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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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Kempf, Anna: [Rezension zu: Julius Baum, Die Bildwerke der Rottweiler Lorenzkapelle]
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Hartig, Michael: [Rezension zu: Josef Hecht, Der romanische Kirchenbau des Bodenseegebietes von seinen Anfängen bis zum Ausklingen, 1. Band: Analyse der Bauten]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0221

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schung in ihrer Bedeutung immer mehr erkannt und bekannt
gemacht worden, daß es auf das dankbarste zu begrüßen ist,
mit vorliegender Arbeit nunmehr einen wissenschaftlichen
und lückenlosen Katalog der berühmten Bildwerke erhalten
zu haben.
Die Sammlung der Rottweiler Lorenzkapelle setzt sich
aus zwei Bestandteilen zusammen, nämlich aus den von Kir-
chenrat Dr. Dursch in Schwaben und Franken in den Jahren
1838—1850 zusammengebrachten und 1851 der Stadt Rottweil
geschenkten Holzbildwerken und Gemälden, sowie aus den
hauptsächlich von der Frauen- und Heiligkreuzkirche in Rott-
weil stammenden Steinbildwerken des 14. Jahrhunderts. Die
Instandsetzung der Bildwerke und ihre Neuordnung in der
1579 erbauten, einschiffigen Lorenzkapelle wurde vom Ver-
fasser des Katalogs im Auftrag der Stadtverwaltung in den
Jahren 1919—1923 durchgeführt und zwar dergestalt, daß die
Bildwerke des 14. und frühen 15. Jahrhunderts im Chor, jene
des späteren 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts im Schiff
der Kirche sachgemäße Aufstellung fanden. Der in Rede ste-
hende Katalog stellt das Ergebnis langjähriger, mühevoller
Arbeit dar, unter gewissenhafter Berücksichtigung des ge-
samten in Betracht kommenden Schrifttums bis in die jüngste
Zeit. Die Einleitung berichtet ausführlich über die Geschichte
der Sammlung und gibt einen kurzen Überblick über die
kunstgeschichtliche Einordnung der Bestände. Dabei zieht der
Verfasser bezüglich der den „Rottweiler Stil" verkörpernden
Denkmäler der Frauenkirche hauptsächlich die jüngsten For-
schungsergebnisse heran, die Hermann Beenken in seinem
Buche über die „Bildhauer des 14. Jahrhunderts am Rhein
und in Schwaben" niedergelegt hat1. Unter den Holzskulp-
turen, welche die schwäbische Plastik des 15. und beginnen-
den 16. Jahrhunderts in hervorragender Weise vertreten, sind
vor allem die Marien aus Eriskirch, die hl. Barbara und
Magdalena Multschers aus Heiligkreuztal, ferner Schöpfungen
von Syrlin d. J., Gregor Erhärt, Jörg Kändel u. a. zu nennen,
ohne deren Kenntnis sich über diese Meister nicht urtei-
len läßt.
Die Beschreibung der Bildwerke erfolgt nach chrono-
logischen und örtlichen Gesichtspunkten und enthält jeweils
sämtliche wissenswerten Angaben über das einzelne Objekt,
einschließlich der darauf bezüglichen Literatur. Die Bestände
aus der Epoche zwischen 1470 und 1530 nehmen nahezu
zwei Drittel der Sammlung ein und sind unter sich wiederum
in die Gebiete zergliedert, denen sie entstammen: Bodensee,
Ulm, Obere Donau, Neckarland und Franken.
An die Beschreibung der Bildwerke schließen sich zur
Orientierung ein ikonographisches Verzeichnis sowie solche
der Künstler, Orte und Abbildungen an. Letztere bilden in
ihrer sorgfältigen Auswahl und in ihrer durchaus hervor-
ragenden Wiedergabe ein wertvolles Studienmaterial und dies
um so mehr, als von einer Anzahl der schönsten Kunstwerke
Einzelheiten in größerem Maßstabe zur Darstellung gelangten.

1 Vgl. hierzu die Stellungnahme von H. Jantzen in sei-
ner Besprechung des Beenkenschen Buches im 1/2 Heft 1928
dieser Zeitschrift S. 17.

In diesem Sinne erweckt die Veröffentlichung das
wärmste Interesse, zumal der Verlag ihr eine sorgfältige Aus-
stattung hat angedeihen lassen. Anna Kempf
Josef Hecht: DER ROMANISCHE KIRCHENBAU DES
BODENSEEGEBIETES VON SEINEN ANFÄNGEN
BIS ZUM AUSKLINGEN. 1. Band, Analyse der
Bauten. Mit 639 Abb. auf 261 Tafeln. Basel, Fro-
benius Verlag 1928. Preis 92 Mark.
Heute müssen wir leider gestehen, daß Deutschlands
Größe in seiner Vergangenheit liegt. In Deutschlands großer
Vergangenheit werden wir auch den sichersten Weg durch
die Gegenwart und Zukunft finden. Die alte Kunst war der
Ausdruck des Sinnens und Denkens und Lebens einer Zeit.
Gerade aus der Kunst werden wir die Zeit am besten er-
kennen lernen. Darum ist es im Interesse unseres ganzen
Volkes zu begrüßen, daß unsere Zeit sich um die Kunst der
Vergangenheit bemüht. Dieses Bemühen hat bis jetzt unser
Volksbewußtsein mächtig gestärkt und wird es in der Folge
noch mehr fertig bringen. Wir haben ja vielfach keine
Ahnung gehabt von dem Schönen, das mitten unter uns ist,
wir hatten so wenig Verständnis für das Große, welches einst
unsere Vorfahren geschaffen haben. Es haben leider auch
hiebei die rechten Führer gefehlt, Führer, welche den Weizen
von der Spreu sondern und welche aus der späteren Um-
hüllung ein Kunstwerk herausschälen und uns entsprechend
vor Augen stellen konnten.
Wohl die größte Zeit hat unser deutsches Volk im frühen
Mittelalter erlebt. Wir staunen mit Recht ob der wunder-
vollen Geistesarbeit der Gotik, aber noch mehr Staunen ver-
dient die vorausgehende Zeit der romanischen Epoche, welche
nicht bloß politisch, sondern auch künstlerisch die große
Epoche mühevollen Aufbaues gewesen ist. Zwei deutsche
Gebiete haben damals hierin eine besondere Rolle gespielt,
der deutsche Norden, die Heimat der mächtigen Kaiser, in
der die Kunst sich ausleben konnte, und das Bodenseegebiet
im Süden, in welchem das mühevolle Werden des Stiles am
klarsten sich ersehen läßt.
Man hat bisher die großen Werke dieses Gebietes gekannt,
aber nicht alle und vor allem nicht die kleinen, welche doch
auch Glieder einer Kette bilden. Hecht hat in seinem Buche
diese Kette geschlossen. Man hat sich bisher vielfach damit
begnügt, auf Grund des schon Gegebenen weiter zu arbeiten
und ist dabei nicht selten in die Irre gegangen. Hecht ist der
ganzen bisherigen Literatur nachgegangen und hat sie fleißig
duchgeprüft und zusammengestellt. Aber er war damit nicht
zufrieden: er hat manch neue Quelle gefunden, er hat sorg-
fältig deren Wert abgewogen und schließlich eine ganz neue
Grundlage in selbständiger, eingehender bautechnischer
Untersuchung für sein Werk und die Beurteilung dieser
Kunst geschaffen. Er mußte hiebei viel rekonstruieren, aber
er tat dies niemals mit seiner bloßen Phantasie, sondern er
hat selbst seine Rekonstruktionen auf das gewissenhafteste
geprüft, und hierin liegt der große dauernde Wert derselben.
Er hält keine trockene Vorlesung, er zeigt nicht bloß den
Bau, wie er ist und wie er wurde, sondern er läßt uns den-

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