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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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Reiners, Heribert: Der Meister des Heiligen Grabes zu Freiburg (Schweiz)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0037

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Heribert Reiners /Der Meister des Heiligen Grabes zu Freiburg (Schweiz)

Der Meister des Heiligen Grabes zu Freiburg (Schweiz)
Von Heribert Reiners
Die Freiburger Plastik ist noch wenig erforscht. Und doch bietet sie in der Schweiz das reichste
Material mit einer so geschlossenen Entwickelung und einer so großen Zahl von Meisternamen wie kein an-
deres Gebiet des Landes. Bisher hat man sich in erster Hinsicht mit den Skulpturen seit dem Ende des
15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts befaßt, den Bildhauern Geiler und Gieng sein Hauptinteresse zu>
gewandt. Diese beiden pflegen im allgemeinen zuerst in die Vorstellung zu treten, wenn man von Freiburger
Plastik spricht. Ihr Schaffen fällt mit dem Höhepunkte Freiburger Geschichte zusammen, auf dem mit den
übrigen Künsten auch die Plastik sich in starker Fruchtbarkeit entfaltete. Doch wurde das, was sie hervor-
gebracht, auf Grund des reichen Materiales, das uns erhalten blieb, wohl auch aus der allgemeinen Bevor-
zugung, welche die späte Gotik so lange erfuhr, in seinem künstlerischen Werte wohl etwas überschätzt, auf
Kosten dessen, was vorher und nachher entstand. Erst in jüngster Zeit hat das kunsthistorische Institut der
Freiburger Universität begonnen, in photographischen Aufnahmen systematisch das ganze Material der alten
Freiburger Plastik zu sammeln, das in den vielen Kirchen von Stadt und Land und den einsamen Berg-
kapellen durch den Kanton zerstreut ist. Noch ist die Bestandsaufnahme nicht abgeschlossen. Aber sie
bestätigt schon nach den bisherigen Ergebnissen, daß neben dem 16. Jahrhundert auch die übrigen Zeiten
teilweise einen fast gleich großen Anteil an der reichen plastischen Produktion haben, daß sie in der Mannig-
faltigkeit der künstlerischen Individualitäten und dem hohen Wert so vieler Werke dem viel gerühmten
16. Jahrhundert nicht nur gleichwertig, sondern oft überlegen sind.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts setzt die Plastik mit einem größeren Werke ein, dem Skulpturen-
schmuck des Südportales der Kathedrale, aus dem ersten Viertel des Jahrhunderts1. Erst nach mehreren
Jahrzehnten wurde ihr eine ähnlich große Aufgabe gestellt im Schmuck des Hauptportales der gleichen Kirche2.
Seine Vollendung zog sich durch ein Jahrhundert hin. Eingeleitet wurde er etwa im 8. bis 9- Jahrzehnt des
14. Jahrhunderts durch das Bild des jüngsten Gerichtes im Tympanon und die Figuren der Bogenkehlen,
handwerklich tüchtigen Steinmetzarbeiten, aber ohne besonderen künstlerischen Wert. Zu Beginn des
15. Jahrhunderts erst treten mit den Einzelfiguren der Apostel ein paar ausgezeichnete Kräfte auf, mit ihnen
auch jener Meister, der eines der bedeutendsten Werke der Schweizer Plastik jener Zeit erstellte, das hl. Grab
in St. Nicolaus (Taf. 12)3.
Es ist eine Sandsteingruppe von 13 lebensgroßen Figuren. Die übliche Bezeichnung paßt nicht ganz.
Denn an die Stelle des früher gegebenen eigentlichen hl. Grabes, wofür Freiburg im Kloster der Maigrauge
in einer eigenen Form ein besonders schönes Beispiel hat, ist hier die Grablegung getreten. Joseph von
1 H. Reiners, Das Südportal der Kathedrale zu Freiburg in der Schweiz. In der Festschrift für Paul Clemen, Bonn
1926, S. 345 ff.
2 Das Hauptportal eingehend behandelt von J. Zemp, Sculptures du porche de Saint-Nicolas a Fribourg: Fribourg
Artistique ä travers les äges, XI, 1900 pl. IV—VIII.
3 Das hl. Grab zuerst veröffentlicht in Fribourg Artistique V, 1894, pl. XX, mit Text von J. J. Berthier. Außerdem
an anderen Stellen wiederholt darauf verwiesen, so von J. Zemp, Die Kunst der Stadt Freiburg im Mittelalter: Freiburger
Geschichtsblätter X, 1903, S. 211; von J. Futterer, Zur Plastik des 14. Jahrhunderts in der Schweiz: Anzeiger für Schwei-
zerische Altertumskunde N. F. XXVIII, 1926, S. 179; Futterer, Gotische Plastik der Schweiz: Die Kunst in der Schweiz
1929, S. 48.

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