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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Bombe, Walter: Die Bornholmer Festungskirchen und ihr Freskenschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0108

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Waffenhaus. Das unterste Stockwerk enthält einen kreisrunden Raum mit einem
dicken Pfeiler aus behauenen Steinen in der Mitte. Ein Rundbogen spannt sich
zum Chor hinüber. Bemerkenswert sind hier die vor einer Reihe von Jahren ent-
deckten Freskomalereien aus dem 14. Jahrhundert, die den Mittelpfeiler schmücken
und Christi Geißelung, Kreuztragung und Kreuzigung darstellen. Die Malereien
sind sehr beschädigt und wegen des hölzernen Emporeneinbaues neuerer Zeiten
schwer zu besichtigen und können aus diesem Grunde auch nicht photographiert
werden. So weit der schlechte Erhaltungszustand noch ein Urteil zuläßt, sind sie
stilistisch den weiter unten erwähnten Wandbildern der Österlarskirche nahe-
stehend. Hier wie dort sind die einzelnen Darstellungen durch Säulen voneinander
getrennt und mit gotischen Spitzgiebeln bekrönt. Aller Wahrscheinlichkeit nach
gehören sie dem Ende des 14. Jahrhunderts an. Auf der nördlichen Mauer sind
Reste eines großen Bilderzyklus entdeckt worden, der einst friesartig um die Mauer
des Inneren lief. Man erkennt noch den heiligen Christophorus in rotbraunem
Mantel und grauem Hemd, der das Christuskind auf seinen starken Schultern trägt;
das in primitiver Weise durch eine Wellenlinie angedeutete Wasser umspült seine
nackten Beine. Ein aus dem 17. Jahrhundert stammendes Renaissanceornament
mit Rankenwerk, Vasen und Blumen umgibt das nördliche Fenster. Die Kanzel
ist aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. An den Chor schließt sich der runde
Chorabschluß mit drei jetzt sogenannten Fensteröffnungen an. Die steinerne
Treppe liegt links in der dicken Mauer des Chorbaues. Das zweite Stockwerk
besitzt einen Mittelpfeiler von rohen Steinen. Dicht über dem Fußboden liegen
hier Ablauflöcher für das Regenwasser. Die Treppe führt noch weiter nach oben,
aber das oberste Stockwerk mußte in späteren Jahren wieder abgetragen werden.
Die rohe Arbeit weist auf ein hohes Alter hin. Nach allgemeiner Annahme ist
die Kirche die älteste der vier Rundkirchen. Den Namen Nykirke hat sie vielleicht
deswegen erhalten, weil sie die erste Kirche war, die in Stein an Stelle eines noch
älteren Holzbaues errichtet wurde.1)
Die größte der Bornholmer Rundkirchen ist die im Osten der Insel gelegene
Österlarskirche, die einst dem heiligen Laurentius geweiht war. Sie zeigt ein
Rundhaus von etwa 10 Metern Durchmesser, ovalen Chor, halbrunden Chorabschluß
und ein 1870 angebautes Waffenhaus. Der Mittelpfeiler im Rundhaus ist nicht
massiv, wie bei den übrigen Rundkirchen, sondern besitzt einen durch sechs Pfeiler
gebildeten inneren Raum, der mit einer Kuppel überdacht ist. Die Zwischenräume
zwischen den einzelnen Pfeilern waren ursprünglich schmaler und sind in späteren
Zeiten bedeutend erweitert worden. Bemerkenswert sind die Fresken, mit denen
der Mittelpfeiler geschmückt ist. Sie stellen Szenen aus dem Neuen Testament
dar: die Verkündigung, Marias Besuch bei Elisabeth, die Geburt Christi, die Kreuzi-
gung, Kreuzabnahme, Auferstehung, Christus als Weltenrichter, die Auferstehung
der Toten und das Jüngste Gericht. Jedes der Bildfelder ist von einem gotischen
Kleeblattbogen mit Krabbenornament und mit darüber aufragenden turmartigen Auf-
sätzen überdacht, und gotische Säulen mit Fialen trennen die einzelnen Dar-
stellungen voneinander; nur die umfangreiche Szene des Weltgerichts mit Christus
als Weltenrichter in der Mandorla, die fast ebensoviel Raum einnimmt, wie alle
(1) De Thurah gibt in seinem 1756 erschienenen Buche „Beskrivelse over Bornholm og Christiansö“
auf p. 52 an, daß nach dem Berichte des Resenius die Nykirche im Jahre 1287 erbaut worden sein
soll, also unter der Regierung des Königs Erik Menved und unter dem Erzbischof Johann Droß von
Lund, mit Rücksicht auf die Zeiten der Fehde und des Einfalles des Königs Erik von Norwegen in
Dänemark.

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