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Frimmel, Theodor von [Editor]
Neue Blätter für Gemäldekunde — Wien, 1.1922-1923

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Frimmel, Theodor von: Erlebnisse in Galerien
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Frimmel, Theodor von: Das Bildnis des Bildhauers Guillelmus Paludanus im Wiener Nationalmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.20642#0043

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durchgearbeitet hatte. Es war gegen die Mittagszeit. Die alten Bilder fanden
wenig Zuspruch beim Sonntagspublikum, was mir nicht unlieb war, da ich ein-
gehende Notizen zu machen gedachte. Aber die Ruhe um mich wurde mir doch
ungemütlich. Nahe und fern kein Geräusch. Da höre ich nicht weit vom Raum
mit den Italienern eine eiserne Tür zuklappen. Als ich dem Geräusch nachging,
fand ich die Tür versperrt. Kein Klopfen, kein Rufen fruchtete. Wie ehemals in
Winterthur mukte ich mich durchs geöffnete Fenster verständigen. Es dauerte
nicht eben kurz, bis ein Herr auf den einsamen Plak des Weges kam und dann
gütig meine Befreiung einleitete.

Geradewegs komisch war mein Eintritt in die kleine Galerie des Damen-
stiftes zu Mosigkau unfern von Dessau. In der Vorhalle sah ich mich nach
jemandem um, der mir wohl Auskunft geben könnte. Oben bei einer hohen
Treppe bemerkte ich eine ältliche Dame, der ich zurief: „Bitte, kann ich die
Gemälde sehen?" Sofort kam in scharfem Ton der Entrüstung die Gegen-
frage zurück: „Wa—as, die Mädels wollen Sie sehen?" Erst meine Ver-
sicherung, dag ich es nicht auf die „Mädels", sondern wirklich auf die Gemälde
abgesehen hätte, erschloß mir den Bildersaal.

Bei Gelegenheit noch weiteres.

Dr. Th. Frimmel.

DAS BILDNIS DES BILDHAUERS GUILLELMUS PALUDANUS
IM WIENER NATIONALMUSEUM.

Unter den Neuerwerbungen des Hofmuseums (seither Nationalmuseums)
befindet sich ein fesselndes, höchst beachtenswertes Künstlerbildnis, das unter
die wertvollen der neu eingereihten Gemälde gehört. Es ist als 760 A, und
zwar als „niederländisch (1564), Bildnis des Bildhauers Guillelmus Paludanus"
allgemein zugänglich und jefet jeden Freitag ohne Eintrittsgeld zu sehen. Ich
habe vor einiger Zeit in den „Studien und Skizzen zur Gemäldekunde" (Bd. V,
S. 161) dieses Gemälde als Selbstbildnis des Bildhauers ganz kurz er-
wähnt, noch ohne Begründung. Diese sei nun im Folgenden nachgeholt. Dag
wir ein Autoporfrät des genannten Künstlers vor uns haben, wird bei genauer
Lesung der Inschrift vollkommen klar. Die Lesung der Schrift ist aus der Nähe
unzweifelhaft sicher, obwohl die dunklen, „schwarzen" Buchstaben und Ziffern
durch Nachdunkeln des Grundes, auf den sie aufgesefet sind, dem raschen Blick
aus der Ferne überhaupt entgehen dürften. Der Dargestellte (unterlebensgrofje
Halbfigur in Profil, das ist in voller Wendung nach rechts) an einem Medaillon
bossierend, befindet sich vor einer ziemlich dunklen Nische, auf deren halb-

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