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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Neue Blätter für Gemäldekunde — Wien, 1.1922-1923

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Frimmel, Theodor von: Ein merkwürdiges holländisches Bild aus dem ersten viertel des 17. Jahrhunderts
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Frimmel, Theodor von: Der Denis Calvaert in der Wiener Sammlung Sonnenmoser und seine Wanderungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20642#0119

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einem: „Non liquet" alle Erörterungen abbrechen möchte. Im Gegenteil will
ich zu weiteren Vergleichungen anregen, die sich jedenfalls zwanglos ergeben
würden, wenn das merkwürdige Bild in einer viel besuchten Galerie, etwa im
Ryksmuseum zu Amsterdam, oder im Maurtshuys des Haag oder sonstwo
öffentlich gezeigt würde. Dr. Th. Frimmel.

DER DENIS CALVAERT IN DER WIENER SAMMLUNG
SONNENMOSER UND SEINE WANDERUNGEN.

Seit mehreren Jahren kenne ich ein kunstgeschichtlich und künstlerisch be-
deutendes Gemälde von Denis Calvaert, das die Bekehrung des Saulus dar-
stellt, und zwar in einer geradewegs dramatischen Auffassung und mit hoher
Farbenkraft, ohne dabei beängstigend unruhig oder schreiend bunt zu sein.
Eine nicht ganz unbedingte Übereinstimmung mit den Angaben in der Apostel-
geschichte (Actus Apostolorum, Cap. IX, Vers 2 bis 9) fällt nicht in die Wag-
schale, da man doch jedem Künstler seine Freiheit in der Auffassung der
Texte zugestehen mug.

Dag das Bild echt ist, kann von keinem Kunstverständigen bezweifelt
werden. Es stimmt ja so prächtig zu so vielem, das als unzweifelhafte Arbeit
des Meisters bekannt geworden ist und bietet uns noch überdies eine alte,
vollkommen vertrauenswürdige Signatur:

„DIONISI..
CALVART
ANTVER

dabei undeutliche Reste einer Jahreszahl
(in dunkler Schrift gegen unten rechts) — Gemälde auf Leinwand, Breite 146,
Höhe 100 cm. Auf der beiliegenden Tafel wird das Gemälde abgebildet, das bei
aller Verwicklung der Überschneidungen klar und übersichtlich angeordnet und
aufgebaut ist. Man erkennt ohne weiteres an hervorragender Stelle vorne
mitten die Haupigruppe. Saulus (in graulich blauer Lorica), vom Pferde ab-
geworfen, beginnt, sich vom Boden zu erheben und hat Kopf und Blick gegen
einen Gefährten erhoben, der ihm helfend unter die Arme reicht. Der sattrote
Mantel Sauls ist beim Sturz aus dem Sattel abgestreift worden, und Saulus
kam darauf zu liegen. Der breite Gürtel ist abgerissen und die geöffnete
Schnalle liegt vorne auf dem Boden. Ein ähnliches kräftiges, zinnoberiges
Rot wie in Sauls Mantel kehrt wieder im Barett des Mannes, der dem Ge-
stürzten aufhilft. Die Lorica dieses Mannes ist rötlich violett. Diese Haupt-
gruppe wird kräftig von oben her beleuchtet, wo aus Wolken düsterster

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