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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Neue Blätter für Gemäldekunde — Wien, 1.1922-1923

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Frimmel, Theodor von: Das Bildnis des Bildhauers Guillelmus Paludanus im Wiener Nationalmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.20642#0044

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kreisförmigen Siirnbogen in sauberer Kapitalis elegans folgendes zu sehen ist:
„G • P • S • AETATIS SVAE ANNO XXXIII. MEN. IV DIES XXII PIX IN MARTIO"
und symmetrisch geteilt darunter in arabischen Ziffern „15 64". In „aetatis
suae" sind, wie gewöhnlich A und E verbunden. Die angegebenen Ziffern
passen nur zum Mechelner Bildhauer Wilhelm van den Broeck, genannt Palu-
danus, wonach die Auflösung der Kürzungen ohne Zweifel die ist, dafj
„G P S ": Guillelmus Paludanus Sculptor bedeutet. „Pix" mit dem Kürzungs-
strich darüber heifjt, wie sonst: pinxit. Die Übersetzung des Ganzen ist also:
Guillelmus Paludanus der Bildhauer im Alter von 33 Jahren 4 Monaten und
22 Tagen hat dies im März 1564 gemalt.

In mehrfacher Weise darf das Gemälde unsere Aufmerksamkeit in An-
spruch nehmen, über den Mechelner Bildhauer G. v. den Broeck ist nicht allzu
viel bekannt gewesen. Als der Abschnitt über ihn in Thieme-Beckers Künstler-
lexikon erschien, war noch kein einziges Werk von seiner Hand bekannt, weder
eine Skulptur, noch ein Gemälde.*) Erst 1919 veröffentlichte Schestag in „Kunst
und Kunsthandwerk" eine Figur aus dem Besih des österreichischen Museums
für Kunst und Industrie in Wien,**) die signiert und datiert ist: „Guilielmo
Palud • no Mechi fecit Anno MDLXIX". Es ist die mehr als einen halben Meter
hohe Terrakottafigur eines Geschundenen, eine Art Muskelmann, vielleicht ein
Heiliger (Bartholomäus), etwa auch ein Marsyas). Nach alten eigenen Notizen
aus dem Maximiliansmuseum zu Augsburg kann ich noch drei weitere sichere
Arbeiten des G. Paludanus anführen. Diese sind virtuos behandelte Alabaster-
reliefs. Zwei davon stellen Gruppen mit Christus am Kreuz dar, die dritte
eine Auferstehung Christi. Als ich mich vor einiger Zeit nach diesen Reliefs
erkundigte, teilte mir Herr Direktor Ohlenroth freundlichst mit, dajj die Drei-
kreuzegruppe Nr. 1374 datiert und signiert ist „Guilelmus Paludanus in vent —
R et fecit anno M.D.LXII". Nr. 1369, die zweite Dreikreuzegruppe, ist mono-
grammiert und datiert „G. P. F. Anno M.D.LX". Die Gruppe mit der Auf-
erstehung scheint nicht inschriftlich beglaubigt zu sein. Ich gedenke Näheres
über diese Reliefs an anderer Stelle (in Donaths Kunstwanderer) mitzuteilen.

Wir kennen also jefet fünf plastische Arbeiten von Paludanus: den Muskel-
mann im Osterr. Museum für Kunst und Industrie zu Wien, die drei Alabaster-
gruppen in Augsburg und das Medaillon (mit weibl. Brustbild), das auf dem
Selbstbildnis des Künstlers im Wiener Nationalmuseum dargestellt ist. Das

*) Zur Literatur, die dort benuht wird, fügte Herr Dr. Ankwicz noch
freundlichst hinzu: Flor. Lecomte Cabinet de singularite II, 34. Auch Alfred
von Wurzbachs Lexikon kannte keine Arbeit von ihm.

**) A. Schestag, „Die Neuaufstellung der Kleinplastik im österr. Museum",
S. 116 und 121 ff.

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