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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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Baumgart, F.: Ein Werk des Giambattista Langetti in Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0158

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F. Baumgart / Ein Werk des Gambattista Langetti in Mannheim
Ein Werk des Giambattista Langetti in Mannheim
Von F. Baumgart
Das Mannheimer Museum besitzt ein Bild von ziemlich großem Format, das die Geschichte vom barm-
herzigen Samariter darstellt (Taf. 74, Abb. 1). Es wurde bisher der neapolitanischen Malerei des 17. Jahrhunderts
zugeteilt, ist aber ein Werk des Genueser Malers Giambattista Langetti (1625—1676), der etwa von der Mitte
des Jahrhunderts ab in Venedig arbeitete und auch dort starb1. Wegen der Qualität des Bildes und dem
besonderen Interesse, das dieser Maler erregen kann, schien eine Veröffentlichung lohnend.
Das rötlich leuchtende Fleisch des Verwundeten hebt sich von dem Rostrot der Decke ab, auf dem der
Körper liegt. An verschiedenen Stellen kommen blaue und weiße Tuchzipfel unter der Decke zum Vorschein.
Malerisch besonders anziehend ist der Kopf des Samariters mit einem tiefen Rotbraun im Inkarnat und dem
weichen Grau des Bartes. Die Berglandschaft ist blaugrün, der Himmel von einem dunklen Braunrot. Der
erste Eindruck ist der einer Bildanlage, der die Vollendung fehlt: hervorgerufen durch die Heftigkeit des
Pinselstriches, der starke, unvermischte Farbstreifen stehen läßt. In dieser Form ist er Ausdruck eines heftigen
Temperamentes und einer Gewalt, die durch die Gedrängtheit der Komposition erhöhte Wirkung erhalten.
Heftigkeit einerseits, Düsterkeit andrerseits, durch die Farbwahl betont: tiefe, branstige Rot bestimmen den
Gesamtcharakter. Einzig aufleuchtend das Fleisch des Verwundeten als Licht-, nicht als Farbzentrum (eine
stets wiederkehrende Eigenart), dazu hier und da kleine, aber klare Farbflecke. Die Abbildung täuscht etwas:
die dunklen Massen sind nicht einheitliche Scnattenflächen, sondern in sich bewegte und aufgeteilte, im Stoff
begründete dunkle Bildteile. Im Gegenteil, einheitliche Schattenmassen werden vermieden und dafür zer-
rissene Teilflächen gebildet als Mittel zu erhöhter Innenbewegung2. Beide Elemente der Heftigkeit
und Düsterkeit finden zusammenfassenden stärksten Ausdruck in der Komposition, die alle Figuren nahe
zusammenpreßt, den Samariter dicht über den Verwundeten beugt und die Köpfe des Dieners und des
Pferdes unmittelbar daneben stellt. Die ganze Gruppe wird dicht eingeengt zwischen vorderer Bildfläche und
abschließendem Grund und nur rechts ein kleiner Ausblick in eine öde, ebenfalls begrenzte Felslandschaft
gezeigt. Wie in diesen gepreßten Massen Bewegungen und Formen sich drängen und damit ein verhaltener,
aber starker schmerzlicher Ausdruck erreicht wird, ist von großer Eigenart, die den Maler zu einer der
interessantesten (obwohl noch wenig bekannten) Erscheinungen des Seicento macht.
Ein zweites Bild Langettis, „Die Versuchung des hl. Antonius" (Taf. 74, Abb. 4), kann dank der
Liebenswürdigkeit des Besitzers bei dieser Gelegenheit veröffentlicht werden. Komposition, einzelne Typen und
Technik entsprechen so dem Mannheimer Bild und den folgenden, daß Vergleiche mit ihnen genügen, um die
Zuschreibung zu rechtfertigen und zu beweisen.
Wir kennen bis jetzt sehr wenig Werke von Langetti. Zwei davon sollen zum Vergleich abgebildet
werden, um unsere Zuschreibungen zu stützen und zugleich eine bessere Anschauung vom Künstler zu geben.
„Merkur und Argos" (Taf. 74, Abb. 2) aus der Sammlung Caviglia in Genua befand sich auf der Seicentoaus-
stellung in Florenz und wurde bereits in dem erwähnten Dedaloaufsatz veröffentlicht. Es entspricht von allen
1 Die erste moderne Würdigung fand dieser Maler durch Giuseppe Fiocco in seinem Aufsatz „Giambattista Langetti
e il naturalismo a Venezia" in Dedalo III, 1922, S. 275 ff.
2 Diese Eigenart fehlt dem in Dedalo X, 1929, S. 79 publizierten Bild „Apoll und Marsyas" aus dem Museo Bardini
in Florenz. Der Verfasser des Aufsatzes, Alfredo Lensi, hat selbst ein Fragezeichen zur Bestimmung auf Langetti gestellt.
Nach der Abbildung scheint es sich doch um ein neapolitanisches Bild zu handeln, das Ribera- und Stanzioni-Einflüsse zeigt.

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