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Oberrheinische Kunst — 4.1929/​1930

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Hugelshofer, Walter: Der Meister W. S. mit dem Malteserkreuz: ein elsaß-lothringischer Maler der Baldungzeit
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Ginter, Hermann: Gottfried Bernhard Göz in Birnau
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https://doi.org/10.11588/diglit.53861#0067

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Hermann Ginter / Gottfried Bernhard Göz in Birnau

eher dekorativ, etwas staffagenartig. Er ist ein guter Beobachter interessanter Details, kostümlicher Besonder-
heiten. Handlung der Personen darzustellen, gelingt ihm wenig. Er geht selten über demonstrative Gesten
hinaus. Ausdrucksvoller sind seine Köpfe, unter denen sich einige porträtmäßige befinden. Der Faltenwurf
ist oft, später mehr als früher, knorrig, schematisch, wenig beobachtet. Selbständig und eigenartig ist er
wieder als Maler im eigentlichen Sinne. Er benutzt eine merkwürdig helle Palette, liebt weiche Stimmungen,
abgestuftes hellrot, gelb, grün, und blau. Nicht immer, besonders in den figürlichen Teilen, entgeht er
knalliger Buntheit: auch er kann sich der modernen manieristischen Welle nicht entziehen. Alles in allem ist
der Meister W. S. mit dem Malteserkreuz, wie der Maler vorläufig (hoffentlich) zu benennen ist, ein nicht
uninteressanter, oft reizvoller elsässischer Maler, der auch neben Baldung (gar bei dem bedauerlichen Mangel
anderer Malereien aus seiner Zeit und Gegend) Beachtung und Schätzung verdient. Er gibt ihm einiges
Relief und füllt wenigstens einigermaßen die Lücke, die für uns heute die elsässische Malerei aus der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts bedeutet. Um des Klanges reiner Schönheit willen, den er als Landschafter und
Maler verwaltet, ist er uns liebenswert.
Es bleibt uns noch kurz auf die Literatur über den Meister hinzuweisen. Sie ist nicht groß und zumeist
an etwas abgelegener Stelle erschienen. Zuerst machte der vielseitige, unlängst verstorbene Theodor von Frim-
mel in seinen „Blättern für Gemäldekunde" (1/89) auf den Maler aufmerksam. Er gibt ihm seinen Notnamen
und nennt zwei Bilder in Nancy, und dem Katalog folgend jenes in Kolmar, dazu besonders den Hl. Hierony-
mus. Dann erweiterte R. A. Peltzer an derselben Stelle (VII/85) das Werk, indem er die inzwischen neu-
erworbenen zwei weiteren Bilder in Nancy anfügt. Dr. Paul Drey schließlich machte in Frimmels „Studien zur
Gemäldekunde" (1/76) auf den „Ungläubigen Thomas“ (damals bei A. S. Drey) aufmerksam. Die beiden
Bilder aus Luzerner Privatbesitz waren 1921 auf der Ausstellung alter Kunst im Züricher Kunsthaus. Auf
Grund der Malteserkreuze wurden sie im Katalog richtig benannt. Die beiden von mir in der Festschrift für
Robert Dürrer 1928 eingereihten Tafeln in Einsiedeln wurden in den „Kunstdenkmälern der Schweiz", Band I,
Schwyz, (bearbeitet von Dr. Linus Birchler) als Züricher Schule, Kreis des Hans Leu aufgeführt und abgebildet.
Schließlich ist hier auch des vortrefflichen Kataloges des Museums in Nancy zu gedenken (Auflage von 1909).
Gottfried Bernhard Göz in Birnau
Von Hermann Ginter
Am 4. März 1746 hatte Salem durch Zurücknahme des Birnauer Wallfahrtsbildes nach langen und
üblen Streitigkeiten mit der Reichsstadt Überlingen endgültig einen Strich unter die Vergangenheit gemacht1.
Das alte Heiligtum wurde niedergelegt, und schon im August des genannten Jahres konnte auf eigenem Boden
der Grundstein zum Priesterhaus des neuen Birnau gesetzt werden2. Am 11. Juni des folgenden Jahres kam die
Grundsteinlegung zur neuen Kirche, mit deren Erstellung man den begabten Vorarlberger Peter Thumb3 beauf-
1 Vgl. die Skizzierung der Zwistigkeiten zwischen Überlingen und Salem, wie auch die Unterhandlungen im Zu-
sammenhang mit dem Bau von Neubirnau in meiner Artikelreihe „Von Alt- nach Neubirnau" (Bodensee-Chronik, Beiblatt
der „Deutschen Bodenseezeitung", Konstanz 1927, S. 93 ff.)
2 Vgl. meinen Kunstführer „Birnau am Bodensee" (Augsburg, Dr. Benno Filser, 1928).
3 Rudolf Werneburg, Peter Thumb und seine Familie, Straßburg-Heitz 1916; Ludwig Schneyer, Die Baugeschichte
des Klosters St. Peter auf dem Schwarzwald und Peter Thumb, Dissertation (Manuskript) der philosophischen Fakultät
der Universität Freiburg i. Br. 1923.

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