Münchner kunsttechnische Blätter.
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regenstände mit solcher Wahrheit gemalt haben, dass
r Menschen und Tiere damit täuschte. Er stellte
Var noch den Zeuxis in den Schatten, denn bei einem
V ihm gemalten Säulengang waren die Vögel so ge-
täuscht, dass sie durchfliegen wollten, sich aber die
ppfe so heftig widerrannten, dass sie tot zu Boden fielen.
Dem venetianischen Bildnismaler Giovanni Con-
tarino sagt man nach, dass er Porträts so ähnlich malte,
dass das von ihm gemalte Porträt des Marco Dolce
so täuschend war, dass, als es in das Haus gebracht
quirle, von dessen Hunden und Katzen als ihren wirk-
ten* Herrn begrüsst wurde. Paolo Anton Barbieri
soll einst Fische so täuschend gemalt haben, dass eine
Katze auf sie wie ein Raubvogel ausschoss. Nach den
Kirschen, die er malte, streckten Kinder gierig die
Hände aus.
Es sind nur einzelne dieser Histörchen, die ich
aas der grossen Masse herausgreife, die aber trotz
der starken Ausschmückung und Uebermalung nach
bestimmter Seite hin das Künstlernaturell des Einzelnen
epigrammatisch plastisch ausdrücken.
Greifen wir aber in diesen Sagenkreisen weiter,
die uns einen Schlüssel zum Seelenleben der einzelnen
Mitglieder der Malergenossenschaft geben, dann sehen
wir so recht, welche hervorragende Rolle Ehrgeiz und
Eifersucht gespielt haben.
Cantarini stirbt aus gekränktem Ehrgeiz, weil er
in dem Bilde des Herzogs zu Mantua, das er malen
sollte, ungeachtet aller angewandten Mühe, keine Aehn-
lichkeit hervorzubringen imstande war. Van der Dort
ärgerte sich zu Tode aus gleichem Grunde. Ebenso
ging es den Caraccis; Ludwig schreibt man seinen
Tod dem Unmut über eine misslungene Arbeit zu und
Hanniball frisst der Gedanke, unterschätzt zu sein, an
seinem Leben. Der Geschichtsmaler Joos van Cleef
wurde so rasend, dass er eingesperrt werden musste,
weil der König Philipp von Spanien, dem er seine Ge-
mälde anbot, Titianus Arbeiten den seinigen vorzog.
Bartholomäus Flamael wirft seine Pinsel ins Feuer,
mit dem Vorsatz, überhaupt nicht mehr zu malen, aus
Verdruss über die grossen Fortschritte seines Schülers
ohann Wilhelm Charlier. Durch die Bösartigkeit seines
Herzens zeichnete sich der griechische Maler Belisarius
Corenzio aus. W ährend seines Neapeler Aufenthaltes
wirde er aus Neid zum Giftmischer gegen seine Kunst-
piossen. Ihm sagte man nach, das er den Dominico
fompieri und dessen wackeren Schüler Ludwig Rodrigi
forch Gift aus der Welt schaffte; Rosso vergiftete
jch selbst aus Neid auf den Bologneser Maler Franz
Wmaticcio, den König Franz I. von Frankreich ihm
gegenüber vorzog.
Noch eine andere Klasse von Malern tritt in diesen
tei Malerbüchern auf, die man heute als sogenannte
chnellmaler bezeichnen würde. Vor allem ist es Nie.
L0lr der unter diesen einen Ehrenplatz einnimmt,
^gen der Leichtigkeit und Schnelligkeit, mit welcher
feinen Pinsel führte, wurde er sehr von Ludwig XIV.
egünstigt und erhielt von diesem sogar ein bedeuten-
es Gnadengehalt ausgesetzt. Dass man ihm wegen
? Schnelligkeit, in der er seine Gemälde herstellte,
femein begünstigte und den anderen Kollegen seiner
^ vorzog, war er sich so bewusst, dass er eines
fes# eine Wette einging, an einem Tage zwölf heilige
Julien zu malen. Natürlich bleibt dabei nicht uner-
dass seine Arbeiten nicht fein durchdacht
Jen und den Kompositionen es an Feinheit und er-
encm, eigentümlichen Chaiakter fehlte,
j pu anderes Maler-Phänomen war Cornelius Mo-
, &er (oder Molinar) der imstande war, eine grosse
^tischaft an einem Tage fix und fertig zu malen,
eines Malstockes zu bedienen. Seinen
|jjJ? a^s tüchtiger Landschafts- und Gattungsmaler
tß er durch seine unordentliche Lebensweise ein,
die ihn dann zum Schlüsse noch so weit herunter-
brachte, dass er um geringen Tagelohn für Künstler
den Grund zu den Gemälden anzulegen sich ge-
nötigt sah.
David Teniers der Jüngere überflügelte diesen so-
gar noch, denn er stellte die Bilder zwischen Abend-
essen und Schlafengehen her, die deshalb den Namen
„apres soupers“ erhielten und sehr gesucht waren.
Am produktivsten scheint noch der berühmte Glas-
maler Walter Crabeth um 1560 in Frankreich gewesen
zu sein. Er soll die Gewohnheit besessen haben* in
jeder Stadt, durch welche er auf seinen Reisen ge-
kommen war, wenigstens ein gemaltes Fenster hinter-
lassen zu haben. Selbst den äusserst fleissigen Malern
widmen die alten Malerbücher einige Zeilen und
wflssen von Domenico Corradi, auch Gluirlandajo ge-
nannt, zu berichten, dass er zur Bekundung seines
Fleisses die Aeusserung getan hatte: „Es tue ihm leid,
dass er nicht die Stadtmauern von Florenz bemalen
müsse !w Oudry rief einst aus, als er vom Schlage ge-
rührt wurde und die Finger nicht mehr bewegen
konnte: „Ich ßterbe, wenn ich nicht mehr arbeiten
kann.“ Der berühmte deutsche Maler Adam Oeser
soll so fleissig gewesen sein, dass er noch einige Tage
vor seinem Tode einen Christuskopf vollendete.
Betrachtet man nun diese übertriebenen Maler-
historien etwas näher, so können wir doch immerhin
den Schluss daraus ziehen, dass alle diese Maler ihre
Kunst als ein zünftiges Handwerk betrieben. Der enge
Zusammenhang von Kirche und Kunst spiegelte sich
auch im Leben der Maler ab, denn gerade in den
Malerbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts finden wir
auffallend viele Maler, die ihrer besonderen Frömmig-
keit wegen gepriesen werden. Der vielgepriesene
Maler und Dominikanermönch Fiesoie führt den Bei-
namen des „Seligen“ und „Engelgleichen“. Der Ulmer
Maler Jakob der Deutsche, erwarb sich durch sein
frommes Leben sogar den Namen eines „Heiligen“.
Wegen ihrer Gottesfurcht und Fleisses wurden
noch ganz besonders hervorgehoben: Der Schweizer
Maler Conrad Meyer, Titian, Pietro Cavallini. Dem
gegenüber, wie uns die gottesfürchtigen Maler jener
Zeiten mit dem Heiligenschein ums Haupt vorschweben,
erscheint wieder die Tatsache, dass mit dem 17. Jahr-
hundert, wo sich die Maler befreiten von der Ver-
kettung mit dem Gewerbe, wo statt der strengen
Zucht der Zunft die künstlerische Freiheit sich durch-
kämpfte, auch die strenge Ehrbarkeit des Privatlebens
in eine mehr als burschikose Zügellosigkeit umschlug*
Auch hierbei zeigt es sich wieder, das sich
derjenige Moment wiederspielt, an dem der jemalige
Kunsttrieb sich betätigt hatte. So ist es einleuchtend,
dass Künstler, die mit so grosser Liebe und Meister-
schaft Trinkstuben und Betrunkene, Raufszenen usw.
malten, um des Studiums willen selbst mittun mussten.
Aber trotz alledem waren auch die grosse Anzahl von
Malern, die im Mittelalter die grossen und bedeutungs-
vollen Altargemälde, Heiligendarstellungen und Heiligen-
legenden darstellten, durchaus keine Philister, sondern
immerhin ganz lustige Weitkinder. Aber diese Lustig-
keit trat bei manchen Malern aus ihren Schwänken
heraus, die sich mit dem Sprichwort zu Ehren der
Bürstenbinder messen konnte. Guido Reni war ein
Spieler und Verschwender, Theodor Rombouts malte
Geschichten, auch Szenen des gemeinen Lebens, wie
Trink- und Musikgesellschaften, die ihn zur Völlerei
brachten. Der Leydner Jan Steen suchte seine Mo-
delle zu seinen trefflichen Gemälden in Schanklokalen
und Kneipen der niedersten Schichten, bis ihn sein
Beruf zur Völlerei hinzog. Voller Talente überliess er
sich zuletzt der Schwelgerei, ward sogar Bierbrauer
und endlich Wirt. Er war stets betrunken, verfertigte
aber gerade in diesem Zustande immer noch die
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regenstände mit solcher Wahrheit gemalt haben, dass
r Menschen und Tiere damit täuschte. Er stellte
Var noch den Zeuxis in den Schatten, denn bei einem
V ihm gemalten Säulengang waren die Vögel so ge-
täuscht, dass sie durchfliegen wollten, sich aber die
ppfe so heftig widerrannten, dass sie tot zu Boden fielen.
Dem venetianischen Bildnismaler Giovanni Con-
tarino sagt man nach, dass er Porträts so ähnlich malte,
dass das von ihm gemalte Porträt des Marco Dolce
so täuschend war, dass, als es in das Haus gebracht
quirle, von dessen Hunden und Katzen als ihren wirk-
ten* Herrn begrüsst wurde. Paolo Anton Barbieri
soll einst Fische so täuschend gemalt haben, dass eine
Katze auf sie wie ein Raubvogel ausschoss. Nach den
Kirschen, die er malte, streckten Kinder gierig die
Hände aus.
Es sind nur einzelne dieser Histörchen, die ich
aas der grossen Masse herausgreife, die aber trotz
der starken Ausschmückung und Uebermalung nach
bestimmter Seite hin das Künstlernaturell des Einzelnen
epigrammatisch plastisch ausdrücken.
Greifen wir aber in diesen Sagenkreisen weiter,
die uns einen Schlüssel zum Seelenleben der einzelnen
Mitglieder der Malergenossenschaft geben, dann sehen
wir so recht, welche hervorragende Rolle Ehrgeiz und
Eifersucht gespielt haben.
Cantarini stirbt aus gekränktem Ehrgeiz, weil er
in dem Bilde des Herzogs zu Mantua, das er malen
sollte, ungeachtet aller angewandten Mühe, keine Aehn-
lichkeit hervorzubringen imstande war. Van der Dort
ärgerte sich zu Tode aus gleichem Grunde. Ebenso
ging es den Caraccis; Ludwig schreibt man seinen
Tod dem Unmut über eine misslungene Arbeit zu und
Hanniball frisst der Gedanke, unterschätzt zu sein, an
seinem Leben. Der Geschichtsmaler Joos van Cleef
wurde so rasend, dass er eingesperrt werden musste,
weil der König Philipp von Spanien, dem er seine Ge-
mälde anbot, Titianus Arbeiten den seinigen vorzog.
Bartholomäus Flamael wirft seine Pinsel ins Feuer,
mit dem Vorsatz, überhaupt nicht mehr zu malen, aus
Verdruss über die grossen Fortschritte seines Schülers
ohann Wilhelm Charlier. Durch die Bösartigkeit seines
Herzens zeichnete sich der griechische Maler Belisarius
Corenzio aus. W ährend seines Neapeler Aufenthaltes
wirde er aus Neid zum Giftmischer gegen seine Kunst-
piossen. Ihm sagte man nach, das er den Dominico
fompieri und dessen wackeren Schüler Ludwig Rodrigi
forch Gift aus der Welt schaffte; Rosso vergiftete
jch selbst aus Neid auf den Bologneser Maler Franz
Wmaticcio, den König Franz I. von Frankreich ihm
gegenüber vorzog.
Noch eine andere Klasse von Malern tritt in diesen
tei Malerbüchern auf, die man heute als sogenannte
chnellmaler bezeichnen würde. Vor allem ist es Nie.
L0lr der unter diesen einen Ehrenplatz einnimmt,
^gen der Leichtigkeit und Schnelligkeit, mit welcher
feinen Pinsel führte, wurde er sehr von Ludwig XIV.
egünstigt und erhielt von diesem sogar ein bedeuten-
es Gnadengehalt ausgesetzt. Dass man ihm wegen
? Schnelligkeit, in der er seine Gemälde herstellte,
femein begünstigte und den anderen Kollegen seiner
^ vorzog, war er sich so bewusst, dass er eines
fes# eine Wette einging, an einem Tage zwölf heilige
Julien zu malen. Natürlich bleibt dabei nicht uner-
dass seine Arbeiten nicht fein durchdacht
Jen und den Kompositionen es an Feinheit und er-
encm, eigentümlichen Chaiakter fehlte,
j pu anderes Maler-Phänomen war Cornelius Mo-
, &er (oder Molinar) der imstande war, eine grosse
^tischaft an einem Tage fix und fertig zu malen,
eines Malstockes zu bedienen. Seinen
|jjJ? a^s tüchtiger Landschafts- und Gattungsmaler
tß er durch seine unordentliche Lebensweise ein,
die ihn dann zum Schlüsse noch so weit herunter-
brachte, dass er um geringen Tagelohn für Künstler
den Grund zu den Gemälden anzulegen sich ge-
nötigt sah.
David Teniers der Jüngere überflügelte diesen so-
gar noch, denn er stellte die Bilder zwischen Abend-
essen und Schlafengehen her, die deshalb den Namen
„apres soupers“ erhielten und sehr gesucht waren.
Am produktivsten scheint noch der berühmte Glas-
maler Walter Crabeth um 1560 in Frankreich gewesen
zu sein. Er soll die Gewohnheit besessen haben* in
jeder Stadt, durch welche er auf seinen Reisen ge-
kommen war, wenigstens ein gemaltes Fenster hinter-
lassen zu haben. Selbst den äusserst fleissigen Malern
widmen die alten Malerbücher einige Zeilen und
wflssen von Domenico Corradi, auch Gluirlandajo ge-
nannt, zu berichten, dass er zur Bekundung seines
Fleisses die Aeusserung getan hatte: „Es tue ihm leid,
dass er nicht die Stadtmauern von Florenz bemalen
müsse !w Oudry rief einst aus, als er vom Schlage ge-
rührt wurde und die Finger nicht mehr bewegen
konnte: „Ich ßterbe, wenn ich nicht mehr arbeiten
kann.“ Der berühmte deutsche Maler Adam Oeser
soll so fleissig gewesen sein, dass er noch einige Tage
vor seinem Tode einen Christuskopf vollendete.
Betrachtet man nun diese übertriebenen Maler-
historien etwas näher, so können wir doch immerhin
den Schluss daraus ziehen, dass alle diese Maler ihre
Kunst als ein zünftiges Handwerk betrieben. Der enge
Zusammenhang von Kirche und Kunst spiegelte sich
auch im Leben der Maler ab, denn gerade in den
Malerbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts finden wir
auffallend viele Maler, die ihrer besonderen Frömmig-
keit wegen gepriesen werden. Der vielgepriesene
Maler und Dominikanermönch Fiesoie führt den Bei-
namen des „Seligen“ und „Engelgleichen“. Der Ulmer
Maler Jakob der Deutsche, erwarb sich durch sein
frommes Leben sogar den Namen eines „Heiligen“.
Wegen ihrer Gottesfurcht und Fleisses wurden
noch ganz besonders hervorgehoben: Der Schweizer
Maler Conrad Meyer, Titian, Pietro Cavallini. Dem
gegenüber, wie uns die gottesfürchtigen Maler jener
Zeiten mit dem Heiligenschein ums Haupt vorschweben,
erscheint wieder die Tatsache, dass mit dem 17. Jahr-
hundert, wo sich die Maler befreiten von der Ver-
kettung mit dem Gewerbe, wo statt der strengen
Zucht der Zunft die künstlerische Freiheit sich durch-
kämpfte, auch die strenge Ehrbarkeit des Privatlebens
in eine mehr als burschikose Zügellosigkeit umschlug*
Auch hierbei zeigt es sich wieder, das sich
derjenige Moment wiederspielt, an dem der jemalige
Kunsttrieb sich betätigt hatte. So ist es einleuchtend,
dass Künstler, die mit so grosser Liebe und Meister-
schaft Trinkstuben und Betrunkene, Raufszenen usw.
malten, um des Studiums willen selbst mittun mussten.
Aber trotz alledem waren auch die grosse Anzahl von
Malern, die im Mittelalter die grossen und bedeutungs-
vollen Altargemälde, Heiligendarstellungen und Heiligen-
legenden darstellten, durchaus keine Philister, sondern
immerhin ganz lustige Weitkinder. Aber diese Lustig-
keit trat bei manchen Malern aus ihren Schwänken
heraus, die sich mit dem Sprichwort zu Ehren der
Bürstenbinder messen konnte. Guido Reni war ein
Spieler und Verschwender, Theodor Rombouts malte
Geschichten, auch Szenen des gemeinen Lebens, wie
Trink- und Musikgesellschaften, die ihn zur Völlerei
brachten. Der Leydner Jan Steen suchte seine Mo-
delle zu seinen trefflichen Gemälden in Schanklokalen
und Kneipen der niedersten Schichten, bis ihn sein
Beruf zur Völlerei hinzog. Voller Talente überliess er
sich zuletzt der Schwelgerei, ward sogar Bierbrauer
und endlich Wirt. Er war stets betrunken, verfertigte
aber gerade in diesem Zustande immer noch die