. Man
hat dort die kunstgewerblidien Sammlungen zu
einer besonderen Abteilung zusammengefaßt,
um sie einem Kurator der nämlichen Art zu
unterstellen, wie sie an der Spitze der ver-
schiedenen anderen Abteilungen stehen. Für
diese neue Stellung ist auf Vorschlag Bodes
und nach eingehenden Erkundigungen Valen-
tiner gewählt worden, welcher hierzu noch
mehr als durch seine holländischen Forschungen,
namentlich über Rembrandt und Architektur,
durch seine eingehende Spezialkenntnis in ver-
schiedenen Zweigen des Kunstgewerbes be-
fähigt erschien. Er war zuletzt am Kaiser
Friedrich-Museum wissenschaftlicher Hilfs-
arbeiter.
Was das Deutsche Museum betrifft,
dessen Bau — auf der Museumsinsel — eine
fest beschlossene Sache ist, so darf sich jeder-
mann freuen, daß gerade die deutsche Kunst,
ganz im Sinne des neuen Vereins für Kunst-
wissenschaft, eine Zentrale in der Reichshaupt-
stadt erhalten soll. Was der antiken und der
orientalischen Kunst recht ist, erscheint für die
deutsche zum mindesten billig. Die Sammlung
der deutschen Holzskulpturen und Tafelbilder
in den dunkelsten Räumen des Kaiser Friedrich-
Museums verlangt gebieterisch eiye Neuordnung;
es ist in den Berliner Museen überhaupt schon
Material genug für die beabsichtigte neue
Sammlung vorhanden, und was deren Ausbau
und Neuerwerbungen betrifft, über die man sich
in den Provinzen anscheinend beunruhigt hat,
so hat Generaldirektor Bode (in der National-
Zeitung vom 24. Dezember) die bestimmtesten
Erklärungen abgegeben, daß man nicht daran
denke, den Provinzial- und Landes-Museen
Konkurrenz zu bereiten. Ist doch ohnedies fast
die ganze deutsche Abteilung des Kaiser Fried-
rich-Museums im Auslande erworben, und hat
man von Berlin aus stets die Provinzialsamm-
lungen gefördert (die schöne Straßburger Ga-
lerie z. B. ist ihrerzeit durch Bode allein zu-
sammengebracht worden). Ein unritterliches
Rivalisieren mit jenen Museen, dies kann man
nach Bodes Ausführungen sicher annehmen,
wird sich zu jeder Zeit für das Deutsche Museum
in Berlin verbieten, dessen Pläne viel allgemei-
nerer und weitschauender Art sein werden, sein
müssen, als die der Provinzialgalerien, die
ihrem Charakter nach lokaler begrenzt sind.
S.

Neuerwerbungen der Königlichen Museen.
Das Kaiser Friedrich-Museum fährt fort,
deutsche Holzplastiken zu erwerben; namentlich
bayrische aus dem Anfänge des 16. Jahrhunderts.
Der Hauptnachdruck ruht aber nach wie vor
auf der Bildersammlung. Weniger Italiener
(Predellastück, sienesisch, angeblich von Fran-
cesco di Giorgio; ein Altärchen — Beweinung
Christi — von Pesellino u. a.) als Niederländer
und Deutsche sind von Bedeutung: ein un-
bekanntes niederländisches Triptychon der Zeit
Memlings; ein Johannes auf Patmos von
H. Bosch, mit einer geistreich skizzierten Rück-
seite; ein gutes Porträt von Scorel; die bedeu-
tende Kreuzigung von K. Witz, in einer weiten,
hell behandelten Seelandschaft (von Holz auf
Leinwand übertragen); dann, aus russischem
Privatbesitz, das anmutige Bildnis einer jungen
Frau, das Rogier zugewiesen werden konnte.
Aus der Sammlung Kann konnte noch eine
stattliche Anzahl hervorragender Bilder — leider
keines der, für unerschwingliche Preise nach
Amerika gewanderten, Hauptwerke — erworben
werden: ein ergreifender Christuskopf und eine
starke Skizze zu „Christus und die Samariterin
am Brunnen" von Rembrandt; von Ruisdaal,
Aert van der Neer und Wouvermann je eine
Landschaft von verschiedener, eindringlicher
Stimmung; Gonz. Cocx: Familienbild; J. Fyt:
Stilleben von totem Geflügel; das Porträt eines
Deutschen, wahrscheinlich aus der Schule Bel-
linis; und das in Holz geschnitzte Reliefbildnis
des Bischofs Philipp v. Freising, von Friedr.
Hagenauer.
Die Bibliothek des Kunstgewerbe-
Museums hat die Kostümbilder, die nach
Freih. v. Lipperheides Tode ihr überwiesen
wurden, in den Lipperheidischen Sammlungs-
räumen aufgehängt; der Treue in den Kostümen
entsprechend sind es Werke mehr von mittleren
Begabungen, tüditiger Berufsporträtisten, als von
Genies, denen die Kleidung meist wenig gilt.
Aus den Erwerbungen des Kupferstich-
kabinetts ragen die 56 Blatt von Charles
Merion hervor, die seit 1905 erworben sind
und deren Meister Lehrs selber in seinem Be-
richte den größten Radierer nach Rembrandt
nennt; Merion, der in den 50er Jahren des
19. Jahrhunderts in Paris in Armut lebte und
schuf und der im Irrenhause von Charenton
starb, dessen Blätter bei seinen Lebzeiten nie-
mand haben wollte, und die nach seinem Tode
Preise erreichten, welche jetzt bereits die für
Rembrandtsche Radierungen gezahlten teilweise
übersteigen! S.
Kunstgewerbe-Museum. Unter den
Neuerwerbungen des Kunstgewerbe-Museums
 
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