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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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Lusser, Josef Martin: Die Baugeschichte der Kathedrale St. Nikolaus zu Freiburg in der Schweiz
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Panofsky, Erwin: Zur künstlerischen Abkunft des Straßburger "Ecclesiameisters"
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0136

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Erwin Panofsky

Die wichtigste Literatur über St. Nicolaus :
Blavignac, J. D., Comtes de depenses de la construction du clocher de St. Nicolas ä Fribourg en Suisse 1470—1490.
Paris 1858. — Bourgeois, V. H., Fribourg et ses monuments, Fribourg 1921, S. 81 ff. — Fribourg artistique ä travers les äges,
1890—1914: 1890, Portail lateral de St. Nicolas, pl. 22; 1893, Portail de St. Nicolas, pl. 1; 1894, Chair de St. Nicolas, pl. I;
1895, Fonts Baptismaux de St. Nicolas, pl. I; 1898, Stalles de St. Nicolas, pl. 3, 4, 5; 1900, Porche de St. Nicolas, pl. 4;
Sculptures de la Porche de St. Nicolas, pl. 5, 6, 7, 8; 1902, Rosace de la tour, pl. 21; 1911, Chapitaux de la Coll^giale de
St. Nicolas, pl. VIII. — Rahn, Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz, Zürich 1876, S. 438 ff, 803 f. — Rahn, im
Anzeiger für schweizerische Altertumskunde, IV (1880—83), S. 421 ff., 446 ff. Zur Statistik der schweizerischen Kunst-
denkmäler; der Kanton Freiburg. — Reiners, H., Das Südportal der Kathedrale zu Freiburg in der Schweiz, in der Festschrift
Paul Clemen, Bonn 1926, S. 345. — Zemp, J., Die Kunst der Stadt Freiburg im Mittelalter, Freiburger Geschichtsblätter (1903),
S. 182 ff. — de Zurich, P., La maison bourgeoise en Suisse. XX. Le canton de Fribourg. Zürich 1928.

Zur künstlerischen Abkunft des Straßburger „Ecclesiameisters“
Von Erwin Panofsky

Es gibt gewisse banale Wahrheiten, die von Zeit zu Zeit gegen geistreiche Irrtümer verteidigt werden
müssen. Zu diesen banalen — oder richtiger: seit ihrer Entdeckung banal gewordenen — Wahrheiten gehört
die These von der engen Verbindung der Straßburger Ecclesiawerkstatt mit dem Kunstkreis von Chartres.
Von Jantzen1 und dann auch von Stoehr2 bestritten oder doch auf ein Minimum eingeschränkt, sind die
Chartreser „Einflüsse” von anderen mit um so größerem Nachdruck betont worden3 — und seit Rudolf
Kautzsch in den Skulpturen von Besangon ein „missing link” zwischen Chartres und Straßburg nachweisen
konnte4, dürfte es auch von den Apostelköpfen des ehemaligen Südportals so ziemlich feststehen, daß sie
nicht ohne Chartres möglich sind; was aber den Ecclesiameister selbst betrifft, so haben sich die Anzeichen dafür
gemehrt, daß er nicht nur mit den Chartreser Querhausskulpturen, sondern auch mit den herrlichen Glas-
fenstern5 und mit der Plastik der Westfassade vertraut war6.
1 H. Jantzen, Deutsche Bildhauer des 13. Jahrhunderts, 1925, S. 32 ff. und Oberrheinische Kunst, I, 1925, S. 87 ff.
2 Archiv für Elsässische Kirchengeschichte, I, 1926, S. 298 ff. und II, 1927, S. 414 ff.
3 H. Beenken, Zeitschrift für bildende Kunst (Beiblatt), N. F. XXXV, 1925, S. 54 ff. (Rezension des Jantzenschen
Buches); Panofsky, Repert. f. Kunstwiss. XLVII, 1925, S. 54 ff. (desgleichen); O. Schmitt, Oberrheinische Kunst I, 1925,
S. 82 ff.; E. Polaczek, ebendort III, 1928, S. 148 ff.; R. Hamann und H. Weigert, Das Straßburger Münster und seine Bild-
werke, 1928, S. 68 ff. — Was das neuerdings viel diskutierte Problem der Zweiteilung innerhalb derjenigen Arbeiten angeht,
die allgemein als die „Meisterwerke" des Ecclesia-Ateliers anerkannt werden (vgl. Otto Schmitts Einleitung zu Lucien Hell,
Der Engelspfeiler im Straßburger Münster, 1926), so möchte ich mich — in diesem Falle gegen Otto Schmitt — zu der
Auffassung Jantzens bekennen, daß der Tod der Maria, Ecclesia und Synagoge, sowie alle vier Evangelisten des Engelspfeilers
von einem Künstler geschaffen wurden, während das Krönungsrelief (für das man kaum einen besonderen „Krönungs-
Meister" anzunehmen braucht) von schwächerer Hand vollendet und teilweise übergangen sein möchte.
4 Oberrheinische Kunst III, 1928, S. 133 ff.
5 Polaczek a. a. O.
8 Vgl. Panofsky a. a. O. In ikonographischer Beziehung wird die von mir vermutete Bekanntschaft des Straßburgers
mit den älteren Chartreser Skulpturen durch das Motiv des Engels mit der Sonnenuhr wahrscheinlich gemacht,
dessen Chartreser Vorbild (Taf. 62, Abb. 1) bekanntlich aus der Werkstatt des Hauptmeisters vom Portail Royal hervorgegangen
ist. Es sei hinzugefügt, daß dieses nicht eben häufige und u. W. nur im Wirkungsbereich von Chartres begegnende Motiv
(Genua) wahrscheinlich aus der Umdeutung einer bis in die Neuzeit hinein verbreiteten Darstellung hervorgegangen ist, die
Gott-Vater als Träger desKosmos zeigt (Taf. 62, Abb. 2); vgl. zu diesem Motiv etwa L. Baillet, Mon. Piot XIX,
1911, S. 49 ff. und Charles Singer, Studies in the History and Method of Science, 1917, S. 1 ff.); die Uhr, die die Zeit
bestimmende Bewegung des Kosmos entweder rekonstruiert oder geradezu reproduziert, als Abbild eben dieses Kosmos auf-
zufassen, ist ein uralter Gedanke (vgl. etwa F. Saxl, Jahrb. f. Kunstgesch. II [XVI], 1923, S. 111 ff.), und wie die Uhr den
Kosmos abbildet und vertritt, so der Engel die Gottheit.

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