Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Neue Blätter für Gemäldekunde — Wien, 1.1922-1923

DOI Artikel:
Notizen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20642#0103

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
NOTIZEN. .

Ein beachtenswertes Pentimen t, ein Reuezug, also eine auf-
fallende Verbesserung, Änderung von der Hand des Meisters findet sich auf
der grofjen Skizze von Van Thulden in der Galerie der Wiener Akademie der
bildenden Künste. Dieser hervorragende Farbenentwurf stellt eine Allegorie
auf die Vereinigung niederländischer Provinzen dar. Die monumentale weib-
liche Figur der „Unio libra" (statt libera) rechts im Bilde auf hohem Thron. Zu
ihrer Rechten „Justitia", zu ihrer Linken „Mars" auf einem Postament, nahe
beim Thron ein Genius in Kindesgestalt, durch Beischrift als „Libertas" gekenn-
zeichnet. Auf dem Postament steht geschrieben „castor polix" und auf dem
Medaillon darunter „CASTOR et POLVX". Putten, welche die Fasces über die
Thronstufen hinaufschleppen, sind von der Inschrift „Eendraegt" begleitet (Ein-
tracht). Weiter unten das Pentiment, auf das ich aufmerksam machen will, wo-
gegen die weitere Beschreibung einem großen Katalog überlassen bleibt. Das
angedeutete Pentiment ist sicher schon manchem aufgefallen, aber noch
nirgends in der Literatur erwähnt. Unwichtige Pentimenfe kommen in Unzahl
vor. Hier handelt es sich um die Tilgung zweier ganzer Putten-
figuren, die vorne auf den Stufen des Thrones der Unio libera dargestellt
waren. Der Künstler hat sie so überstrichen, dag sie unter einem Lager von
Farben verborgen blieben, das nun die Stufen darstellt ohne Putten. Je öfter
das Bild gereinigt wird, bzw. je dünner die obersten Schichten werden, desto
mehr kommen die unteren wieder zum Vorschein. Man kann vor dem scharfen
Puhen der Bilder, wie es einige Zeit der Brauch war, nicht genug warnen.

Fr.

Ein hochbedeuisames Bild aus der Schule des Jakob Jordaens in
einer Grazer Sammlung ist mir im Laufe des Sommers bekannt geworden.
Ich sah es bei Frl. Betty Welschan in Graz. Das Gemälde ist etwas vernach-
lässigt, aber im wesentlichen gut erhalten. „Schule des Jordaens" ist der ge-
ringste Ausdruck, mit dem das Bild zu bedenken wäre. Denn die Erfindung
rührt sicher vom Meister selbst her und auch die Ausführung ist zum Teil von
ihm. Dargestellt sind drei schlafende Nymphen, zu denen Amor herankommt.
Prächtige Landschaft mit einer Rinderherde rechts vorn und einem Schlofj
im Mittelgrund. Am Himmel rechts ein Stück Regenbogen. Zur Zeit, als Max
Rooses seine groge Biographie über Jak. Jordaens vorbereitete, beschrieb er
eine ähnliche Komposition, in einigen Zügen vom Grazer Bild abweichend, die
sich damals bei Frau Bougard in Brüssel befand. In alten niederländischen
Galerien sind mehrere Bilder von Jordaens ähnlicher Art nachzuweisen, so
z. B. 1708 auf einer nicht namentlich angeführten Versteigerung zu Amsterdam

90
 
Annotationen