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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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Verres, Rudolf: Zu Meister Hans von Kolmar
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Schnellbach, Rudolf: Ein Beitrag zum Meister des Babenhausener Altares
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0052

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Rudolf Schnellbach

einen Werkstattbetrieb mit Hilfskräften um die Jahrhundertmitte unterhalten hat. Die Tatsache selbst, daß
jedes der beiden Reliefs einzeln signiert ist, braucht nicht wunder zu nehmen, denn bekanntlich tragen die
beiden Birnholzreliefs in Budapester Privatbesitz, von denen eines 1523 datiert ist und die jedenfalls auch
zusammengehört haben, jedes für sich die Bezeichnung des Künstlers1.
Nachtrag. Kurz vor der Korrektur der vorstehenden Notiz erhalte ich den Aufsatz von Hans Rott „Ober-
rheinische Künstler der Spätgotik und Frührenaissance" (Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins NF Bd. 43, 1929) vom
Verfasser freundlichst zugesandt. Rotts Forschungen lassen es einstweilen als nicht unmöglich erscheinen, daß der Meister
Hans des Kaysersberger Hochaltars Hans Bong art hieß (vgl. Rott S. 56 ff.). Der Träger dieses Namens starb allerdings
schon 1549. Er hatte einen Sohn, der ebenfalls Bildhauer war, jedoch nicht namentlich bekannt ist (+ 1553); 1554 wird ein
Hans Bonwart im Zusammenhang der Erbteilung erwähnt. Das Monogramm HSR bzw. HR vermag Rott nicht zu deuten;
er bestreitet, daß der Schöpfer des Kaysersberger Hochaltares mit dem Monogrammisten identisch sei, und verlegt nur die
Anfänge des letzteren in die Werkstatt des Hochaltarmeisters (S. 66 f.). Die wichtigen archivalischen Studien Rotts müssen
in erneuter stilkritischer Untersuchung der ganzen Denkmälergruppe ihre Ergänzung bekommen. Einige Schwierigkeiten
bedeutet dabei der Zeitraum von 1523 bis 1553, der in der Reihe der signierten und datierten Arbeiten einstweilen als Lücke
bleibt. Ohne erneute Autopsie, namentlich des Kaysersberger Altars, kann ich zu den verschiedenen sich ergebenden Fragen
hier leider nicht Stellung nehmen.
Ein Beitrag zum Meister des Babenhausener Altares
Von Rudolf Schnellbach
Als der große Schreinaltar aus Babenhausen (Taf. 22, Abb. 1) im Sommer 1927 auf der Ausstellung
„Alte Kunst am Mittelrhein" in Darmstadt gezeigt wurde, hat er berechtigtes Aufsehen erregt2. Die Virtuosität
der Schnitztechnik seiner fast überlebensgroßen Hauptfiguren konnte überraschen. Besonders aber interessierte
seine gesamte kunstgeschichtliche Stellung in der Zeit um 1500, die sofort nicht ohne weiteres zu klären war.
Gewiß, man spürt in ihm Elemente Riemenschneiders und auch Backoffens, aber doch sind diese beiden
Meister wieder etwas vollkommen anderes, sind beide in sich ungleich viel abgeschlossenere Persönlichkeiten.
Die Schwierigkeit, den Babenhausener Meister zu fassen, wurde dadurch noch vergrößert, daß dieser
Altar ganz vereinzelt stand, und daß kein weiteres Werk sich finden wollte, das dem gleichen Meister oder
der gleichen Werkstätte hätte zugeschrieben werden können.
Sein Stil ist ein ganz besonderer und von höchst eigenwilliger Prägung. Aber gerade diese Originalität
des Werkes liegt gewiß weniger in der Tiefe der Empfindung, als zunächst viel mehr in der fast an das
Artistische grenzenden Technik des Vortrages. Das ist es, was zuerst auffällt: diese schnittige Behandlung des
Holzes, besonders an den Gewändern der fast überlebensgroßen Figuren des Mittelschreins, das Knistern in
den starren Falten eines wie hart gestärkten Stoffes, die wie aus Blech gestanzte glatte und metallische Gewand-
aufbreitung der Flügelreliefe3.
Alles zeigt, und es wird an den Köpfen der Bischöfe sofort klar, daß wir es hier mit einem Meister zu
tun haben, dessen Originalität nicht eigentlich in der Erfindung neuer Motive zu sehen ist, sondern der
1 Neuerdings ist das eine abgebildet bei E. F. Bange, Die Kleinplastik der deutschen Renaissance, 1928, Taf. 70.
2 Katalog der Ausstellung 1927, S. 16 und 50. Besprechungen: Hildegard Dannenberg, Zeitschrift für bildende
Kunst 1927/28, S. 116. Peter Metz, Cicerone 1927, S. 471.
3 Mitte: Papst Cornelius, H. 200 cm. Links: St. Nikolaus, H. 186 cm. Rechts: St. Valentin, H. 190 cm.

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