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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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[Rezension zu: Rudolf Kautzsch (Hrsg.), Mittelalterliche und Reinaissance-Baukunst im Elsass. Reiseaufnahmen eines Architekten]
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Noack, Werner: [Rezension zu: Hans Jantzen, Das Münster zu Freiburg - Hans Reinhold, Der Chor des Münsters zu Freiburg i. Br. und die Baukunst der Parlerfamilie - Hermann Ginter, Südwestdeutsche Kirchenmalerei des Barock - Friedrich Hefele, Aus Freiburgs Baugeschichte]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0235

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Buchbesprechungen

die Gotik fehlt uns noch eine gründliche und abschließende
Untersuchung der elsässischen Architektur. Hier werden die
Aufnahmen von Cades einmal als Vorarbeit Bedeutung
haben. N.
Hans Jantzen: DAS MÜNSTER ZU FREIBURG (Deutsche
Bauten, 15. Band). Burg bei Magdeburg 1929.
Hans Reinhold: DER CHOR DES MÜNSTERS ZU FREI-
BURG I. BR. UND DIE BAUKUNST DER PARLER-
FAMILIE (Studien zur Deutschen Kunstgeschichte,
Heft 263). Straßburg i. E. 1929.
Hermann Ginter: SÜDWESTDEUTSCHE KIRCHEN-
MALEREI DES BAROCK. Die Konstanzer und Freibur-
ger Meister des 18. Jahrhunderts. Augsburg 1930.
Friedrich Hefele: AUS FREIBURGS BAUGESCHICHTE.
Die ehemalige Zähringer Vorstadt und Kreisbaumeister
Christoph Arnold. (Heimatblätter „Vom Bodensee zum
Main, Heft 34.) Karlsruhe i. B. 1929-
Die vorstehend aufgeführten Arbeiten behandeln ganz
oder mit wesentlichen Teilen Freiburger Bauwerke und
Kunstdenkmäler. Sie bringen für wichtige Abschnitte der
Kunstgeschichte unserer Stadt vom Mittelalter bis zum be-
ginnenden 19. Jahrhundert wertvolles, häufig bisher noch
ganz unbekanntes Material. Die mannigfachen Beziehungen
und Verknüpfungen in den verschiedenen Zeitabschnitten mit
auswärtigen Kunstzentren geben ihnen auch über das lokale
Interesse hinaus allgemeine Bedeutung.
Das kleine Buch von Jantzen befaßt sich mit Bau und
Ausstattung des Münsters. Es gibt in gedrängter Form, aber
außerordentlich klar und einprägsam, Baugeschichte und Be-
schreibung, als Führer für Besuch und Studium des Münsters
wie als Orientierung über den letzten Stand der Forschung
gleich ausgezeichnet. Aufgabe und Umfang schließen natür-
lich eine Beweisführung im einzelnen oder eine Auseinander-
setzung mit der Literatur aus. Der Fachmann erkennt leicht
die mancherlei neuen Beobachtungen und Feststellungen. Zu-
mal der Abschnitt über „Die Bildwerke am Bau" ist großen-
teils das Ergebnis eigener Forschung und gibt in straffer
übersichtlicher Gliederung die zeitliche und stilgeschichtliche
Gruppierung dieses für die Entwicklung der mittelalterlichen
Plastik am Oberrhein so bedeutsamen Materials. Die Ver-
bindung mit den benachbarten Zentren Basel und Straßburg
und darüber hinaus mit Burgund und Nordfrankreich, die
Verarbeitung am Ort und die selbständige Bedeutung der
Freiburger Bauhütte, besonders der am Turm und Chor
tätigen Meister, wird überzeugend dargelegt. Die vortrefflich
ausgewählten Abbildungen geben die Möglichkeit, die Aus-
führungen des Textes in allen wesentlichen Punkten leicht zu
verfolgen. Besonders wertvoll ist die Umzeichnung des Längs-
schnittes des Münsters von Georg Moller, der bereits 1827
erschienen, auch heute noch nicht durch eine Neuaufnahme
überholt, die einzige verläßliche Darstellung ist.
Der Chorumbau des Münsters in der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts findet in dem Buch von Reinhold eine gründ-

liche und sorgsame Untersuchung. Einleitend wird ein kurzer
Überblick über die Baugeschichte im ganzen, die Literatur
und die seitherigen Forschungsergebnisse und dann eine ge-
wissenhaft bis in alle Einzelheiten gehende ausführliche Be-
schreibung und Analyse des Bauwerkes gegeben, wobei auch
die figürlichen Skulpturen und die Bauornamentik die Be-
rücksichtigung finden, die sie im Rahmen einer Behandlung
der Baugeschichte beanspruchen müssen. Dabei wird auch die
architektonische Zusammengehörigkeit der gotischen Auf-
sätze der Hahnentürme mit dem Chorumbau nachgewiesen.
Die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse lassen den
1364 begonnenen Bau schon bald (wohl kurz nach 1370) zum
Stillstand kommen: nur die Sakristei auf der Südseite war
fertig, im übrigen blieben die äußeren Umfassungsmauern
in halber Höhe des Kapellenkranzes um die noch bis Ende
des 15. Jahrhunderts erhaltene romanische Apsis herum lie-
gen; erst 1471 mit der Berufung Hans Niesenbergers aus
Graz kommt der Bau allmählich wieder in Gang.
Als Baumeister am Münsterchor im dritten Viertel des
14. Jahrhunderts ist uns Hans von Gmünd, ein Glied der Fa-
milie Parier, überliefert, der vorher am Basler Münster tätig
war. Um die Stellung und Bedeutung der Freiburger Chor-
anlage innerhalb der Parier-Architektur zu erkennen, wird
diese in ihren Hauptwerken einer zusammenfassenden Unter-
suchung unterzogen, die ein klares und übersichtliches Bild
ihrer Entwicklung und der für sie wesentlichen neuen Mittel
gotischer Raumschöpfung und Komposition gibt. Es handelt
sich bei diesen Bauten der Parier in der Hauptsache um Chor-
anlagen, die sich in ihren architektonischen Formen, dem
Streben nach Zusammenfassung des ganzen Chorraumes ein-
schließlich Kapellenkranz zu einer Einheit, wesentlich von
der voraufgehenden Epoche unterscheiden, deren Chöre sich
mehr als eine Summe von Einzelkörpern darstellen. Freiburg
steht am Anfang dieser spätgotischen Entwicklung, die in den
späteren Bauten der Parier immer konsequenter ausgebildet
wird, und fügt sich in deren Ablauf organisch ein. Auch für
die architektonischen Einzelheiten (Profile, Maßwerk, Orna-
mentik usw.) läßt sich ebenso wie für die Gesamtanlage die
Stellung in der Parier-Baukunst überzeugend nachweisen. Wir
gewinnen auch von dieser Seite wieder eine Bestätigung der
Datierung in die Zeit von 1354 bis 1370/80.
Bei der Bauunterbrechung war die Anlage wenigstens so
weit vorgeschritten, daß sich die von Hans von Gmünd ge-
plante Gestaltung des Kapellenkranzes mit weitgehender Ge-
wißheit fast bis in alle Einzelheiten rekonstruieren läßt. Auch
daß von Anfang an eine basilikale Anlage geplant war, ist
nachzuweisen. Der Grundriß des inneren Langchores ist
schon durch die Anlage von 1354 festgelegt. Für den Aufbau
des Hochchores ergibt sich eine Gestaltung, die durchaus
den „Glashallen" Peter Parlers, des Hauptmeisters der Fa-
milie, entsprochen hätte. Der Ausbau durch Hans Niesenber-
ger kommt in der Raumgestaltung im wesentlichen auf den
ursprünglichen Plan heraus, von den architektonischen Ein-
zelheiten und der Anlage der — von Hans von Gmünd sicher
sehr breit vorgesehenen — Fenster natürlich abgesehen.

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