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Repertorium für Kunstwissenschaft — 5.1882

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Literaturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.62026#0104

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Litteraturbericht.

Theorie und Technik der Kunst.

Christenthum und bildende Kunst. Von W. Frommel, Professor in
Heidelberg. Heidelberg, Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung , 1880.
(Sammlung von Vorträgen, herausgegeben von W. Frommel und Friedrich
Pfaff.)

Der Verfasser steht auf dem dogmatisch-christlichen Standpunkte: »die
Entwickelung der Kunst muss eine wesentlich andere sein, je nachdem sie
unter dem belebenden Licht der geoffenbarten Wahrheit sich entfaltet oder
unter dem getrübten der natürlichen Religion«. Bewahrte der Verfasser diesen
Standpunkt consequent, so müsste er demgemäss in der Renaissancekunst
Italiens schon den Kunstverfall sehen, denn er gibt ja selbst zu, dass den
Künstlern dieser Periode »das allgemein Menschliche, das ewig Schöne, Poe-
tische der heiligen Vorgänge Zweck« der Darstellung wird. Damit that der
Künstler der Renaissance dasselbe, was der griechische Künstler that; er
stellte das Göttliche dar in einer auf die höchste Entwicklungsstufe gehobenen
Menschlichkeit. Mehr vermag auch keine Kunst — denn das innere Schauen
hat die gleichen Grenzen wie unser Erkenntnissvyermögen. — Das Alles bedarf
keiner weiteren Erörterung, ich wollte nur andeuten, dass der Verfasser von
seinem Standpunkte aus in der Kunst der Renaissance Italiens nicht die letzte
Höhe der christlichen Kunst erblicken konnte.

Die Entwickelung der Kunst wird vom Verfasser — wie es dem Wesen
eines Vortrags für das grosse Publicum entspricht — marcant geschildert —
am besten meines Erachtens die frühchristliche Kunst. Am Schluss sind im
Eifer der Polemik einige Unterlassungssünden unterlaufen. Die Katholiken
können ihm entgegenhalten, dass sie auf dem Gebiete der Kirchenmusik nach
Luther einen Palästrina, Pergolese etc., was auch etwas zu bedeuten hat, zu
verzeichnen haben; sie können dann darauf hinweisen, dass nach dem Concil
von Trient kein »ewiger Stillstand« herrschte, sondern die spanische Kunst,
die geradezu mit allen ihren Vorstellungen in dem neukatholischen Geiste
wurzelte, ihre höchste Blüthe trieb.

Aber solche Polemik kommt immer bei ganz unhistorischen Schluss-
folgerungen an. Die Kunst der Renaissance in Italien z. B. ist nicht durch
 
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