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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 2
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Kromer, Heinrich Ernst: Vom Typischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0101

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k>rok. ^nton Lurker
LronbsrA
Winter irn l'annns.
^.ns äsr vierten
^akresLnsstellnnA
von Werken k'rLnk-
knrtsr Liinstler.


Realismus; man sckätzt ikn unter unsern Rea-
listen genau so weit, als er iknen die eignen
T^nsickten zu stützen geeignet ist. T^uf ikm
bauten dann wäkrend eines ^akrkunderts alle
Orofsen, einer auf dem andern, auf, indem sie
dabei ibre Stuken nickt verackteten, sondern sie
dankbar benützten, bis sie, auf der Höbe an-
gelangt, das Sckönste auf diesern langen Wege
erreickt batten, den l'zspus, den sie okne ^ene
nickt von keut auf morgen, nickt ein Künstler
allein, nickt eine Qeneration aus sick kätte
sckaken können.
Line allzu rnaterialistiscke Weltansckauung
Kat, wie der ganzen Qesellsckakt, so auck den
modernen Künstlern den Llick verkürzt und nur
aufs T^Uernäckste eingestellt. Oer Qlaube an
längere weiten, die eine allrnäklicke Höker-
entwicklung irn Qefolge kaben, ist gesckwunden;
rnan Kat infolgedessen weder die Kraft nock den
Orang nack Lwigem und darum leugnet man
es einlack. T^ber damit ist es nickt aus der
Welt gesckakt; und wo uns der Olaube ab-
kanden gekommen ist, kann ikn uns in neuer
und einzig wirksamer Lorrn nur die Wissensckaft
wieder geben, woklverstanden: die angewandte
Wissensckaft, nickt die blofs gewusste. blur
armselige Sckwäcklinge von Künstlern, nur ein-
seitige lalentcken, nur blaturalisten, die insofern
keute im scklimmen Sinne akademisck sind,
als sie das gerade Lrlernbare als Höckstes, als

Kunst selber auspreisen, könnten etwa durck
sie zersplittert und so gekäkrdet werden; der
freie, der tiefe Künstler Kat sie keute nötig, will
er in diesem ersckreckenden Wirrsal von IVlei-
nungen und immer neuen Scklagworten seinen
kökeren Weg nickt aus dem T^uge verlieren.
In diesem Verstand wäre uns eine Sckulung
an der Antike und an der Renaissance nur als
vorteilkak zu empfeklen, nickt etwa im Sinne
des blutlosen Kopisten, der sie nackakmt, um
mit dem Qewickt ikrer Autorität das eigene
sckwacke Werk zu recktfertigen. Ls würde sick
dann zeigen, dafs auck die Lenaissance bei der
^.ufkndung oder bleusckakung des Iz^pus ganz
wie die grieckiscke Kunst verfukr: beide bauten
auf der niedrigeren Lorm, auf dem individuellen
Lildnis, auf dem Lorträt des beliebigen IVlenscken
auf, trugen nack und nack aus der angekäukten
Lrinnerungsfülle pk^siognomiscker Kenntnisse
2ug um 2ug in das Qesicktssckema, verwisckten,
ganz wie die blatur, die weniger guten, weniger
sckönen (weil weniger tauglicken) 2üge oder
unterdrückten sie gar und fanden so sckliefslick,
unbewusst vielleickt aber pk^siognomisck ricktig
aknend, einen l^pus, der das Sinnlicke wie das
Qeistige in ricktiger Harmonie vereinigte. Oenau
beseken war dies ebensogut Intuition, wie ^ede
andere, die man in der Kunst als solcke rükmt.
Sie konnte bewusst ersckeinen, sie konnte aus
der Wissensckaft stammen, musste dies aber

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