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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 8.1915

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Nr. 5 (Sept. u. Oktober)
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Keune, Johann Baptist: Kalhausen (Lothringen), Weihinschrift der Coloni Aperienses
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https://doi.org/10.11588/diglit.25478#0086

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Der mehrfach beschädigte Stein, mit ausladendem Sockel und Sims,
hat eine Gesamthôhe von 1.07 m und eine mittlere Breite von 0.39 m, eine
mittlere Tiefe von 0.22 m. — Die erste Zeile steht auf dem Sims; der
erste Punkt dieser Zeile ist infolge nachtrâglicher Verletzung des Steines
jetzt zerstôrt.

Die Endbuchstaben von Z. 2 und 3 sind zerstôrt, die zwei mittleren
Buchstaben in Z. 1 und das letzte O in Z. 4 sind verstümmelt, auch die End-
buchstaben von Z. 6 und 7 sind etwas bestoßen.

Die Einleitungsformel verweist die Inschrift in die Zeit nach 150 n. Chr.
— Durch die Beifügung von dea wird die Gôttin als heimische Gottheit
gekennzeichnet * 2), der hier der Name der wesensverwandten rômischen Him-
melskönigin Iuno (diese Ergânzung scheint sicher) gegeben ist 3). — Mit den
coloni Aperienses sind zu vergleichen die coloni Crutisiones der in der Nâhe
von Pachten a. d. Saar (bei Dillingen) gefundenen Weihinschrift des Deus
Mercurius im Trierer Museum (CIL XIII 4228). Diese coloni sind jedoch
nicht, wie Hettner, Steindenkmâler, zu nr. 66 (S. 45) anzunehmen geneigt
war, ,,eine angesiedelte Vôlkerschaft, wie solche namentlich aus Germanien
seit M. Aurel vielfach nach Gallien übergeführt wurden“, sondern die Be-
wohner eines Ackergutes, welches vereinzelt im Flurbezirk (pagus) lag. Denn
die Bedeutung des Wortes colonia ergibt sich insbesondere aus der Tabula
alimentaria Veleias, CIL XI 1147, einer Urkunde, welche eine Anzahl solcher
mit lateinischen oder heimischen Namen benannten, aber auch namenlosen
Coloniae als in die Verpfândung einbegriffen aufführt und entweder mit einem
fundus als zugehôrig verbindet oder, als einem fundus gleichwertig, selbst-
stândig verzeichnet. Vgl. auch Kornemann in der Neubearbeitung von
Paulys Realencyclopädie der klass. Altertumswissenschaft IV S. 512. Ob der
Name der Bewohner unseres Bauernhofes, Aperienses, einheimisch ist, wie dies
von den Crutisiones wohl nicht bezweifelt werden kann, oder ob eine lateinische,
von Aper abgeleitete Benennung vorliegt, will ich dahingestellt sein lassen.

Eingehender ist, unter Beigabe einer Abbildung, die wichtige Inschrift
von mir besprochen im Jahrbuch der Gesellschaft für lothringische Geschichte
und Altertumskunde Jahrg. 1914, Bd. XXVI, auf welchen ich verweise. Dank
der Vermittlung des Herrn Bezirksprâsidenten von Lothringen und Vorsitzen-
den der genannten Gesellschaft befindet sich der Stein seit Ende Dezember
1914 im Museum zu Metz. Ich hatte ihn bereits am 31. Oktober 1914 am
Fündort besichtigt und abgeschrieben.

Metz. J. B. Keune.

buch d. Gesellsch. f. lothr. Gesch. 1899, XI S. 374 f. und das Sammelwerk 'Lothringen
und seine Hauptstadt’ 1913, S. 45. 49 mit Literatur S. 40 Anmerkung).

2) Augenfalliger wird diese Kennzeichnung durch Beifügung von domesticus zu
römischen Götternamen, wie Fortuna (CIL XIII 5934), Iuppiter (CIL XIII 8718), Mercu-
rius (CIL XIII 7276. 7757), Silvanus (CIL III häufig. XII 5381).

3) Auch Iuno muß demnach von Holder Altcelt. Sprachschatz als in Gallien ver-
ehrte Gottheit aufgeführt werden, ebenso wie z. B. Diana, Fortuna, Mars, Silvanus, Venus.
Der heimische Charakter der iunones — Matronae (Holder II S. 89 ff.) ist wohl sicher.
Übrigens findet sich im Verein mit Iuppiter zwar Iuno ôfter in unseren Gegenden (sel-
tener in der kapitolinischen Dreiheit Iuppiter, Iuno, Minerva), aber, soweit ich sehe,
niçht allein, wie in unserer Inschrift. — Ein Einzelbild der Iuno, seit 1770 zu Mannheim,
jetzt im Großh. Antiquarium (abgeb. Espérandieu, Recueil V 4496) stammt aus Neu-Saar-
werden (mit Bockenheirn im j. 1794 zur Stadt Saarunion vereinigt), in dem der Fundstelle
unsererlnschrift benachbarten 'Krummen Elsaß’, im einstmaligen Gebiet der Volksgemeinde
der Mediomatriker. Die über diesem Steinbild angebrachte Weihinschrift, von welcher
nur der Schluß erhalten ist, CIL XIII 4529, kônnte den Iuppiter und nur diesen genannt
haben, wie die mit einem zugehôrigen Steinbild der Iuno gegenüber Trier gefundene
Inschrift im Museum zu Trier, Hettner, Steindenkmâler nr. 42. CIL XIII 3648.
 
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