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Repertorium für Kunstwissenschaft — 5.1882

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Berichte und Mittheilungen aus Sammlungen und Museen, über staatliche Kunstpflege und Restaurationen, neue Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.62026#0479

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Berichte und Mittheilungen aus Sammlungen und Museen etc. 411

Hartmann, Kranach etc. befanden, leihweise zur Verfügung stellte, von denen
die bedeutenderen Werke aber im Jahre 1872 wieder zurückgezogen wurden.

Nach der im Jahre 1379 vorgenommenen letzten Ausscheidung absolut
unbrauchbarer Werke besitzt die Galerie nun ca. 600 Oelgemälde, von denen
der grösste Theil allerdings aus mittelmässigen Bildern und sogenannten Schul-
bildern besteht, die unter der Firma dieser oder jener Schule in endlosen
Wiederholungen und mannigfachen Variationen in der Welt zerstreut sind.
Aber die Sammlung enthält auch einige sehr interessante Werke, welche ent-
weder verbriefte Originale bedeutender Künstler sind, oder als solche wenigstens
eine grosse Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen. Es sei uns gestattet, von
diesen beiden Kategorien die wichtigsten hervorzuheben.

Da ist zunächst das höchst interessante Porträt der Maria von Burgund,
Gemahlin Kaiser Max I, auf Holz, 39 cm hoch, 32 cm breit. Die junge Kaiserin,
im Brustbild und Profil dargestellt, trägt ein goldbordirtes, dunkelolivengrünes
_Sammtkleid, um den Hals eine doppelte Goldkette, im dunkelbraunen Haar
eine Agraffe mit einem von Perlen umgebenen Rubin. Am oberen rechten
Rand des Bildes steht die Inschrift: MAR. GAR. BVRG. DVCIS. F. ET HARI
MAX. [. CAS: CONIV. I. Auf der Rückseite mit alten, offenbar gleichzeitigen
lateinischen Lettern die spanische Inschrift: Prinexa muyer del emperado masi-
miliano y Jo d d (und ich durch Gottes Geschenk oder Gnade?) duque de
borgona. Von wem das Gemälde herrührt, ist nicht bekannt, aber man muss
unwillkürlich an Hans Memling denken. Die schmelzenden Farben, die
überaus zarte miniaturartige Behandlung des Incarnates, die minutiöse Aus-
führung des Schmuckes, die etwas steife, wie segnende Handhaltung, die
schmalen Finger, der pastose Farbenauftrag beim Sammtkleide* erinnern an
den Ausgang der Schule Van Eyck’s. Die Kaiserin ist. noch sehr jung, muss
also unmittelbar vor oder nach ihrer Vermählung gemalt sein. Memling diente
unter den Fahnen Carls des Kühnen und machte die Entscheidungsschlacht
bei Nancy mit, in deren Folge Maria die Gemahlin des jugendlichen Kaisers
wurde. Der Künstler war also offenbar in Gent, als die Vermählung stattfand,
wer wird da nicht mit Berücksichtigung aller technischen Umstände an ihn
denken? Kleine Sprünge abgerechnet, ist das Gemälde wohl erhalten und
muss in jeder Hinsicht als höchst interessantes Werk bezeichnet werden.

Ein anderes hervorragendes Gemälde ist der »Triumph des Todes« von
Peter Breughel, auf Leinwand, 119 cm hoch, 163 cm breit, >»P. BRVEGEL.
1597« signirt. Es ist eine der grossartigsten bestgemalten Compositionen dieses
Meisters. Was Holbein in seinen Todtentänzen in KEinzelscenen darstellt,
nämlich die verschiedenen Arten, in denen der Tod den Menschen jählings
angeht, das hat Breughel hier in einer Universalcomposition vereint , welche
durch das Crasse der Scenerie, durch die Unerschöpflichkeit der Motive und
einer beispiellos wilden Phantasie wahrhaft dämonisch auf den Beschauer wirkt.
Dabei fehlt nicht jener Humor, der die germanischen Todtentriumphe über-
haupt auszeichnet und welcher häufig in seiner drastischen Wirkung uns über
das bei solchen Scenen unvermeidliche Unschöne mit keckem Sprunge hinüber
hilft. Man kann nicht sagen, dass der Humor das Grauenerregende verklärt
 
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