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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Habicht, Victor Curt: Die Herkunft der Kenntnisse Baltasar Neumanns auf dem Gebiet der "Civilbaukunst"
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0059

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Der Neumannbiograph Keller1) hat zum ersten Male die Vermutung ausgesprochen,
daß der 1712 in der fränkischen Kreis-Artillerie als Gemeiner eingetretene Neu-
mann die österreichischen Feldzüge mitgemacht und dort an den Bauten Fischer
von Erlachs und Lukas v. Hildebrandts seine Kenntnisse gesammelt habe. Ab-
gesehen von der Unbeweisbarkeit dieser Hypothese spricht auch der unwienerische
Charakter der Bauten Neumanns gegen diese Annahme.
Es ist erst der jüngsten Zeit vorbehalten geblieben, durch eine Reihe von Einzel-
untersuchungen zwar nicht das Problem der Entwicklung Neumanns zu lösen,
aber wertvolle Fingerzeige für den Weg, der zur Aufhellung eingeschlagen werden
muß, zu geben. Der Neuartigkeit diesei· Forschungen wegen ist es nötig, zunächst
kurz auf die Ergebnisse derselben einzugehen.
Zuerst wäre da auf die Ausgabe der Briefe2) einzugehen, die Neumann 1723
von seiner Pariser Studienreise an seinen Herrn, den Fürstbischof Lothar Franz
von Schönborn gerichtet hat, die einen tieferen Einblick in das Wesen des Archi-
tekten gestattet, als der bei der teilweisen Wiedergabe der Briefe bei Keller mög-
lich war. Der Herausgeber, Lohmeyer, beschränkt sich, seinen Sonderuntersuchungen
über die rheinfränkische Architektur3) entsprechend, darauf, diejenigen Stellen in
seinen Anmerkungen zu kommentieren, die von besonderem Werte für die Erkennt-
nis Ritter v. Gruensteyns, Welschs usw. sind. Ich will deshalb versuchen, be-
sonders die Äußerungen hervorzuheben, die uns für die Erfassung der Persönlich-
keit Neumanns selbst von unerläßlichem Werte erscheinen müssen. Drei Tat-
sachen erscheinen mir da von ganz besonderer Wichtigkeit. Zunächst die, daß
uns Neumann als erfahren nur auf einem Gebiete begegnet: nämlich auf dem des
Festungsbaues. Er unterläßt es nicht, die ihm auf seiner Reise begegnenden
Festungswerke genau zu besichtigen und seinem Herrn darüber zu berichten.
Höchst charakteristischerweise findet sich unter diesen Stellen auch die einzige
innerhalb der sämtlichen Briefe, in denen Neumann eine persönliche Ansicht zu
äußern wagt. Er meldet über seine Besichtigung der Festung Kehl, teilt mit, daß
Herr Obrist von Welsch und Herr Ulmann zweierlei Meinung gewesen sind und
fährt fort4): „Meiner orths sagte, daß es leichter wirdt sein anzufangen an den orth,
wo sich der rein dahin zu wenden beginnt, demselben allgemechlich vorkomen,
wohmit die Force nach vndt nach gemindert wirdte, . . .“ Eng hiermit zusammen
hängen die beiden anderen Punkte, die ich hervorheben möchte, die aber aus der
Tatsache, daß er Kenntnisse eigentlich nur auf dem Gebiete des Festungsbau-
wesens besessen haben kann, ihre Erklärung finden. Nur ein vollständiger An-
fänger auf dem Gebiete der „Civil-Baukunst“ konnte sich zu einem Bekenntnis
verleiten lassen, wie wir es im Briefe vom 7. II. 1723 finden5): „Ich finde viele
Sachen, die sehr nützlich sein vndt ahn sonst mir schweer geweßene leichter
werdten, wie ich dan mit denen freystehenden saulen dessen Archi-
trafiis vndt Corniche weiß außzuladen keinen anstandt haben werdte
(1) Vgl. Ph. Joseph Keller, Balthasar Neumann, S. 6ff. Würzburg 1896, 40.
(2) Vgl. K. Lohmeyer, Die Briefe Baltasar Neumanns von seiner Pariser Studienreise 1723, 40,
Düsseldorf 1911.
(3) Vgl. K. Lohmeyer, Fr. J. Stengel, 4 °, Düsseldorf 1911; ders. Johannes Seiz, 40, Heidel-
berg 1914.
(4) Vgl. K. Lohmeyer, Die Briefe Baltasar Neumanns von seiner Pariser Studienreise 1723, S. 9.
Düsseldorf 1911.
(5) Vgl. K. Loh meier, Die Briefe Baltasar Neumanns von seiner Pariser Studienreise 1723, S. 13.
Düsseldorf ign.

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