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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Kutschera-Woborsky, Oswald: Giovanni Battista Tiepolos Decke des "Merito" im Palazzo Rezzonico zu Vendig
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0183

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vertreten. Pompeo Molmenti dagegen hat die Arbeiten auf die Jahre 1753—1762
verteilt, welche Zeit dem Aufenthalt Tiepolos in Venedig seit seiner Rückkehr aus
Würzburg bis zu seiner Abreise an den spanischen Hof entspricht. Wie unmetho-
disch aber die Forscher vorgingen und wie wenig sie verstanden den Wert histo-
rischer Daten zu erkennen, beweist, daß sie zwar immer von dem Fresko des
großen Saales sprachen, das die Vermählung eines Rezzonicos mit einer Tochter
des Hauses Savorgnan feiere — zu welcher Kenntnis sie das auf dem Plafond ge-
malte Wappen führte, — daß sie sich aber keineswegs der Mühe unterzogen, weder
die Vornamen dieser beiden Familienangehörigen zu ermitteln, noch das Datum
dieser Verbindung festzustellen, worüber sie ein Blick in das bekannte Werk von
Litta oder in andere Adelsbücher auf das schnellste unterrichtet hätte. Nur Mol-
menti hat herausgefunden, daß diese Hochzeit im Jahre 1758 erfolgte, ohne freilich
von diesem wichtigen Anhaltspunkte mehr Gebrauch zu machen, als ihn allzu be-
scheiden in dem jeden Kapitel seines Buches einzeln nachfolgenden Anmerkungs-
apparat zu verstecken, aus welcher Verbannung das Datum nur mit der genaue-
sten Kenntnis des Werkes zur allgemeinen Kenntnis gebracht werden kann1). Da-
gegen versuchte vor nicht langer Zeit Giovanni Dolcetti, ein Venezianer, der
bestrebt ist, neben seinem täglichen Beruf eines „barbiere“, durch fleißige Archiv-
studien und historische Forschungen Beiträge zur Geschichte seiner Vaterstadt zu
liefern, und aus dessen Feder wir schon manche wichtige Nachrichten besitzen,
Studien über die Geschichte des Palazzo vorzunehmen, deren Resultate, da seine
Abhandlung noch nicht erschienen ist, bis jetzt nur teilweise in einem Auszuge
Molmentis2) vorliegen. Diesen kurzen Andeutungen zufolge ist die Decke des
ovalen Saales im Jahre 1753 entstanden, während, wie schon oben gesagt, die
Hochzeit des Ludovico Rezzonico mit Faustina Savorgnan im Jahre 1758 geschlossen
wurde, zu welcher Gelegenheit übrigens, was bisher einschließlich Dolcettis nicht
beachtet wurde, kein geringerer als Carlo Innocenzio Frugoni das Weihgedicht ver-
fertigte3). Die ähnliche Komposition, die den Vorwurf des Plafonds des Palazzo
Rezzonico mit der Darstellung des Sonnenwagens Apollons als Brautführer der
Prinzessin Beatrice von Burgund auf dem Fresko des Würzburger Schlosses ver-
bindet, hat die Kunsthistoriker in die unsichere Lage gebracht, ob man im vene-
zianischen Bild eine Vorstufe für das größere und reichere Werk der erzbischöflichen
Residenz sehen sollte oder ob ersteres nur eine bescheidene Reduktion Tiepolos be-
deutet, nach den Arbeiten, die der Venezianer in Deutschland hinterlassen hatte.
Nach dem historischen Befund ist also nun das letztere festgestellt. Ebenso wenig
haben die Biographen Tiepolos versucht, dieses Motiv auf seine Urformen zurück-
zuführen, etwa auf Renis Aurora des Palazzo Rospigliosi in Rom und darauf ver-
zichtet, die Entwicklung dieser Komposition darzulegen, die bei Tiepolo in der
merkwürdigen winkelförmigen und diagonalreichen Anordnung besteht, während
Reni das Gefährt parallel zur Plafondfläche gruppierte.
Für das zweite Fresko (Abb. 2) aber fand ich in der graphischen Sammlung der Aka-
demie der bildenden Künste in Wien einen großen Entwurf (Abb. 1), der bis jetzt völlig
unbeachtet geblieben ist — der auch in Moderns Katalog der in Wien befindlichen
Arbeiten Tiepolos fehlt — und der mit seinem Rand- und Farbenvermerken wich-
(1) Molmenti a. a. O. S. 344, Anm. 8.
(2) Emporium 1914, S. 398 ff.
(3) Carlo Innocenzio Frugoni, Opere poetiche Parma (Bodoni) 1789, tomV, S. 346fr. Über die in
diese Jahre fallenden Beziehungen Tiepolos zu Frugoni vgl. Modern a. a. O. S. 35. Die Schrift
Cor. Riccis, Rapporti di G. B. Tiepolo con Parma, 1896, war in Wien leider nicht aufzufinden.
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