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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 2
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Bosshart, Jakob: Salto Mortale, [2]: Novelle
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0087

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8a1to mortale.
Novelle von ^akok Lofskart.

II.
2wei ^sakre und einixe Monate später an
einern regnerischen 8onntag-klackmittag trat
Herr Läberle in das Woknstükcken seiner Miet-
frau und suchte ikr durch würdevolle Laltung
und einen feierlichen Qruls xu verstehen xu
gehen, clafs er ihr etwas Wichtiges mitLuteilen
habe. 8ie achtete wenig auf ihn und schod
ihrn rnekr rnechanisck als höflich einen 8tuhl
Zurecht; denn in den grauen Lerkstwocken, da
sich der Todestag ihres Wilhelm jäkrte, legte
sich gerne der l'rüksinn wie eine schwere Wolke
üder sie, uncl sie hätte dann arn liebsten die
8onntage durchgeweint.
„Ick hin nun so weit," sagte Valentin Läkerle
rnit gewichtiger Miene.
„80," erwiclerte sie gleichgültig und tonlos.
„Ls ist eine wichtige, eine gute klackrickt,
Lrau 2öbeli, 8ie dürften schon darauf kören!"
sagte er reckt laut, urn die vor ikm krütencle
8ckwerrnut aulkusckeucken.
8ie erkok den Kopf.
„Ick rede von Ihren Knaken, sie sind nun
etwas, krauckkar, urn Oeld xu verdienen; ick
hin arn 2iel, an einern ersten 2iele wenigstens.
Wir steken arn Anfang einer 8trafse, und die
8trafse keifst Wohlstand, Olück." Lr rnufste
das Wort xweimal sagen.
„Das rnögen 8ie andern weisrnacken!" ent-
gegnete sie endlich, rnutlos akwekrend. „Ick
hin Lum Onglück gehören und in /^rmut muss
ick lehen und sterhen."
Lr aher, urn sie aufLurütteln, riet: „Lkren-
wort und Lkrenmann, Lrau 2ökeli! Ick kalte
es allezeit rnit der Wahrheit, und was ick
sage, ist verkürgt wie gesagt. Lassen 8ie uns
Ziehen, rnick und Ihre Knaken, dass ick rnein
Wort keweise; denn wir müssen nun in Lottes
tarnen in die weite Welt hinaus. Davon wollte
ick rnit Ihnen reden."
„In die weite Welt hinaus?" Das Wort gak
der arrnen Lrau einen 8tofs, und das Llut sckofs
ihr nach dern Herren. 8ie streckte die Lände
aus, als wären dis Knaken vor ikr gewesen, und
rief: „Lein, guter Herr! das nickt!" 8ie sollte
sich von ihnen trennen, sie in die Lremde Lieken
lassen, auf 8tralsen, die sie selker nickt kannte?
8ie sollte in der einsamen Wohnung, in ihrem

Kummerstükcken Lurückkleiken und an ihrem
Qram spinnen? ^kends, wenn sie nach Klause
kekrte, käme ikr niemand entgegengesprungen?
8tuke und Lämmer, alles sollte wie ein Drak
sein? klein; ikr schauderte. Lätte sie gewusst,
dals die Laxereien xu dem Lnde führten, nie
hätte sie ihre Zustimmung daxu gegeken.
Lr suchte ikr kegreiflick xu macken, dafs
wer gesagt Kake, auch 8 sagen müsse.
„klein, sie kleiden hei mir! Warum wollen
8ie denn in die weite Welt? Können 8ie etwas
mit ihnen anfangen, so tkun 8ie's in unserer
8tadt, die ist gross und weit genug, und Wirts-
häuser giekt's in allen Dassen und an jeder Lcke,
fast so viele als Laustküren!"
Lr reckte sich in die Lode, warf den Kopf
Lurück und sagte entrüstet: „Olauken 8ie, ick
wolle die Luken in Wirtschaften kerumkükren
wie ^kken und dressierte Lunde? Die Würde,
Lrau 2ökeli, die Würde! La! Wir sind Künstler,
Künstler, sage ick! 8ie verstehen das eken nickt,
drum müssen 8ie mir glauken und mir vertrauen!
Wer das Olück will, muss schon ein Laar 8ckuke
wagen!"
„Lnd wenn 8ie Lieken, wer kürgt mir, dass
8ie wiederkommen?"
Da er ein Oesickt scknitt, das sagen sollte :
„Weikergeängst!" erkok sie sich und wies mit
der Land nach dem Lenster. ,,8ie kennen jene
Lwei Llumentöpse, aker 8ie wissen nickt, was
sie sind. Die Kat mir mein Mann selig geschenkt,
jedesmal wenn ick in den Wocken lag, und ick
kann nickt keifen: die Heiden /^Lalien sind mir
meine Luken. Lnd nun seken 8ie selker! Die
eine ist grün und gedeiht und klükt jedes ^akr,
die andere aker, es ist Lranxens, serkelt und
wäre schon lange dürr und tot, wenn ick sie
nickt hätschelte wie ein Kind. Der Knake wird
mir nickt am Leden kleiden, und ick soll ikn
in die Welt Lieken lassen? Ick hätte keine
rukige 8tunde mehr, ick Kade ikn gar so gern."
8ie rang mit den l'kränen, und Valentin
Läkerle, der von ^kerglauken selker nickt ganL
frei war, gak für einmal den Kamps auf und
Log sich in sein wimmer Lurück.
Vierxekn 'Lage später wiederholte er seine
Ökerredungskünste. Mit dem nämlichen Mifs-

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