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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 4
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Bloem, Walter: Das Wupperthal und seine Dichter
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0247

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Schicksale, das die Überlebenden nach dem
Ausgleich Zwischen Lunst und Beruf greifen
liess. Ond damit Kaden sie ikr künstlerisches
Schicksal, ihr dichterisches Dos gewählt. Sie
Haden sich seldst ans der Leibe der Orofsen
gestrichen.
Lür den Wuppertkaler, den Rheinländer, der
sich liedevoll in die Literatur seiner Beimat
versenkt hat, rnuss all dies gesagt werden, uni
ihn zu der richtigen Einschätzung auch dieser
geliedten und verehrten Dichter hinzuleiten.
In der grossen Diteraturgesckickte da draussen
ist rnan ja über ihre dlarnen längst zur Tages-
ordnung üdergegangen. Ond das ist ebenso
ungerecht und bedauerlich, wie die heimatliche
Überschätzung verzeihlich und liebenswert.
Denn diese lVlänner waren doch Dichter, und
ikr Deden und Schaffen ist immerhin reich
genug; vergessen sollen und dürfen sie nicht
werden.
/die vier haben ikr Dielstes und Bestes in
ihrer D^rik gegeben, ^uck das ist natürlich und
aus den heimatlichen Verhältnissen restlos zu
erklären, /die diese Dichter waren und blieben
im Hauptberuf eben Lausleute. Die anderen
Dicbtungssormen, Dpos (Loman) und Drama, ver-
langen aber gebieterisch eine künstlerische und
philosophische Schulung, die im Nebenamt nun
einmal schlechterdings nickt erlangt werden
kann. Der Lontorsckemel ist allerdings „nickt


der schlechteste Lenner aus der ^agd nach dem
Olück", aber als Dernpserd für den Legasus,
wenigstens für die (Gangarten der Koben Schule
nun einmal nickt zu gebrauchen. So bleiben
die epischen Dichtungen der Schults und Siedel
nur Ansätze, die dramatischen Werke Friedrich
Loebers kommen in technischer Hinsicht über
den Dilettantismus nickt hinaus: nur in seiner
einzigen blovelle „lVlarionetten" und in seinen
lyrischen Einaktern erbebt er sich bis dickt an
die lVleistersckaff. ^ber in der D^rik Kaden
Schults in seinen Lamiliendicktungen und in eini-
gen der nachgelassenen ^.marMisgedickte, Siedel
in seinen leidenschaftlichen Ickliedern, Boeder
in seinen gesammelten, rukeverklärten Debens-
klängen unvergängliche lVlelodien gesunden.
Litterskaus ist am schwersten zu würdigen.
Von allen ist er mit dem geringsten lVlals von
künstlerischem Oewissen beschwert. Br ist und
bleibt überall Improvisator. Der überleicht
gefundene Leim, die schnell und gewandt ge-
prägte, klingende und klingelnde Lkrase be-
rauschen ibn, und konigsaugend wippt er von
Blüte zu Blüte. So ist die rein künstlerische
Ausbeute seines schaffensfreudigen Daseins die
allergeringste, und man muss schon sein Deden
mit kinzunekmen, dieses frische, gehobene und
erbebende, hingerissene und fortreffsende lVlannes-
und lVlensckentum, um ihm ganz gereckt zu
werden.
Ls darf eben nie vergessen werden: das
Wuppertkal, der Lausmannsberus, die Duff der
^rbeitsstadt Kaden auch diesen Kellen Deist in
ihren Dann geschlagen. Br Kat sich nickt zu
befreien gewusst, vielleicht nie befreien wollen:
und so scklofs er den Lompromifs, indem er,
vielleicht bewulst, um nickt zu Orunde zu
geben wie seine Lrsunde Schults und Liebel,
vielleicht ganz ahnungslos, weil sein Lünstler-
bewulstsein und Lünstlergewissen sich im
heimatlichen Milieu nickt ausreichend ent-
wickeln konnte, sein Debenssckifflein um ein
Brklecklickes an Lünstlertum erleichterte. Dl-
warf sich der Welt, dem raschen Oetriebe der
2eit in die ^rme, weihte sein bebendes Died
jeder Wendung des Dagesgesckicks, stellte es
in den Dienst aller möglichen Bestrebungen
und Strömungen des öffentlichen Dedens, wie
sie eben an der Oberlläcbe trieben, und ver-
säumte darüber die höchste Lünstlerpüickt: sein
eigenes Ick in stiller und harter Lcköpferarbeit
zu einer Welt zu erweitern.
Viel tiefer erfalste Boeder seinen Lünstler-
beruf. Im geraden Oegensatze zu seinem jüngeren
Lreunde Kok er die Welt, den lVlarKt des Dedens,
zog sich zurück, ja verkroch sich scheu in die
ffdeien.seines Herzens, klnd so erreichte der
D^riker in ibm die dunklen Oründe, wo in
unterirdischen Leen die seltsamen Wasserrosen
leuchten, ^ber welch ein hämischer Dämon
durfte den Llberfelder Bankier irreleiten, dass

Onrckbiick in cisn Scklosskok r:n 8nr§.
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