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Münchner kunsttechnische Blätter
Übung der Gemäldeerhaltung diejenigen Bilder,
deren Schmutzschicht sich auf trockenem Wege
nicht entfernen Hess, wenn sie gewisse Bedingungen
erfüllten, mit Wasser und nötigenfalls mit Seife
reinigen zu lassen.
Die damals gegebene Anweisung, deren sich
die sämtlichen noch lebenden Beamten genau er-
innern, lautete: die Gemälde, die nicht auf
trockenem Wege gereinigt werden können, sollen
mit Wasser, nötigenfalls in besonders hartnäckigen
Fällen auch mit Seife gereinigt werden. Die Bil-
der sind zuerst genau auf Schäden, Risse im Fir-
nis, aufgestandene Stellen und Blasen zu unter-
suchen, da unbedingt zu vermeiden ist, dass
Wasser auf der Oberfläche stehen bleibt und in
schadhafte Stellen eindringen kann. Die Reinigung
erfolgt mit scharf ausgedrücktem Schwamm und
säure- und keimfreier Watte, nach Bedürfnis un-
ter Zuhilfenahme von Seifenschaum. Das Wasser
soll überschlagen sein. Das Abreiben geschieht
stückweise; schadhafte Stellen sind auszusparen
und mit weichen Leinwandläppchen und Stäbchen
besonders zu behandeln. Die gereinigten Stellen
werden sofort mit frischer Watte trocken ge-
rieben, nachdem Seifenreste feucht entfernt sind.
— Besondere Vorsicht wurde bei Leinwand- und
Temperabildern empfohlen. Italienische Tempera-
bilder wurden fast durchgängig trocken behan-
delt, wenn sie auch meistens stark gefirnisst sind
und die Gefahr, die Farbschicht zu verletzen, da-
her nur sehr gering war.
Die Arbeiten wurden in der Loggia und in
den Oberlichtsälen, deren Türen nach Süden hin
geöffnet waren, durch die genannten Restauratoren
ausgeführt. Beim Reinigen wurden die Gemälde
in senkrechter Lage aufgestellt. Eine lieber-
wachung fand durch Herrn Geheimrat v. Tschudi
und die übrigen Beamten ständig statt. Bei
mehreren Bildern mussten vor der Reinigung
Blasen und aufgestandene Farbteile niederlegt
werden; bei einigen trat nach der Reinigung eine
Trübung des Firnisses auf, die aber in jedem
Falle durch Regenerierung leicht zu besei-
tigen war.
Das Ergebnis der Reinigung war erstaunlich.
Eine Reihe von Bildern sind aus Staub und Russ
wie neue Offenbarungen erstanden, und mancher
Besucher hat seine Lieblinge, die er bisher nur
durch die getrübte Oberfläche zu beschauen ge-
wohnt war, kaum wiedererkannt Vor allem war
dies bei altdeutschen, altniederländischen und flä-
mischen Bildern der Fall, die nun in einer Farben-
pracht erglänzten, die man seit Menschengedenken
nicht mehr an ihnen gekannt hatte. Verstärkt wurde
allerdings diese Wirkung bei den Altdeutschen
und Altniederländern dadurch, dass sie statt auf
farbigen auf einen fast weissen Grund gehängt
worden waren, auf dem ihre schlichte Schönfarbig-
keit und die Leuchtkraft der Farben viel stärker
als bisher hervortrat. Aber auch bei anderen
Schulen konnten ähnliche Beobachtungen gemacht
werden. Besonders bei den Landschaften und
Skizzen vonRubens trat der Unterschied starkhervor.
Wohl begreiflich, dass mancher Besucher
nach des Rätsels Lösung suchte. Sicher ist auch,
dass Schäden, die bisher nicht recht sichtbar ge-
wesen waren, besonders bei regenerierten Bil-
dern, nun ganz anders in die Augen fielen (zur Er-
klärung vergl. Pettenkofer, Ueber Oelfarbe, S. 83 ff.),
und begreiflich ist es, dass diejenigen, die mit mehr
Liebe als Sachkenntnis die veränderten Gemälde
betrachteten und hörten, sie seien „gewaschen“
worden, diese jetzt erst sichtbaren Schäden jenen
Waschungen zuschrieben.
Am 15. Juli 1910 erschien denn auch in den
Technischen Mitteilungen für Malerei (XXVII,
Nr. 2, S. 9) ein Artikel des Kunstmalers Franz
Guillery, in dem die Behauptung aufgestellt wurde,
es sei eine Reihe von Bildern, die im Einzelnen
mit Nummern aufgeführt wurden — nach Guillery
sind es 77 Stück — „durch Waschungen mit
Wasser mehr oder minder schwer (Risse, Ab-
splitterungen, Abreibungen etc.) beschädigt wor-
den“. Diese Liste — so bemerkt Herr Guillery
— ist „mit Ausnahme der Altdeutschen unvoll-
ständig und Hesse sich leider ohne Zweifel be-
deutend erweitern“.
Es erfolgte weiter im Bayrischen Landtag
(Abgeordnetenhaus) am 15. und 16, Juli 191G
eine Anfrage an die Regierung über die „Wasch-
anstalt in der Pinakothek“, die der Kultusminister
v. W'ehner unter Darlegung der Verhältnisse be-
antwortete, jedoch in einem Sinne, der der oben
angeführten Auslegung des Herrn Guillery direkt
widersprach.
Eine Erweiterung seiner Liste, allerdings eine
sehr vage, enthält dann ein späterer Artikel des
Herrn Guillery, betitelt „An meine Kritiker“ in
der Zeitschrift „Der deutsche Künstler“ vom
19. Mai 1918, S. 112, wo er von den „Waschungen
und Restaurierungen Tschudis“ spricht, „welchen
mehrere hundert der unersetzlichen altdeutschen
und italienischen Tafeln zum Opfer fielen, zum
Teil grosse Schäden erlitten, zum Teil den Keim
baldigen Verfalls in sich aufnehmen“.
Guillery hat später in der Entgegnung der
Künstlergewerkschaft auf eine Kritik in der
„Münchener Post“ geltend gemacht, Tschudi habe
eine grosse Anzahl von Bildern der Alten Pina-
kothek der eindringlichsten Wasserbehandlung
unterzogen und dadurch 70 Gemälde, darunter
ausserordentlich wertvolle, aufs schwerste ge-
schädigt und entwertet. (Zitiert nach der „Ent-
gegnung“ von Hermann Esswein in der „Mün-
chener Post“ vom 18. 1. I9I9-) Die Zahlenan-
gaben der nach Guillery geschädigten Gemälde
schwanken also zwischen yo und mehreren hun-
dert Stück.
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Wurde regeneriert.
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Münchner kunsttechnische Blätter
Übung der Gemäldeerhaltung diejenigen Bilder,
deren Schmutzschicht sich auf trockenem Wege
nicht entfernen Hess, wenn sie gewisse Bedingungen
erfüllten, mit Wasser und nötigenfalls mit Seife
reinigen zu lassen.
Die damals gegebene Anweisung, deren sich
die sämtlichen noch lebenden Beamten genau er-
innern, lautete: die Gemälde, die nicht auf
trockenem Wege gereinigt werden können, sollen
mit Wasser, nötigenfalls in besonders hartnäckigen
Fällen auch mit Seife gereinigt werden. Die Bil-
der sind zuerst genau auf Schäden, Risse im Fir-
nis, aufgestandene Stellen und Blasen zu unter-
suchen, da unbedingt zu vermeiden ist, dass
Wasser auf der Oberfläche stehen bleibt und in
schadhafte Stellen eindringen kann. Die Reinigung
erfolgt mit scharf ausgedrücktem Schwamm und
säure- und keimfreier Watte, nach Bedürfnis un-
ter Zuhilfenahme von Seifenschaum. Das Wasser
soll überschlagen sein. Das Abreiben geschieht
stückweise; schadhafte Stellen sind auszusparen
und mit weichen Leinwandläppchen und Stäbchen
besonders zu behandeln. Die gereinigten Stellen
werden sofort mit frischer Watte trocken ge-
rieben, nachdem Seifenreste feucht entfernt sind.
— Besondere Vorsicht wurde bei Leinwand- und
Temperabildern empfohlen. Italienische Tempera-
bilder wurden fast durchgängig trocken behan-
delt, wenn sie auch meistens stark gefirnisst sind
und die Gefahr, die Farbschicht zu verletzen, da-
her nur sehr gering war.
Die Arbeiten wurden in der Loggia und in
den Oberlichtsälen, deren Türen nach Süden hin
geöffnet waren, durch die genannten Restauratoren
ausgeführt. Beim Reinigen wurden die Gemälde
in senkrechter Lage aufgestellt. Eine lieber-
wachung fand durch Herrn Geheimrat v. Tschudi
und die übrigen Beamten ständig statt. Bei
mehreren Bildern mussten vor der Reinigung
Blasen und aufgestandene Farbteile niederlegt
werden; bei einigen trat nach der Reinigung eine
Trübung des Firnisses auf, die aber in jedem
Falle durch Regenerierung leicht zu besei-
tigen war.
Das Ergebnis der Reinigung war erstaunlich.
Eine Reihe von Bildern sind aus Staub und Russ
wie neue Offenbarungen erstanden, und mancher
Besucher hat seine Lieblinge, die er bisher nur
durch die getrübte Oberfläche zu beschauen ge-
wohnt war, kaum wiedererkannt Vor allem war
dies bei altdeutschen, altniederländischen und flä-
mischen Bildern der Fall, die nun in einer Farben-
pracht erglänzten, die man seit Menschengedenken
nicht mehr an ihnen gekannt hatte. Verstärkt wurde
allerdings diese Wirkung bei den Altdeutschen
und Altniederländern dadurch, dass sie statt auf
farbigen auf einen fast weissen Grund gehängt
worden waren, auf dem ihre schlichte Schönfarbig-
keit und die Leuchtkraft der Farben viel stärker
als bisher hervortrat. Aber auch bei anderen
Schulen konnten ähnliche Beobachtungen gemacht
werden. Besonders bei den Landschaften und
Skizzen vonRubens trat der Unterschied starkhervor.
Wohl begreiflich, dass mancher Besucher
nach des Rätsels Lösung suchte. Sicher ist auch,
dass Schäden, die bisher nicht recht sichtbar ge-
wesen waren, besonders bei regenerierten Bil-
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klärung vergl. Pettenkofer, Ueber Oelfarbe, S. 83 ff.),
und begreiflich ist es, dass diejenigen, die mit mehr
Liebe als Sachkenntnis die veränderten Gemälde
betrachteten und hörten, sie seien „gewaschen“
worden, diese jetzt erst sichtbaren Schäden jenen
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Am 15. Juli 1910 erschien denn auch in den
Technischen Mitteilungen für Malerei (XXVII,
Nr. 2, S. 9) ein Artikel des Kunstmalers Franz
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es sei eine Reihe von Bildern, die im Einzelnen
mit Nummern aufgeführt wurden — nach Guillery
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Wasser mehr oder minder schwer (Risse, Ab-
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— ist „mit Ausnahme der Altdeutschen unvoll-
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Es erfolgte weiter im Bayrischen Landtag
(Abgeordnetenhaus) am 15. und 16, Juli 191G
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anstalt in der Pinakothek“, die der Kultusminister
v. W'ehner unter Darlegung der Verhältnisse be-
antwortete, jedoch in einem Sinne, der der oben
angeführten Auslegung des Herrn Guillery direkt
widersprach.
Eine Erweiterung seiner Liste, allerdings eine
sehr vage, enthält dann ein späterer Artikel des
Herrn Guillery, betitelt „An meine Kritiker“ in
der Zeitschrift „Der deutsche Künstler“ vom
19. Mai 1918, S. 112, wo er von den „Waschungen
und Restaurierungen Tschudis“ spricht, „welchen
mehrere hundert der unersetzlichen altdeutschen
und italienischen Tafeln zum Opfer fielen, zum
Teil grosse Schäden erlitten, zum Teil den Keim
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Guillery hat später in der Entgegnung der
Künstlergewerkschaft auf eine Kritik in der
„Münchener Post“ geltend gemacht, Tschudi habe
eine grosse Anzahl von Bildern der Alten Pina-
kothek der eindringlichsten Wasserbehandlung
unterzogen und dadurch 70 Gemälde, darunter
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