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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Semrau, Max: Zu Nikolaus Goldmanns Leben und Schriften, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0362

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Prof. Publ. bey der Hochfürstl. Academie zu Wolffenbüttel . . . Braunschweig. Ge-
druckt bey Heinrich Keßler 1699“ — ein stattlicher, mit 74 Kupfertafeln ausge-
statteter Folioband. Da bereits die Acta Eruditorum Lipsiens. von 1697 eine Be-
sprechung bringen, muß als das wirkliche Erscheinungsjahr doch wohl das Datum
der Widmung an die Herzöge Rudolf August und Anton Ulrich von Braunschweig,
1696, gelten; eine zweite Ausgabe kam 1708 zu Leipzig heraus. Nach der Wid-
mung folgt eine „Kurtze Vorstellung der Vollständigen Anweisung zu der Civil-
Bau-Kunst Nicol. Goldmanns... In Lat. Sprache auffgesetzet von Hrn. Dr. Reyher,
Juris et Math. weil, berühmten Prof. Publ. auf der Universität zum Kiel Und ins
Teutsche mit gar weniger Veränderung übersetzet“. Es ist dies eine in Rubriken
geteilte schematische Übersicht des Inhalts, der eine biographische Notiz über
Goldmann, ein Verzeichnis der von ihm benutzten Werke und ein anderes der
„vornehmsten architectonischen Bücher“ vorausgeschickt sind. Zu der Inhaltsüber-
sicht hat Sturm die Angabe der von ihm entworfenen Risse hinzugefügt, sonst
aber rühren wohl auch die biographische Notiz und die Bibliographie von dem er-
wähnten Reyher her, über den wir gleich zu sprechen haben werden. Im übrigen
hat Sturm, wie ausdrücklich hervorgehoben werden muß, abgesehen von einer
ausführlichen Vorrede, die das Neue und Originale in Goldmanns Ansichten aus-
einander zu setzen sucht, und nur wenigen deutlich gekennzeichneten Einschiebseln
das Werk seines Autors originalgetreu herausgegeben. Was er selbst zur Erläu-
terung und Ergänzung des Textes glaubte hinzusetzen zu müssen, faßte er zu einer
eigenen Schrift zusammen, der auch im obigen Gesamttitel erwähnten „Ersten
Ausübung etc.“, die gleichzeitig im selben Verlage und in gleicher Ausstattung
erschien und allen mir bekannten Exemplaren beigebunden ist. Sie behandelt in
neun „Anmerkungen“ einzelne Kapitel des Goldmannschen Werkes ausführlicher,
zumeist im Hinblick auf praktische Brauchbarkeit und veränderten Zeitgeschmack.
Dieses an Umfang dem Originaltexte fast gleichkommende Werk ist aber nur der
Beginn einer weitschweifigen, den Goldmannschen Lehren gewidmeten Kommen-
tatorentätigkeit, die sich durch Sturms ganzes Leben hindurchzieht. So gab er
Augsburg 1714 einen „Prodromus Architecturae Goldmannianae“ heraus und ließ
ebenda von 1715 ab nicht weniger als sechzehn erläuternde Einzelabhandlungen
unter dem zusammenfassenden Titel: „Der verneuerte Goldmann oder die ganze
Civil-Bau-Kunst“ folgen, die zusammengenommen wieder einen dicken Folioband
bilden1). Dieser unermüdliche Eifer — der wohl auch auf ein reges Interesse beim
Publikum schließen läßt — entspricht ganz dem sonstigen Charakter Sturms, den
man am besten wohl als einen schreibseligen Enthusiasten bezeichnet2). Sturm
hat seinen Heros Goldmann gar nicht persönlich gekannt — er wurde erst vier
Jahre nach Goldmanns Tode geboren — und ist nur durch eine zufällige Verkettung
von Umständen in Beziehung zu dessen literarischem Nachlaß getreten, die zum
Verständnis der Sachlage einer kurzen Klarstellung bedarf.
Als im Jahre 1665 Goldmann in Leiden, wo er den letzten Teil seines Lebens
verbracht hatte, gestorben war, kam im gleichen Jahre ein deutscher Schüler von
(1) Nach Sturms Tode gab Jer. Wolff in Augsburg 1721 sämtliche Schriften desselben aus seinem
Verlage mit einem gemeinsamen Titelblatt (u. Titelkupfer): „Der auserlesenste ... Goldmann...“
nebst einer Vorrede und einem „Register über die von mir verlegte Stürmische Schrifften zu dem ver-
neuerten Goldmann“ heraus.
(2) Mit ähnlicher Begeisterung ist Sturm bekanntlich für die Lehre des 1683 bei der Belagerung
Wiens gefallenen Befestigungstheoretikers Georg Rimpler eingetreten. Vgl. Jähns, Gesch. der
Kriegswissenschaft, III, 1351 f.

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