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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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[Rezension zu: Ilse Futterer, Zürich, Schweizer Kunstführer, Bd. 4]
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[Rezension zu: H. A. Schmid, Alte Meister der Basler Kunstsammlung]
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Feurstein, Heinrich: [Rezension zu: H. H. Naumann, Das Grünewaldproblem und das neuentdeckte Bildnis des zwanzigjährigen Matthias Nithart aus dem Jahre 1475]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0240

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Buchbesprechungen

Lande — Deutsche Kunst" gelegen. Vielleicht erscheint
bald — etwa ähnlich wie „Das schöne Gesicht Frankfurts
am Main" von Binding und Schönberger oder „Das alte
Nürnberg" von Justus Bier — ein Band mit Bildern der
verschwundenen Altmainzer Bauten nach alten Stichen und
frühen Photos; Neebs Publikation, die ähnliches schon vor
ca. 40 Jahren versuchte, ist längst vergriffen.
Die ca. 80 Bilder können bei dem Reichtum der Stadt
natürlich nur einen ganz kleinen Ausschnitt zeigen, vieles
vermißt man schmerzlich, so den Eigelstein, die Gothard-
kapelle, die ehemal. Heiliggeistkirche, die Karmeliterkirche,
ein Bild der „genialen Befestigungsanlagen", den Altar von
Stephan, die Adlerfibel, die sog. Willigiscasula, den Gobelin
mit der Wurzel Jesse, Proben von dem köstlichen Brendel-
schen Chorgestühl u. a. m.
Einen besonderen Wert erhält das Bildmaterial durch
die schöne und geschichtlich wie kunstgeschichtlich vorzüg-
lich orientierende Einleitung F. W. Volbachs; sie legt fein-
sinnig und überzeugend den Grundcharakter der Mainzer
Kunst dar, die Verbindung romanischen Formgefühls mit
germanischem seelischem Gehalt. Besonders unterstrichen sei
hier Volbachs Bedauern über das tragische Geschick, daß
gerade in Mainz sich kein Werk von Grünewalds Hand er-
halten hat. Unhaltbar ist Volbachs Anschauung, daß die
„leicht erregbaren Mainzer" die französischen Revolutions-
ideen begeistert aufgenommen hätten; die s. v. v. Separatisten
jener Zeit, die „mit der Freiheitsmütze bekleidet den Frei-
heitsbaum umtanzten", standen unter der geistigen Regie
nicht von Mainzern, sondern von kaum erst nach Mainz be-
rufenen Norddeutschen. Auch Volbachs Bedauern, daß der
von Kreyssig geplante geradlinige Nordsüdstraßendurchbruch
nicht zur Ausführung kam, vermag ich nicht zu teilen; er
hätte viel Altes und Schönes vernichtet und eine gewiß recht
fragwürdige neue Kunst an dessen Stelle gesetzt; verstigia
terrent — gerade in Mainz! Schließlich vermisse ich eine
Erwähnung des entwicklungsgeschichtlich sehr wichtigen
Theaterbaues von Georg Moller, der früher als Sempers
erstes Dresdener Hoftheater statt einer Stirnwand den vor-
bauchenden Halbkreis des Zuschauerraumes zeigte. Der Bau
ist durch den Umbau leider ganz entwertet. Um so mehr ist
der oben geäußerte Wunsch gerechtfertigt, daß die Bilder
der Gegenwart ergänzt werden durch solche der Vergangen-
heit; da wären die alten Stiche, die die unvergleichliche ehe-
malige Rheinfront zeigen, Fernblicke von der Favorite her,
Ansichten des Domes nach de Bayer, Hundeshagen, Chapuy,
Prout usw. sowie Photos mit der Mollerschen Ostkuppel und
— als ein Beispiel für die kriegerischen Verwüstungen —
etwa Caspar Schneiders Aquatintablatt der Ruine der Lieb-
frauenkirche zu zeigen. Der Wunsch nach einem solchen
Ergänzungsband wird durch den schönen Bilderband mit
den noch erhaltenen Denkmälern besonders stark angeregt.
Schlippe
Ilse Futteret: ZÜRICH (Schweizer Kunstführer, heraus-
gegeben von Dr. Linus Birchler, Band 4). Augsburg,
Benno Filser, 1928.

Auf Grund einer ausgezeichneten Materialkenntnis gibt
die Verfasserin ein Bild der Stadt mit ihren Bau- und Kunst-
denkmälern von ihrer Entstehung bis zur Gegenwart. Nach-
dem einleitend kurz die Topographie und die Entwicklung
des Stadtplanes dargelegt ist, werden die einzelnen Bauten
und die Hauptwerke ihrer Ausstattung im zeitlichen Ablauf
behandelt und kunstgeschichtlich gewürdigt. Der interessierte
Besucher Zürichs findet in dem Führer alles Wesentliche in
klarer, zuverlässiger Darstellung; ein Verzeichnis der wich-
tigsten Literatur weist ihn an, wo er sich gegebenenfalls
genauer unterrichten kann. Stadtplan, ältere Gesamtansichten,
Risse und gute Einzelabbildungen erleichtern die Orientie-
rung. N.
H. A. Schmid: ALTE MEISTER DER BASLER KUNST-
SAMMLUNG. — 70 Bilder, eingeleitet, erläutert. —
Schaubücher 8. — Orell-Füßli-Verlag, Zürich-Leipzig.
Es ist ein sorgfältig angelegtes, kleines Bilderheft, gleich
geeignet, um für eine neue Bekanntschaft mit der Basler
Sammlung zu werben, wie um eine bereits geschlossene in der
Erinnerung festzuhalten. Die zahlreichen Detailaufnahmen
bedurften kaum der besonderen Rechtfertigung; man versteht
sie aus dem Sinn der „Schaubücher" und nimmt sie mit Dank
hin als ein willkommener Weg zu wirklich intimerer Ver-
bindung mit den Werken. Der Text gibt als Einführung eine
Bestandsübersicht mit knappen, aber sehr überlegten Akzent-
setzungen und einen Hinweis auf die bedeutsame Geschichte
der Sammlung. Es folgt ein Katalog zu den Abbildungen,
vorangestellt jeweils die Künstlerviten, anschließend die Da-
ten zu jedem Bild. Der Name des Verfassers bürgt für die
Zuverlässigkeit der Angaben. M.-K.
H. H. Naumann: DAS GRÜNEWALDPROBLEM UND
DAS NEUENTDECKTE BILDNIS DES ZWANZIG-
JÄHRIGEN MATTHIAS NITHART aus dem Jahre
1475. — Jena, Diederichs, 1930.
Naumann unternimmt in diesem Buche, dessen lederne
Konstruktionsversuche vom kunstliebenden Laien nur unter
erheblichen Qualen gelesen werden können, nichts Geringeres
als die — glücklicherweise papierene — Hinrichtung sämt-
licher Grünewaldforscher von Weltmann im Jahre 1874 bis
zur Gegenwart (mit alleiniger Ausnahme seiner selbst natür-
lich und von W.K. Zülch). Die Grünewaldforschung befindet
sich nach ihm in einer „katastrophalen Krise", in einem „hoff-
nungslosen Gleiten seinen (d. i. Naumanns) schon sehr alten
Anschauungen zu". Seine Aufstellungen beleuchten „blitzartig
das Trümmerfeld der bisherigen Forschung". In diesen For-
men eines krankhaft geschwellten Selbstbewußtseins bewegen
sich schon die Gedankengänge der ersten Seiten, um dann in
dem Aufruf zu gipfeln: „Das Grünewaldrätsel ist gelöst,
endgültig gelöst!"
Man könnte daher das Buch seiner Selbstgenügsamkeit
überlassen, wenn nicht Gefahr bestünde, daß bei dem Heiß-
hunger, mit dem heute Grünewaldbücher verschlungen wer-
den, die Selbstsicherheit des Verfassers empfängliche Ge-

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