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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 2
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Geiger, Albert: Einiges über Hans Baldung gen. Grien.
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0127

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Mittelpunkt steht Marias Krönung, in welcher
Christus in der Weichheit der Züge noch eine
leise Erinnerung an Schongauer reigt, auch
der öottvater weder Dürers noch örünewalds
Ttärke oder Wucht hat, die aber doch eine
ungemein volle erhebende Wirkung hervor-
bringt. Ueber der lieblichen Maria erscheint der
heilige Seist, die laude, in einer flimmernden
ttureole und die Heiligenscheine sind hier aufgelöst
in spielendes sicht, entsprechend dem Vorgang
Srünewalds. Christus reigt hier wie auch in der
Kreuzigung, datz Srünewalds herbe grotze, Zu-
weilen übermodellierende Charakterisierung auf
seinen Lhriftustgpus ohne Cinflutz geblieben ist.
In der Krönung ist es ein edler, etwas üderschlanker


Leitentaksl äss k'rsiburAsr IVlünstsialtars:
Mariss Vsrkünclixun§.

jüngling, der Maria die Krone reicht. Cr hat
etwas höfisches an sich. Und in der Kreuzigung
sehen wir auch edle gemessene formen, aber nicht
den ungeheuren vermenschlichten Tchmerrensaus-
druck etwa der kolmarer oder der jetzt in Karls-
ruhe befindlichen Kreuzigung Srünewalds. wahr-
haft entrückend ist die Umrahmung der die himm-
lische freudenmusik machenden Putten. Das ist
ein Setolle, Sejauchre, Sewirre der vom himm-
lischen sichtschein der laube und derTtrahlenglorie
Christi und öottvaters belichteten kleinen drolligen
Kerlchen l Man hört ihre Musik, die das Semüt
mit leuchtender Heiterkeit erfüllt. . . . von den
Teitentafeln erfreut durch köstliche Poesie und
Naivetät (wieviel mag Hans Ihoma davon gelernt
haben') die flucht nach Cggpten ganr besonders.
Diese holde Maria, das jesuskind sorglich behütend,
der biderde eifrig nach ihr umschauende Nährväter,
die schelmischen Cnglein, welche den Palmenbaum
wie rum Tchutz des wandernden Paares über die
Sruppe beugen, das emsig seinen weg trabende
Srautier, - sie sind aus dem tiefsten Quell
deutschen Semütes, deutscher Volkspoesie ent-
sprungen. wer dies vom Nbendlicht beleuchtete
ldgll einmal in sich ausgenommen hat, der wird
es nicht mehr vergessen. ... Die Seburt Christi
reigt Naldungs Kunst der Neleuchtungseffekte in
hohem Matz. Man wird hier unwillkürlich an
Correggio erinnert. Mit intensiver Kraft verbreitet
sich das ticht, das von dem in seiner Slorie fast
verschwindenden Lhristuskinde ausstrahlt. . . .
Das Ttädelsche Kunstinstitut ru franksurt a. M.
besitzt ein Dild Daldungs, das den Maler der
nackten weiblichen figur in höchster, in Deutsch-
land von keinem Zeitgenossen erreichter Vollendung
erweist. Ueber die Bedeutung und litelgedung
des Dildes herrschen verschiedene hnschauungen.
Die einen fassen es als eine Darstellung der
himmlischen und der irdischen siebe auf, andere
als Hexen-Trene oder -Darstellung. Tollte man
dem Diidchen eine völlig klare Bedeutung unbe-
dingt unterlegen wollen, so schiene mir verschiedenes
für die erstere Auffassung und gegen die letztere
ru sprechen, obwohl sie von einem so hervor-
ragenden Laldungforscher wie Sabriel de lereg
acceptiert ist. Crstens scheint mir ru dem Ttoff-
gehalt der im gleichen jahr, tZ2Z, entstandenen
Baseler lotentanrbilder: öegensatz von seben und
lod, das Motiv der himmlischen und irdischen siebe,
verkörpert durch rwei frauengestalten, näher in
Verwandtschaft ru sein als das einer hexen-
srene. Zweitens aber fehlt mir die nötige
Crundlage für eine hexensrene. Cin üppiges, auf
einem Dock sitzendes weid, offenbar die weltiust
darstellend, eine Vase in der Hand hoch empor-
haltend, in der ein kleiner leufel erkennbar ist.
Darüber auf dem Vasenrand ein Paradiesapfel.
Cin ftmor rieht in Wiederholung des ost wieder-
kehrenden Motivs ihr den letzten Cewandrest vom
seid. Teine andere Hand hält eine glühende

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