Beitrag zumWerk des Sixt von Staufen
ineinander über, während eines der wirksamsten künstlerischen Mittel des Locherer Altars gerade die klare,
reliefmäßige, sauber ansetzende Flächenschichtung ist. Es hält schwer, mit den Mitteln des Bildschnitzers
die verschiedenen Szenen übersichtlich voneinander zu trennen.
Aus diesen Gründen und weil wir des Meisters spätere Tätigkeit in anderer Entwicklung zu sehen
glauben, ist anzunehmen, daß das Pestbild vor dem Locherer Altar (für den wir Daten von 1522 bis 1524
haben1) entstanden ist und daß es sich wohl um ein Jugendwerk handelt. Seine stilistische Haltung paßt uns
gut in die Vorstellung, die wir uns von Sixt von Staufens künstlerischer Anlage und deren Entwicklung
machen. Das Lyoner Werk ist jugendlicher, ungehemmter, sprudelnder. Es paßt sehr wohl in die Jahre
um 1515, in welchen des Meisters Name erstmals genannt wird. (Einige Dinge, die ich beim ersten
Besuch in Lyon nicht genügend beachtete, müssen späterer Prüfung vorbehalten werden: auf den Ärmel-
säumen der Maria finden sich Schriftzeichen. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß sie nur dekorative
Bedeutung haben: immerhin ist es nicht sicher. Es scheint, daß Zahlen zu lesen sind, die am Schluß wie
15 aussehen. Ferner ist mir die auffällige knollige Mißbildung der linken Hand Mariens unverständlich.
Vielleicht ist sie auf eine ungeschickte spätere Anfügung zurückzuführen, vielleicht immerhin ein künst-
lerischer Lapsus.)
Das Relief ist im wesentlichen gut erhalten. Die farbige Fassung ist stellenweise abgesprungen. Einige
Kleinigkeiten fehlen, z. B. zwei Fingerglieder an der Linken Marias und die Ecke rechts oben. Wie das Werk
nach Lyon kam und woher es ursprünglich stammt, ließ sich noch nicht ermitteln. Es ist möglich, doch durch
nichts zu beweisen, daß es einst im Freiburger Münster stand, für den der Meister durch Jahre tätig war. Die
Kette um den Hals des vermutlichen Stifters könnte darauf deuten, daß er Bürgermeister war. Ob von Frei-
burg ist wiederum ungewiß. Immerhin sind dies vielleicht zusammen mit seiner Bestimmung als Pestbild
Fingerzeige, die weiterführen könnten.
Findet unsere Zuweisung, wie wir hoffen, Zustimmung, so erweitert sich unsere Vorstellung von der
Art Sixts von Staufen und seines künstlerischen Entwicklungsganges erheblich. Der Locherer Altar, ein durch
Rechnungen gesichertes Werk, stand bis vor kurzem isoliert. Erst in jüngster Zeit sind dem Meister weitere
Arbeiten zugewiesen worden. Und zwar solche, die in seine spätere Zeit zu verweisen sind, so daß wir durch
drei Werke sich deutlich eine Linie abziehen sehen.
Der durch Stadtarchivar Dr. Hefele in Freiburg geleistete Nachweis, daß die vier Fürstenstatuen am
Freiburger Kaufhaus urkundlich gesicherte Arbeiten des Sixt von Staufen aus den Jahren 1530/31 sind2, wird
durch die Aussagen der Figuren bestätigt. Vor allem die Hände, die porträtmäßigen Gesichter und die sorg-
fältig durchgebildeten kostümlichen Teile sprechen dafür. — Die wundervolle kleinplastische Sebastiansgruppe
im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin wurde, nachdem sie schon vorher wiederholt für den Oberrhein
in Anspruch genommen worden war, von O. Wertheimer neuerdings als Arbeit des Sixt von Staufen an-
gesprochen3. Diese Benennung hat so viel für sich, daß ihr wohl zugestimmt werden muß. Wenn schon das
edle Pathos nicht ohne weiteres aus dem Locherer Altar hervorgeht. Die Möglichkeiten eines schöpferischen
Künstlers dürfen nie zu eng genommen werden, besonders in einer so rasch und blühend sich entwickelnden
Zeit wie dem ersten Jahrhundertdrittel.
1 Riegel in den Freiburger Miinsterblättern 1915, p. 10.
2 Freiburger Zeitung 1925, Nr. 10. Abbildungen unter Anm. 4.
3 Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen 1928, p. 244.
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ineinander über, während eines der wirksamsten künstlerischen Mittel des Locherer Altars gerade die klare,
reliefmäßige, sauber ansetzende Flächenschichtung ist. Es hält schwer, mit den Mitteln des Bildschnitzers
die verschiedenen Szenen übersichtlich voneinander zu trennen.
Aus diesen Gründen und weil wir des Meisters spätere Tätigkeit in anderer Entwicklung zu sehen
glauben, ist anzunehmen, daß das Pestbild vor dem Locherer Altar (für den wir Daten von 1522 bis 1524
haben1) entstanden ist und daß es sich wohl um ein Jugendwerk handelt. Seine stilistische Haltung paßt uns
gut in die Vorstellung, die wir uns von Sixt von Staufens künstlerischer Anlage und deren Entwicklung
machen. Das Lyoner Werk ist jugendlicher, ungehemmter, sprudelnder. Es paßt sehr wohl in die Jahre
um 1515, in welchen des Meisters Name erstmals genannt wird. (Einige Dinge, die ich beim ersten
Besuch in Lyon nicht genügend beachtete, müssen späterer Prüfung vorbehalten werden: auf den Ärmel-
säumen der Maria finden sich Schriftzeichen. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß sie nur dekorative
Bedeutung haben: immerhin ist es nicht sicher. Es scheint, daß Zahlen zu lesen sind, die am Schluß wie
15 aussehen. Ferner ist mir die auffällige knollige Mißbildung der linken Hand Mariens unverständlich.
Vielleicht ist sie auf eine ungeschickte spätere Anfügung zurückzuführen, vielleicht immerhin ein künst-
lerischer Lapsus.)
Das Relief ist im wesentlichen gut erhalten. Die farbige Fassung ist stellenweise abgesprungen. Einige
Kleinigkeiten fehlen, z. B. zwei Fingerglieder an der Linken Marias und die Ecke rechts oben. Wie das Werk
nach Lyon kam und woher es ursprünglich stammt, ließ sich noch nicht ermitteln. Es ist möglich, doch durch
nichts zu beweisen, daß es einst im Freiburger Münster stand, für den der Meister durch Jahre tätig war. Die
Kette um den Hals des vermutlichen Stifters könnte darauf deuten, daß er Bürgermeister war. Ob von Frei-
burg ist wiederum ungewiß. Immerhin sind dies vielleicht zusammen mit seiner Bestimmung als Pestbild
Fingerzeige, die weiterführen könnten.
Findet unsere Zuweisung, wie wir hoffen, Zustimmung, so erweitert sich unsere Vorstellung von der
Art Sixts von Staufen und seines künstlerischen Entwicklungsganges erheblich. Der Locherer Altar, ein durch
Rechnungen gesichertes Werk, stand bis vor kurzem isoliert. Erst in jüngster Zeit sind dem Meister weitere
Arbeiten zugewiesen worden. Und zwar solche, die in seine spätere Zeit zu verweisen sind, so daß wir durch
drei Werke sich deutlich eine Linie abziehen sehen.
Der durch Stadtarchivar Dr. Hefele in Freiburg geleistete Nachweis, daß die vier Fürstenstatuen am
Freiburger Kaufhaus urkundlich gesicherte Arbeiten des Sixt von Staufen aus den Jahren 1530/31 sind2, wird
durch die Aussagen der Figuren bestätigt. Vor allem die Hände, die porträtmäßigen Gesichter und die sorg-
fältig durchgebildeten kostümlichen Teile sprechen dafür. — Die wundervolle kleinplastische Sebastiansgruppe
im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin wurde, nachdem sie schon vorher wiederholt für den Oberrhein
in Anspruch genommen worden war, von O. Wertheimer neuerdings als Arbeit des Sixt von Staufen an-
gesprochen3. Diese Benennung hat so viel für sich, daß ihr wohl zugestimmt werden muß. Wenn schon das
edle Pathos nicht ohne weiteres aus dem Locherer Altar hervorgeht. Die Möglichkeiten eines schöpferischen
Künstlers dürfen nie zu eng genommen werden, besonders in einer so rasch und blühend sich entwickelnden
Zeit wie dem ersten Jahrhundertdrittel.
1 Riegel in den Freiburger Miinsterblättern 1915, p. 10.
2 Freiburger Zeitung 1925, Nr. 10. Abbildungen unter Anm. 4.
3 Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen 1928, p. 244.
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