Ein homerischer Rundschild mit einem Bügel
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das Epos zu entwickeln anfingen, da dieser Schild, wie es die ägyptischen Bild-
werke bezeugen, in Kleinasien seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. weit verbreitet war.
Verschiedene Gelehrte haben den Seevölkern auch einen Rundschild zuer-
kennen wollen, der vermöge zweier Bügel regiert worden wäre und demnach mehr
oder minder dem hellenischen Hoplitenschild entsprochen hätte. In der Tat sind
bei Rosellini, Monumenti dell’ Egitto I Taf. CI die Rundschilde der vier Sardin,
welche als Leibwache den König Ramses II umgeben, mit zwei Bügeln versehen.
Doch erscheint der Arm zu diesen Bügeln
anders in Beziehung gesetzt als an dem
Hoplitenschilde. Während an dem letzteren der
Ellenbogen durch den Mittelbügel durchge¬
steckt wurde und die Hand in den zweiten,
unweit des Schildrandes angebrachten Bügel
eingriff, begegnen wir auf jener Tafel der
umgekehrten Anordnung. Die Hand faßt den
Mittelbügel an und der Arm wird von dem
seitlichen Bügel umspannt. Aber Breasted20)
macht mit Recht darauf aufmerksam, daß die
Einzelheiten auf den Rosellinischen Tafeln
vielfach ungenau wiedergegeben sind. Auf
einer Photographie21), welche die Figuren der
Sardin in ihrem gegenwärtigen Zustande re¬
produziert und deren linke Hälfte durch unsere
Abbildung (Fig. 29) wiederholt ist, sind der linke
Arm und der Schild des zweiten Sardin von links vortrefflich erhalten und müßte
demnach ein den Arm umgebender Bügel, falls ein solcher vorhanden gewesen
wäre, notwendig Spuren hinterlassen haben. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr
läßt die Photographie nur den Mittelbügel, in den die Hand eingreift, aber diesen
mit vollständiger Deutlichkeit erkennen. Wir dürfen demnach unbedenklich an-
nehmen, daß die Armbügel auf den Schilden der vier Sardin von Rosellinis Zeichner
interpoliert sind und daß ihre Schilde nur mit einem Handgriffe versehen waren
wie diejenigen, welche von den Sardin auf den Schlachtbildern geführt werden·
Worauf die Angabe Masperos (Histoire des peuples de l’Orient classique II
p. 464) beruht, daß sich die Pulasati zweibügeliger Rundschilde bedient hätten,
20) Im Amer.journ. of semitic Languages XXIII Fritz von Bissings.
(1906) p. 4. Ich verdanke diese Notiz der Güte 21) Breasted a. a. O. p. 2 Fig. I.
29: Zwei Sardin auf einem Relief von
Ibsambul.
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das Epos zu entwickeln anfingen, da dieser Schild, wie es die ägyptischen Bild-
werke bezeugen, in Kleinasien seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. weit verbreitet war.
Verschiedene Gelehrte haben den Seevölkern auch einen Rundschild zuer-
kennen wollen, der vermöge zweier Bügel regiert worden wäre und demnach mehr
oder minder dem hellenischen Hoplitenschild entsprochen hätte. In der Tat sind
bei Rosellini, Monumenti dell’ Egitto I Taf. CI die Rundschilde der vier Sardin,
welche als Leibwache den König Ramses II umgeben, mit zwei Bügeln versehen.
Doch erscheint der Arm zu diesen Bügeln
anders in Beziehung gesetzt als an dem
Hoplitenschilde. Während an dem letzteren der
Ellenbogen durch den Mittelbügel durchge¬
steckt wurde und die Hand in den zweiten,
unweit des Schildrandes angebrachten Bügel
eingriff, begegnen wir auf jener Tafel der
umgekehrten Anordnung. Die Hand faßt den
Mittelbügel an und der Arm wird von dem
seitlichen Bügel umspannt. Aber Breasted20)
macht mit Recht darauf aufmerksam, daß die
Einzelheiten auf den Rosellinischen Tafeln
vielfach ungenau wiedergegeben sind. Auf
einer Photographie21), welche die Figuren der
Sardin in ihrem gegenwärtigen Zustande re¬
produziert und deren linke Hälfte durch unsere
Abbildung (Fig. 29) wiederholt ist, sind der linke
Arm und der Schild des zweiten Sardin von links vortrefflich erhalten und müßte
demnach ein den Arm umgebender Bügel, falls ein solcher vorhanden gewesen
wäre, notwendig Spuren hinterlassen haben. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr
läßt die Photographie nur den Mittelbügel, in den die Hand eingreift, aber diesen
mit vollständiger Deutlichkeit erkennen. Wir dürfen demnach unbedenklich an-
nehmen, daß die Armbügel auf den Schilden der vier Sardin von Rosellinis Zeichner
interpoliert sind und daß ihre Schilde nur mit einem Handgriffe versehen waren
wie diejenigen, welche von den Sardin auf den Schlachtbildern geführt werden·
Worauf die Angabe Masperos (Histoire des peuples de l’Orient classique II
p. 464) beruht, daß sich die Pulasati zweibügeliger Rundschilde bedient hätten,
20) Im Amer.journ. of semitic Languages XXIII Fritz von Bissings.
(1906) p. 4. Ich verdanke diese Notiz der Güte 21) Breasted a. a. O. p. 2 Fig. I.
29: Zwei Sardin auf einem Relief von
Ibsambul.