Von allerlei Reisen zu alideutschen Bildern heimkehrend, erkannte ich bald mit
begründeter Sicherheit Hans Baidung als den richtigen Urheber des allegori-
schen Bildes, und ich machte Engerth gegenüber in artigster Weise daraus kein
Hehl. Er war sichtlich betroffen, lenkte aber aalglatt diplomatisch ein. Für mich
hatte freilich die Sache unangenehme Folgen. Noch andere Vorratsbilder hätten
mich kräftig angezogen, aber angeblich war die Stunde schon vorgerückt.
Man mufite sperren. Und so blieb es auch fortan. Ich habe seit der Entdeckung
des Baidung das Belvederedepot nicht mehr betreten dürfen, bis die seitherigen
Galerieleitungen von freisinnigerer Art den Zutritt wieder möglich machten.
Ein verwandtes Erlebnis knüpft sich an meinen Fund des kleinen P. v. Hattig
im oberen Belvedere. Mit frischem Blick bei günstiger Beleuchtung fand ich im
Goldkabinett auf der Abendlandschaft, die bei Engerth als Nr. 1280 beschrieben
ist, die bis dahin unbekannt gebliebene Signatur des überaus seltenen
Utrechter Meisters P. v. Haitick.*) Den kleinen Fund veröffentlichte ich in der
„Chronique des arts et de la curiositee" (1891, Nr. I). Kaum war die Sache in
Wiener Kunsikreisen und in der Direktion des Belvedere bekannt geworden,
als auch schon das Goldkabineit für den Besuch gesperrt wurde.
War ich in diesen Fällen von der Besichtigung der Bilder ausgeschlossen
worden, so hat man es anderswo aus Versehen wieder zu gut gemeini. Die
Gelegenheit zur Besichtigung wurde mir nämlich einige Male in peinlicher Weise
verlängert. In der wenig besuchten Galerie zu Winterihur (noch in der alten
Aufstellung] hatte ich mich bei dem greisen Galerievorstand gemeldet und
freundlichste Aufnahme gefunden, unkundig der Besuchsstunden. Die Graff-
sehen Bilder fesselten mich eine Zeitlang und ich musterte auch die übrigen
Bilder durch. Will mich auf demselben Weg wieder entfernen, auf dem ich ge-
kommen war, finde aber die Türen versperrt. Der gute Alte hatte vergessen,
dajj ich oben bei den Bildern war. Die Bilderzimmer befanden sich in einem
hohen Stockwerk. Was war nun zu machen? Ich sollte zur Eisenbahn eilen.
Die wartet aber nicht. So öffnete ich denn ein Fenster, das nach der belebten
Strafe zu ging. Meine Rufe verhallten vergebens im Lärm des Verkehrs. Erst
als ich auf den Gedanken kam, die unten Vorbeigehenden mit grofjen Papier-
bomben zu bewerfen, war der Anfang einer Verständigung gegeben, die mich
dann bald frei machte. Zum richtigen Zug kam ich aber zu spät auf den Bahn-
hof. — Ähnliches ist mir im Franzensmuseum zu Brünn widerfahren, wo ich bei
starkem Sonntagsbesuch mich bis zu den wenigen bedeutenden alten Italienern
*) Erst in viel späterer Zeit hat A. Bredius in seiner Veröffentlichung
„Künstlerinventare", Bd. II, S. 476 und 521, mehreres von diesem Kleinmeisfer
nachgewiesen.
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begründeter Sicherheit Hans Baidung als den richtigen Urheber des allegori-
schen Bildes, und ich machte Engerth gegenüber in artigster Weise daraus kein
Hehl. Er war sichtlich betroffen, lenkte aber aalglatt diplomatisch ein. Für mich
hatte freilich die Sache unangenehme Folgen. Noch andere Vorratsbilder hätten
mich kräftig angezogen, aber angeblich war die Stunde schon vorgerückt.
Man mufite sperren. Und so blieb es auch fortan. Ich habe seit der Entdeckung
des Baidung das Belvederedepot nicht mehr betreten dürfen, bis die seitherigen
Galerieleitungen von freisinnigerer Art den Zutritt wieder möglich machten.
Ein verwandtes Erlebnis knüpft sich an meinen Fund des kleinen P. v. Hattig
im oberen Belvedere. Mit frischem Blick bei günstiger Beleuchtung fand ich im
Goldkabinett auf der Abendlandschaft, die bei Engerth als Nr. 1280 beschrieben
ist, die bis dahin unbekannt gebliebene Signatur des überaus seltenen
Utrechter Meisters P. v. Haitick.*) Den kleinen Fund veröffentlichte ich in der
„Chronique des arts et de la curiositee" (1891, Nr. I). Kaum war die Sache in
Wiener Kunsikreisen und in der Direktion des Belvedere bekannt geworden,
als auch schon das Goldkabineit für den Besuch gesperrt wurde.
War ich in diesen Fällen von der Besichtigung der Bilder ausgeschlossen
worden, so hat man es anderswo aus Versehen wieder zu gut gemeini. Die
Gelegenheit zur Besichtigung wurde mir nämlich einige Male in peinlicher Weise
verlängert. In der wenig besuchten Galerie zu Winterihur (noch in der alten
Aufstellung] hatte ich mich bei dem greisen Galerievorstand gemeldet und
freundlichste Aufnahme gefunden, unkundig der Besuchsstunden. Die Graff-
sehen Bilder fesselten mich eine Zeitlang und ich musterte auch die übrigen
Bilder durch. Will mich auf demselben Weg wieder entfernen, auf dem ich ge-
kommen war, finde aber die Türen versperrt. Der gute Alte hatte vergessen,
dajj ich oben bei den Bildern war. Die Bilderzimmer befanden sich in einem
hohen Stockwerk. Was war nun zu machen? Ich sollte zur Eisenbahn eilen.
Die wartet aber nicht. So öffnete ich denn ein Fenster, das nach der belebten
Strafe zu ging. Meine Rufe verhallten vergebens im Lärm des Verkehrs. Erst
als ich auf den Gedanken kam, die unten Vorbeigehenden mit grofjen Papier-
bomben zu bewerfen, war der Anfang einer Verständigung gegeben, die mich
dann bald frei machte. Zum richtigen Zug kam ich aber zu spät auf den Bahn-
hof. — Ähnliches ist mir im Franzensmuseum zu Brünn widerfahren, wo ich bei
starkem Sonntagsbesuch mich bis zu den wenigen bedeutenden alten Italienern
*) Erst in viel späterer Zeit hat A. Bredius in seiner Veröffentlichung
„Künstlerinventare", Bd. II, S. 476 und 521, mehreres von diesem Kleinmeisfer
nachgewiesen.
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