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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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Baudissin, Klaus von: [Rezension zu: G. Kircher, Vedute und Ideallandschaft in Baden und der Schweiz, 1750-1850]
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Noack, Werner: [Rezension zu: Karl Lohmeyer, Aus dem Leben und den Briefen des Landschaftsmalers und Hofrats Georg Wilhelm Issel, 1785-1870]
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Reiners, Heribert: [Rezension zu: Ilse Futterer, Gotische Bildwerke der deutschen Schweiz 1220-1440]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0243

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(+ 1863) nach dem fabelhaften neuen Ausdrucksmittel, das
der Steindruck bot, gegriffen haben. Dieser Verzicht auf eine
der schönsten Gaben des Jahrhunderts rückt den Charakter
ihrer Kunstbetätigung gut ins Licht; auch wenn man nicht
wüßte, daß Frommei das peinliche englische Stahlstichverfah-
ren einführte. K. Grafv. Baudissin
Karl Lohmeyer: AUS DEM LEBEN UND DEN BRIE-
FEN DES LANDSCHAFTSMALERS UND HOFRATS
GEORG WILHELM ISSEL, 1785—1870. Heidelberg
1929. In Kommission bei Gustav Köhler.
Karl Lohmeyer, der hochverdiente Direktor des kur-
pfälzischen Museums in Heidelberg, hat im Wiederentdecken
bedeitender oder interessanter Künstlerpersönlichkeiten des
begitnenden 19. Jahrhunderts eine besonders glückliche
Hane bewiesen. In einer ganzen Reihe von Ausstellungen
der letzten zehn Jahre hat er uns von der Heidelberger und
badisthen Malerei dieser Zeit ein vollkommen neues Bild
gegelen. Auf einer dieser Ausstellungen „Heidelberger
Malet der Romantik" wurde auch zum erstenmal eine größere
Anzjhl von Bildern Issels gezeigt.
Pie Persönlichkeit dieses Künstlers, eines illegitimen
Sohnes des Erbprinzen, nachmaligen Großherzogs Ludwigs I.
von Hessen, wird, ergänzt durch Briefe und zeitgenössische
Darstellungen, außerordentlich lebendig und interessant ge-
schildert. In der Ausbildung seiner reichen und vielseitigen
Begabung erfährt er weitgehende Förderung durch die frei-
gebige Fürsorge des Großherzogs, die umfangreiche Reisen
und fruchtbare Berührung mit zahlreichen bedeutenden Zeit-
genossen ermöglicht. Aber in dem neben allem Wohlwollen
offensichtlichen Bestreben, eine dauernde Niederlassung
Issels in Darmstadt oder überhaupt in Hessen nicht zuzu-
lassen, begründet sich auch eine gewisse Tragik seines
Lebens, die sicher auch für das Land, das sich eine Tätig-
keit dieses außerordentlich kultivierten Menschen an maß-
gebender Stelle entgehen ließ, einen Verlust bedeutet. Nicht
nur in den künstlerischen Fragen im engeren Sinn, sondern
auch über den Aufbau und die Einrichtung von Museen,
über denkmalpflegerische Probleme (z. B. Worms) finden
wir bei Issel Äußerungen, die für seine Zeit ganz erstaun-
lich fortschrittlich und teilweise heute noch ganz modern
sind. Auch in seiner Malerei, fast ausschließlich Land-
schaften, ist er außergewöhnlich fortgeschritten, er hat fast
etwas von einem Vorläufer der Impressionisten. Seine Hei-
mat ist dann Baden geworden. 1820 heiratete er in Freiburg
Viktoria von Chrismar, die Tochter des Badischen Geh. Rats
Joseph von Chrismar, Stadtdirektors in Freiburg, und der
Freiin Franziska von Gleichenstein. Eine Reihe von Jahren
wohnte er bei Konstanz, längere Zeit auch in Freiburg und
wohl von 1844 an dauernd in Heidelberg. Dazwischen
finden wir ihn aber immer wieder auf mehr oder weniger
ausgedehnten Reisen. In Konstanz hatte Issel regen Verkehr
mit den Bodenseemalern. Der See und seine Umgebung
spielen in seinem Werk eine bedeutende Rolle. Auch in der
Freiburger Zeit, wie gelegentlich mehrerer Schwarzwald-
reisen schon vorher, hat er eine rege Tätigkeit als Maler

entfaltet. Es ist sicher nicht zu viel gesagt, wenn Lohmeyer
von ihm erklärt: „So gehört er denn mit Fug und Recht
auch zu den Malern Freiburgs, zu den Malern des Schwarz-
walds, er, der schon vom Jahre 1815 ab, also in einer Zeit,
in der dessen schlichte deutsche Landschaft noch durchaus
und langehin verachtet war, diese stillen Reize voll und
ganz erkannt hatte. Aber auch hier ist er vollkommen ver-
gessen. Sehr zu Unrecht!" Ein Fülle köstlicher Landschafts-
bilder und Studien sind in der Umgebung Freiburgs ent-
standen. Seit der Übersiedelung nach Heidelberg nimmt
dann die künstlerische Produktion Issels rasch ab, um bald
ganz aufzuhören. Er „lebte nun immer mehr seinen Lieb-
habereien, vor allem seiner prächtigen Gemäldesammlung".
Reger Verkehr mit kultivierten Freunden (darunter Henriette
Feuerbach, Anselm Feuerbachs Stiefmutter) und vielseitige
künstlerische und geistige Interessen füllten seinen Lebens-
abend aus.
Leben und Wirken dieses Künstlers der Vergessenheit
entrissen zu haben, ist ein großes Verdienst des Verfassers.
Ein bedeutendes Kapitel badischer Kunst- und Kultur-
geschichte des beginnenden XIX. Jahrhunderts wird vor uns
lebendig. Beziehungen zu zahlreichen Künstlern und son-
stigen Persönlichkeiten werden aufgehellt und mancherlei
Einblicke in lokale Ereignisse und Zustände (einiges Inter-
essante auch aus Freiburg) gegeben. Besonderen Wert ver-
leihen dem Buch ein sorgfältiges Verzeichnis der Werke und
28 Abbildungen von Gemälden und Studien Issels.
N o a c k
Ilse Futteret, GOTISCHE BILDWERKE DER DEUT-
SCHEN SCHWEIZ 1220—1440. Mit 330 Abbildungen
auf 99 Tafeln. Augsburg 1930, Verlag Dr. B. Filser.
Es gibt für die Schweizer Kunst verhältnismäßig wenige
Darstellungen größerer Zeiträume und Gebiete. Das gilt vor
allem für die Plastik. Hier liegen manche Einzelunter-
suchungen vor, zumal für Freiburg, aber zusammenfassende,
irgendwie erschöpfende Behandlungen größerer Abschnitte
fehlten bisher. Und die Untersuchungen der oberdeutschen
Plastik sind sonderbarerweise kaum über die südlichen Landes-
grenzen hinausgegangen, obwohl die kulturellen Zusammen-
hänge so stark auf das jenseitige Gebiet hinweisen. Schon
daher ist die vorliegende Publikation von Futterer lebhaft zu
begrüßen, weil sie erstmalig ein bisher fast vernachlässigtes
weites Gebiet der Schweizer Plastik behandelt, die Bildwerke
der deutschen Schweiz von 1220—1440. In jahrelanger, un-
ermüdlicher Arbeit ist hier das weit verstreute große Material
zusammengetragen, denn es standen nur wenige sichtende
yerarbeiten zu Gebote, wie sie andere Länder in ihren In-
ventaren bieten. Aber man ahnte nicht, daß diese Arbeit so
ertragreich werden würde in der Fülle vielfach unbekannter
Werke, großenteils von hohem künstlerischen Werte, und in
den neuen Fäden, welche die Verfasserin hierbei knüpfen
konnte. Erfreulicherweise hat sie auch in den Nachbarländern
Umschau gehalten nach der Schweiz entfremdeten Skulpturen
und hat weit außerhalb des Landes ein paar der besten Stücke
der ganzen Reihe finden können.

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